
Vier Löcher sind Quatsch, eines hält besser. Und ohne Astschere braucht man gar nicht erst loszugehen. Das sind Weisheiten aus dem Leben eines Wegewarts. Werner Morr hat sich 16 Jahre lang darum bemüht, dass sich rund um Unna niemand verläuft. Jetzt muss Unna einen seiner fleißigsten Wanderer gehen lassen in Richtung Alpen.
Werner Morr (71): Immer in Bewegung
14 Tage Urlaub im Harz, das sind für Werner Morr mal eben 411 Kilometer. „Rumsitzen ist nicht mein Ding“, sagt der drahtige 71-Jährige. „Ich muss in Bewegung sein.“ Der passionierte Wanderer ist eben gern zu Fuß unterwegs, und in Unna kennt er jeden Pfad. Es ist kein Wunder, denn Morr ist in Unna seit 2006 derjenige gewesen, der diese Wege markiert hat.
Wer ab und zu oder regelmäßig wandert – oder nur mit offenen Augen draußen unterwegs ist, kennt die schwarz-weißen Zeichen an Bäumen, Schilderpfosten oder anderen unbeweglichen Apparaten in der Landschaft. Puristen nutzen beim Wandern eine Karte, modernere Menschen Navi oder Smartphone. Für alle Fälle, auch Situationen mit leerem Akku aber gilt: Wer an eine Wegkreuzung kommt in einer Region mit gutem Wegewart, der kann sich auf die Zeichen verlassen. Der Sauerländische Gebirgsverein ist in dieser Region für die Wanderwege und ihre Markierung zuständig.

Morr überprüfte als offiziell ernannter Wegewart das 150 Kilometer lange Wegenetz und brachte es „auf Vordermann“. Er machte Verbesserungsvorschläge und wies Behörden auf Missstände oder Vandalismusschäden hin. Werden Wege oder ihre Markierungen zerstört, dann ist das besonders ärgerlich für den, der sich um sie kümmert. „Durch Stürme haben wir einige Bäume verloren“, sagt Werner Morr. Auch wenn ein Landwirt aus Versehen einen Pfahl umfährt oder irgendjemand mutwillig etwas beschädigt, gehen mitunter Wegezeichen verloren. „Da verliert man dann schon mal die Lust“, sagt der Ehrenamtler. Überwiegend aber machte ihm sein Amt Freude. „Man macht etwas draußen, und es ist etwas Sinnvolles“, sagt er.
Es steckt viel Arbeit in dieser Aufgabe. Morr weiß nicht, wie viele Zeichen er in den vergangenen 16 Jahren rund um Unna angebracht hat. „An einem Tag können es schon mal 50 Stück sein“, sagt er. Im Sommer war er auch mit dem Fahrrad unterwegs, um die kilometerlangen Strecken abzuklappern. Wobei Winter eigentlich die bessere Zeit sei. „Da ist es noch nicht zugewachsen.“ Hat die Vegetation erst einmal wieder Kraft, dann hilft nur die Astschere, um Wegezeichen wiederzufinden.
In Morrs Werkzeugkasten stecken neben einem Satz Aluschilder beziehungsweise Aufkleber unter anderem auch eine Drahtbürste, ein Hammer und Nägel. Anfangs wurden die Zeichen aufgemalt – sehr aufwendig. Dann seien Schilder geklebt worden. „Das ist nichts“, sagt der erfahrene Beschilderer. „Man saut sich ein und es hält auch nicht ewig.“ Als man dann zum Annageln überging, habe er anfangs noch vier Nägel verwendet – und dazugelernt. „Das darf man nicht machen. Der Baum wächst, und die Köpfe der Nägel brechen ab.“ Sein Rezept: Ein Loch, ein Nagel, ein bisschen Luft lassen. Es soll ja möglichst lange halten.

Wanderführer für Kleine und Große
Werner Morr gehört dem SGV-Heimatverein Unna seit 1980 an. Schon vor 30 Jahren leitete er mit anderen die Kinder- und Jugendgruppe, die sich später auflöste. Als Wanderführer bot er ungezählte spannende Wanderungen an, ob in der Hellweg-Lippe-Region und im Kreis Unna, im Sauer- und Bergischen Land oder Ruhrgebiet. Auch in Ostwestfalen, um Paderborn, im Münsterland oder in den Niederlanden brachte er Wanderer ans Ziel. Immer ging es ihm darum, Landschaften, Heimatkunde und industrielle Besonderheiten kennenzulernen. 2009 erhielt er für seine Verdienste die Silberne Ehrennadel des SGV.
SGV EHRT MITGLIEDER
Der SGV-Heimatverein Unna hat bei seiner Jahreshauptversammlung einige Vereinsmitglieder für ihre teils langjährige Treue geehrt. Dies sind die Jubilare.
- 10 Jahre: Elfriede Kischkel, Rita Stolte, Sigrid Stoltefuß, Walter Stoltefuß, Jutta Boecker, Kurt Kublik, Anneliese Lüttgen, Karin Schmidt-Tischmann, Werner Tinnemann, Marlies Treibel
- 25 Jahre: Helga Lischer, Renate Barner, Christa Hilbig, Dieter Kranefeld, Hildegard Kranefeld, Christel Schmale, Dr. Heinrich Stolte, Hedwig Wolter
- 40 Jahre: Doris Witt
- 60 Jahre: Christa Gütschow, Renate Lambardt
- 70 Jahre: Manfred Rödermund
- 75 Jahre: Turnverein Unna
Morrs große Leidenschaft allerdings ist das Hochgebirge, wie er nun verriet. So wird der 71-Jährige im August die Dolomiten durchqueren. Und so fiel ihm der Entschluss nicht allzu schwer, der ihn nun Unna verlassen lässt. Sein Schwiegersohn verändert sich beruflich Richtung Bayern, und Werner Morr zieht gemeinsam mit der Familie um – näher heran ans Hochgebirge.
Um die Wege rund um Unna müssen sich jetzt andere kümmern: William Sell und Agathe Raab sind die neuen Wegewarte und künftig mit dem kleinen Wegezeichen-Werkzeugkasten unterwegs. Auch die Astschere hat Werner Morr schon abgegeben.
SGV-Heimatverein hat Zuwachs in Unna
Der SGV-Heimatverein freut sich indes über Zuwachs. In Pandemiezeiten haben 25 Neumitglieder den Weg zum Verein gefunden. Das gab der Vorstand um Martin Stoltefuß jetzt im Rahmen der Jahreshauptversammlung, bekannt. Den Zuspruch wertet man beim SGV als „Ausdruck der guten Arbeit der vielen Ehrenamtlichen und des Interesses am Wandern und der Natur“.

Zu den Ehrenamtlichen gehört der scheidende Wegewart Werner Morr. William Sell und Agathe Raab übernehmen nun seine Aufgaben. Weitere Vorstandsmitglieder wurden in ihren Ämtern bestätigt: Hermine Masjoshusmann und Jürgen Treibel (stellvertretende Vorsitzende), Thora Henning (Schriftführerin), Brigitte Sprenger (Naturschutzwartin) und Klaus Thorwarth (Kulturwart). Hermine Masjoshusmann hat auch den Posten der Wanderwartin.
Mehr Informationen über den SGV, auch über die Wanderwege gibt es auf der Internetseite www.sgv-unna.de