
Anja Welsch ist 55 Jahre alt, Ehefrau, Mutter von zwei Kindern und arbeitet seit 1997 als Altenpflegehelferin im Lebenszentrum Königsborn. Sie liebe ihre Arbeit, auch wenn diese manchmal fordernd sei, erklärt sie. Doch was bei der Arbeit schon anstrengend sei, hätte sie im Bezug auf ihre Eltern fast überfordert. Ihr Fels in der Brandung war die Unterstützung ihres Arbeitgebers, insbesondere in Form von Pflege-Guide Roger Trost.
„Meine Mutter brauchte schon länger Hilfe und hatte Pflegestufe 2“, so Welsch. Doch in den Jahren 2020 und 2021 sei es ganz akut geworden. „Auf das was da auf mich zukam, war ich wirklich nicht vorbereitet“, so Welsch. Zahlreiche Dinge mussten erledigt werden, auch der Vater war da vollkommen überfordert. „Das begann schon mit der Beantragung einer neuen Pflegestufe beim Medizinischen Dienst der Krankenkassen“, so Welsch.
Ein täglicher Kampf
Sie und ihr Vater hätten tagtäglich zu kämpfen gehabt. Doch im Rahmen des Begutachtungstermins habe die Mutter immer nur betont, was sie doch noch alles könne. Entsprechend erfolgte auch keine Einstufung in eine höhere Pflegestufe. „Da kann man wirklich verzweifeln“, sagt Welsch. Nach einem Gespräch mit vielen Tipps von Trost, habe sie dann einen Wiederspruch eingelegt und die höhere Pflegestufe erwirken können.
„Auch wenn ich vom Beruf her näher an der Materie war, hat mich die Vielzahl der verschiedenen Herausforderungen mürbe gemacht“, so Welsch. Die ganze Verwaltung drum herum, die Kenntnisse was man wo beantragen muss, der Umgang mit langen Wartezeiten und Widersprüchen, die Doppelbelastung Zuhause und bei der Arbeit, sowie die emotionale Herausforderung seien sehr heftig gewesen. Da tat es gut, einen Ansprechpartner zu haben und sich auch einmal freistellen lassen zu können.
Ein Unfall verschlimmerte die angespannte Lage noch
Gemeinsam mit dem häuslichen Pflegedienst, der hauswirtschaftlichen Hilfe und der Agilität des Vaters, der zu dem Zeitpunkt auch noch fit war und Auto fuhr, hatte sich nach einiger Zeit alles halbwegs eingespielt. Dann folgte jedoch ein weiter herber Rückschlag: Ihr Vater stürzte und schlug so unglücklich mit dem Kopf auf, dass er eine starke Hirnblutung erlitt. Als er aus dem Koma erwachte, war bei dem vormals agilen Mann das Sprachzentrum gestört. „Diese Zeit war wirklich die Hölle“, so Welsch.
Die Sorge um den Vater und die Mutter, für die sie damals auch die palliative Betreuung gewährleisten musste, zehrte an ihren Nerven. „Für die Eltern bleibt man ja auch immer das Kind“, so Welsch. Wenn die Eltern dann aufgrund der eigenen Gebrechen chronisch unzufrieden sind, kann das allen Beteiligten zu schaffen machen. Nach dem Tod der Mutter gingen die Probleme auch weiter und nahmen zeitweise zu: „Man kam kaum zum Trauern, denn es gab immer neue Herausforderungen“, so Welsch.
Emotionale Herausforderung
So war es auch unmöglich, den Vater wieder nach Hause zu lassen, berichtet die Altenpflegehelferin. Schließlich mussten sie einen schönen Ort für den Vater finden und zusammen mit ihrem Ehemann und ihrem Bruder das elterliche Zuhause auflösen. „Nach dem Krankenhaus und der Reha haben wir ein schönes Zuhause in einem betreuten Wohnen gefunden“, so Welsch. Die Auflösung der elterlichen Wohnung habe noch einmal viel Arbeit mit sich gebracht und auch eine emotionale Herausforderung dargestellt.
Der Mann brachte seine Kenntnisse als Sozialarbeiter ein, der Bruder die eines Finanzexperten. „Ohne unseren Zusammenhalt hätten wir das nie geschafft“, ist sich Welsch sicher. Der Vater war in seinem neuen Zuhause auch nicht wirklich glücklich und verkündete das stets. „Da sieht man auch die eigene Unzufriedenheit mit der Situation“, erklärt Welsch. Doch während da bei den Pflegebedürftigen bei der Arbeit oft die professionelle Distanz helfe, gelinge das bei den eigenen Eltern nicht immer.

„Auch da tat es gut, immer einen kompetenten Ansprechpartner bei der Arbeit zu haben“, so Welsch. Für sie kam es bald jedoch noch schlimmer: „Da stürzte mein Vater ein weiteres Mal mit einigen Folgen, sodass er nun in ein Pflegeheim einziehen musste.“ Damit sei der geistig nach wie vor fitte Mann, der nun verschiedene, auch sprachliche Einschränkungen hatte, totunglücklich.
„Das verstehe ich ja total, doch auch für mich kamen damit neue Herausforderungen“, so die Tochter. Obwohl der Vater über eine gute Rente verfüge, genüge das Geld für das Heim und die Pflege nicht. „Da kamen dann schon mal Mahnungen über mehrere tausend Euro, zahlbar innerhalb von zehn Tagen“, so Welsch. Das verunsichere extrem, doch auch da half die Beratung durch ihren Arbeitgeber, sowie durch eine Freundin, die bei einer Krankenkasse arbeite.
Die Charta als Thema für alle Arbeitgeber
„Ich mag mir gar nicht vorstellen wie überfordert Menschen sind, die keinerlei Vorerfahrungen zu diesem Thema haben, oder denen die Hilfe durch den Arbeitgeber wie bei mir fehlt“, so Welsch. Darum rät auch Roger Trost allen Arbeitgebern, sich bei der Charta Pflege und Beruf einzubringen. „Für die Ausbildung zum Pflegeguide gibt es keine festen Voraussetzungen, man erfährt viel und kann schon durch die gute Vernetzung extrem weiterhelfen“, so Trost. An dem Thema käme kaum jemand vorbei und wer Fachkräfte habe, könne sie so unterstützen und halten.