
Am Dienstagabend (Ortszeit) erlebten die Zuschauerinnen und Zuschauer beim TV-Duell zwischen den US-Präsidentschaftskandidaten Donald Trump (Republikaner) und Kamala Harris (Demokraten) mit Linsey Davis und David Muir zwei ABC-Hosts, die bei den Aussagen der beiden Politiker auch mal nachhakten und korrigierten. Der CNN-Analyst Daniel Dale kam bei Trump dennoch auf „mindestens 33 Lügen“ – und auf eine bei der Demokratin Harris. Hier sind Hintergründe zu einigen der spektakulärsten Aussagen:
Flüchtlinge aus Haiti klauen und essen Haustiere – darum geht es
Besonders viel Aufsehen hat ein rassistischer Vorwurf von Donald Trump ausgelöst. „In Springfield, da essen sie die Hunde, da essen sie die Katzen, da essen sie die Haustiere“, sagte er und bezog sich damit auf einen seit einigen Tagen kursierenden Vorwurf im Netz. Auf Facebook hatte jemand gepostet, dass dem Freund der Tochter eines Nachbarn die Katze entlaufen sei und er sie später an einem Ast vor dem Haus von haitischen Nachbarn baumelnd aufgefunden habe – aufgeschlitzt, um sie zu essen. Den Vorwurf hatten bereits die Republikanische Partei, Senator Ted Cruz und Vizepräsidentschaftskandidat J.D. Vance geteilt.
Das stimmt
Es gab kürzlich in Ohio einen Fall, bei dem eine Frau von der Polizei festgenommen wurde, weil sie ihre Katze totgetrampelt und vor mehreren Menschen gegessen hatte. Ihre Nationalität ist nicht bekannt.
Das stimmt nicht
Mehrere US-Medien haben sich bei der Polizei in Springfield erkundigt. Dort sind keinerlei Berichte zu Diebstählen durch Migrantengruppen eingegangen. Trumps Vize J.D. Vance behauptet, dass das auch bedeuten könnte, dass die Behörden etwas vertuschen wollen.
So haben wir recherchiert
Mehrere US-Medien, darunter etwa die „Springfield News-Sun“, haben bei den Behörden in Springfield im US-Bundesstaat Ohio nachgefragt. Zudem hat die Stadt Springfield dazu eine Sonderseite eingerichtet.
Zur Inflation: Darum geht es
In Umfragen sagen Wählerinnen und Wähler immer wieder, dass „die Wirtschaft“ für sie das entscheidende Thema sei. Kein Wunder also, dass es häufig engagierte Debatten darüber gibt, wer eine hohe Inflation besser eindämmen könne. Im TV-Duell sagte Trump: „Wir haben eine Inflation so hoch, wie sie sehr wenige Menschen je zuvor gesehen haben. Vielleicht die Schlimmste in der Geschichte des Landes.“ Unter ihm habe es dagegen „keine Inflation, quasi keine Inflation“ gegeben.
Das stimmt
Tatsächlich war die Preissteigerung in Joe Bidens Präsidentschaft mit kumulierten 19 Prozent bisher hoch und es gibt geldpolitische Diskussionen darüber, ob umfangreiche Pandemiehilfen in Höhe von Hunderten Milliarden Dollar sie ausgelöst haben. Am Ende von Trumps Amtszeit lag die Inflationsrate mit 1,4 Prozent vergleichsweise niedrig.
Das stimmt nicht
Die Inflation war zu Trumps Amtszeit niedriger als heute, aber sie existierte: Etwa kumulierte 8 Prozent für seine Präsidentschaft (gegenüber 19 Prozent unter Präsident Biden bisher) und 1,4 Prozent im Jahresvergleich im letzten Monat seiner Amtszeit gegenüber den aktuellen 2,9 Prozent (Stand: Juli 2024).
Seit Gründung der Vereinigten Staaten im Jahr 1776 wurde die höchste jährliche Inflationsrate im Jahr 1778 mit 29,78 Prozent verzeichnet. Im Zeitraum seit der Einführung des Verbraucherpreisindexes lag die höchste Inflationsrate im Jahr 1917 bei 20,49 Prozent. Es gab also unter Biden keine neuen Rekorde.
So haben wir recherchiert
Die Daten stammen von der US-Behörde für Arbeitsmarktstatistiken und der Deutschen Presse-Agentur (dpa).
Abtreibung: Darum geht es
Vor zwei Jahren hat der Oberste Gerichtshof der USA das nach dem Prozess „Roe v Wade“ benannte landesweite Recht auf Abtreibung abgeschafft. Seitdem können die Bundesstaaten individuell über ihre Gesetze zu Schwangerschaftsabbrüchen entscheiden und viele haben harsche Regeln bis hin zu faktischen Verboten durchgesetzt. Laut Abtreibungsbefürwortern hat jede dritte Frau im gebärfähigen Alter keine Möglichkeit mehr, eine Schwangerschaft auf eigenen Wunsch zu beenden.
