Sozialstaat Wie der Unnaer Mikail Turan (20) Armut in Deutschland bekämpfen will

Der Unnaer Mikail Turan mit seinem Buch „Ist der Sozialstaat noch zu retten?“
Soziale Gerechtigkeit ist seine Leidenschaft: Der Unnaer Mikail Turan (20) hat ein umfassendes Buch geschrieben. Er will nichts geringeres als den deutschen Sozialstaat umkrempeln. © Raulf
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Ist der Sozialstaat noch zu retten?“ So heißt ein neues Buch eines jungen Autors aus Unna. Der 20-jährige Mikail Turan hat sich nichts geringeres vorgenommen als den Kampf gegen Armut und Ungerechtigkeit in der deutschen Gesellschaft.

Ungerechtigkeit fängt in der Schule an

Schon als Schüler hatte der Mühlhausener immer das Thema Gleichberechtigung im Kopf. Nach wie vor gingen Kinder unterschiedlicher Herkunft auf unterschiedliche Schulen, so Turan. Kinder aus Nicht-Akademiker-Familien besuchten tendenziell nicht das Gymnasium. Es gebe also wenig Chancengleichheit. Er selbst schaffte sein Abitur am EBG, um nach der Schule dann genau hinzusehen, was Armut bedeutet. Turan arbeitete im Rahmen des Bundesfreiwilligendienstes (Bufdi) bei der Tafel in Dortmund. Es war die Zeit der strengen Corona-Auflagen mit all ihren Folgen, die Ungleichheit schonungslos offenbarten. „Da gab es Menschen, die sich keine Masken leisten konnten“, erinnert sich Turan.

Hier lernt man, was Armut bedeutet: Nach der Schule entschied sich Mikail Turan für den Bundesfreiwilligendienst bei der Tafel. © Raulf

Inzwischen studiert der 20-Jährige in Düsseldorf: einen Studiengang, der Politik, Philosophie und Wirtschaft verbindet. Und nun hat er ein Projekt abgeschlossen, das er als Bufdi begonnen hatte. Fast 400 Seiten umfasst Turans Buch über seine Kritik am Sozialstaat und seine Ideen für ein besseres Deutschland.

Ein kritisches SPD-Mitglied

Mikail Turan ist Mitglied der SPD und zählt zu den Parteimitgliedern, die mit früheren Köpfen der Sozialdemokratie hart ins Gericht gehen. Seine Kritik am Sozialstaat beginne mit der Agenda 2010, so Turan, also mit dem Programm des früheren Kanzlers Gerhard Schröder. Diese Reform mit ihren Hartz-4-Gesetzen habe dazu geführt, dass Arbeit entwertet und der Niedriglohnsektor gestärkt wurde und dass mehr Menschen in Armut leben. „So etwas kann sich eine sozialdemokratische Partei nicht leisten“, sagt Turan.

„Wenn Menschen in Hartz-4 geboren werden, bleiben sie in Hartz-4, und sie können nichts dafür. Das ist ungerecht“, sagt Turan. Knapp vier Millionen Kinder in Deutschland seien arm oder von Armut bedroht. Es sei nicht richtig, dass es Menschen gibt, die arbeiten aber davon nicht leben können. Und neben dieser Erwerbsarmut existierten Dax-Konzerne mit steigenden Vorstandsgehältern.

Ideen für Umverteilung

Mikail Turan spricht sich unter anderem dafür aus, das Kindergeld zu staffeln: Wer weniger Geld hat, würde mehr bekommen als bisher. Reiche indes würden weniger bekommen, weil sie diese staatliche Leistung nicht brauchen. „Das würde nichts kosten aber Armut bekämpfen“, sagt Turan. Eine Vermögenssteuer, die „im Rahmen bleibt“ würde ein Stück Umverteilung bewirken. Turan wirbt für Akzeptanz: Es sei auch im Sinne wohlhabender Menschen, wenn Armut bekämpft wird, denn Armut gefährde die Demokratie. Ein weiterer Vorschlag Turans ist der Ausbau des ÖPNV bei gleichzeitiger Abschaffung des Ticketsystems. Bus und Bahn sollten kostenlos nutzbar sein und über eine „Verkehrssteuer“ finanziert werden.

Der 20-Jährige erklärt, er wolle in der SPD für seine Ideen werben, und er wolle dies in naher Zukunft auf Bundesebene tun. Der Untertitel seines Buchs darf als Hinweis verstanden werden: „Meine Agenda 2025“. In jenem Jahr ist die nächste Bundestagswahl, und Turan könne sich durchaus vorstellen zu kandidieren, bei der nächsten oder der übernächsten Wahl, sagt er. Er wolle niemand werden, der politische Deals eingeht, sondern ehrlich bleiben. „Ich möchte da mit Prinzipien rangehen.“

Mikail Turan: „Ist der Sozialstaat noch zu retten? Meine Agenda 2025“ ist erhältlich im Online-Buchhandel sowie in Unna bei den Buchhandlungen Hornung und Hugendubel. Das Buch kostet 15 Euro.

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