Trump behauptete am Dienstag, dass sich „jeder Rechtsgelehrte, jeder Demokrat, jeder Republikaner und jeder Unabhängige“ für die Rückführung der Entscheidung an die Bundesstaaten ausgesprochen habe, und sagte außerdem, dass Demokraten unerwünschte Babys nach der Geburt töten wollen.
Das stimmt
Manche Rechtsgelehrte, darunter auch die verstorbene liberale Richterin Ruth Bader Ginsburg, hatten das 1973 gefällte Urteil kritisiert, weil es ihrer Meinung nach zu sehr auf die Rolle von Ärzten und zu wenig auf die Rechte der Schwangeren einging.
Das stimmt nicht
Demokraten wollen unerwünschte Babys nicht nach der Geburt töten. Tatsächlich fordert das kein Demokrat – und Kindsmord ist überall in den USA verboten, wie auch Moderatorin Linsey Davis sofort klarstellte. 2021 wurde weniger als ein Prozent der Abtreibungen nach der 21. Schwangerschaftswoche durchgeführt. Mehr als 90 Prozent aller Abbrüche fielen in die ersten 13 Wochen nach der letzten Periode der Frau.
Anders als von Trump am Dienstag behauptet, hatte sich auch nicht „jeder Rechtsgelehrte, jeder Demokrat, jeder Republikaner und jeder Unabhängige“ für die Rückführung der Entscheidung an die Bundesstaaten ausgesprochen – drei der neun Obersten Richter hatten dem 2022 gefällten Urteil in einer Minderheitenmeinung offen widersprochen. Seitdem haben sich die Wähler in Volksentscheiden in vielen Bundesstaaten für mehr Recht auf Abtreibungen ausgesprochen.
So haben wir recherchiert
Die Zahlen gehen aus Daten der Gesundheitsbehörde CDC und weiteren Statistiken hervor. Regelmäßig erhebt das renommierte Meinungsforschungsinstitut Pew Research Umfragen zum Thema Abtreibung, so auch im Juli 2022. 2024 erhob CNN weitere Daten. Ginsburg hatte 2013 ihre Meinung bei einer Veranstaltung der Universität Chicago zum 40. Jahrestag des Urteils dargelegt.
Die Lage an der US-Südgrenze: Darum geht es
Viele Einwanderer und Einwanderinnen kommen ohne gültige Papiere und mit schlechten Chancen auf Asyl und Bleiberecht in die USA. Sie hoffen aber darauf, bis zu einer Entscheidung in den oft jahrelang dauernden Verfahren im Land bleiben zu können. Trump behauptete, dass „monatlich 21 Millionen Menschen“ illegal ins Land kämen und andere Länder ihre „Gefängnisse und Irrenhäuser leerten“, um Migranten an der Grenze in die USA einzuschleusen. Harris sagte, dass 2024 deutlich weniger Menschen an der US-Südwestgrenze ohne Einreiseerlaubnis erfasst wurden als im Vorjahr.
Das stimmt
Es ist korrekt, dass 2024 deutlich weniger Menschen an der US-Südwestgrenze ohne Einreiseerlaubnis erfasst wurden als 2023. Im April 2024 waren es knapp 129.000 und damit etwa 30 Prozent weniger als ein Jahr zuvor. Anfang Juni 2024 hat Joe Biden zudem eine Exekutiv-Order erlassen, die es Grenzbeamten ermöglicht, bei durchschnittlich 2500 illegalen Grenzübertritten täglich die Migranten wegzuschicken. Am 26. Juni erklärte Heimatschutzminister Alejandro Mayorkas, dass seitdem die Beamten 40 Prozent weniger Fälle festgehalten hätten.
Das stimmt nicht
Trumps Behauptung, dass „monatlich 21 Millionen Menschen“ illegal ins Land kämen, ist völlig überzogen. In den dreieinhalb Jahren von Bidens Amtszeit hat es durchschnittlich etwas mehr als zwei Millionen Grenzübertritte aus Mexiko pro Jahr gegeben – insgesamt 9,8 Millionen seit Januar 2021. Davon wurden die Menschen in rund 1,3 Millionen Fällen jährlich sofort wieder zurückgeschickt oder ausgewiesen. Diese Zahlen umfassen Einwanderungsversuche und nicht Personen – eine Person kann mehrfach an der Grenze aufgegriffen und statistisch erfasst werden. Auch Trumps Behauptung, andere Länder „leerten“ ihre „Gefängnisse und Irrenhäuser“, um Migranten an der Grenze in die USA einzuschleusen, lässt sich nicht belegen.
So haben wir recherchiert
Der US-Grenzschutz veröffentlicht monatlich Zahlen und bereitet eine Statistik als Dashboard auf. Die „Washington Post“ hat die Daten bis Anfang 2024 aufbereitet. Unter anderem das immigrationsfreundliche Center for Immigration Studies erhebt Schätzungen zu Immigranten in den USA.