Russischer Atom-General bei E-Roller-Explosion getötet Russland bestätigt Festnahme nach Mord

Einen Tag nach dem Attentat auf den General präsentiert der russische Geheimdienst eine fast vollständige Aufklärung. (Archivbild)
Einen Tag nach dem Attentat auf den General präsentiert der russische Geheimdienst eine fast vollständige Aufklärung. (Archivbild) © -/AP/dpa
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Update 18.12., 10.37 Uhr: Nach dem tödlichen Bombenanschlag auf den russischen General Igor Kirillow hat der russische Inlandsgeheimdienst FSB nach eigenen Angaben einen Tatverdächtigen festgenommen. Der Mann aus Usbekistan habe gestanden, dass er vom ukrainischen Geheimdienst SBU angeworben worden sei und von ihm den Sprengsatz erhalten habe. Das teilte der FSB in Moskau mit. Unabhängig überprüfen lassen sich diese Angaben nicht.

Medien in der russischen Hauptstadt berichteten, dass zwei Verdächtige festgenommen worden seien. Durch Überwachungskameras am Tatort hätten die Behörden deren Autos identifizieren können, meldeten die Zeitungen „Kommersant“ und „Iswestija“ und das Portal „RBK“.

Kirillow, Chef der russischen Truppen zum Schutz vor atomaren, biologischen und chemischen Waffen, war am Dienstagmorgen vor seinem Wohnhaus in Moskau von einem Sprengsatz getötet worden. Auch sein Adjutant kam ums Leben. Russische Ermittler sprachen von Terror und gingen sofort von einer Tat ukrainischer Geheimdienste aus. In Kiew ließ der SBU inoffiziell durchblicken, dass der Anschlag auf sein Konto gehe.

Angeblich 100.000 US-Dollar Belohnung

Den Angaben des russischen Geheimdienstes zufolge soll der mutmaßliche Attentäter eine kleine WLAN-Kamera in einem Auto platziert haben, das an Kirillows Haus geparkt war. So hätten ukrainische Offiziere aus der Ferne die Bewegungen des Generals überwachen können. Sie seien es auch gewesen, die die in einem Elektroroller versteckte Bombe ferngezündet hätten. Dem Attentäter seien für die Tat 100.000 US-Dollar und eine Ausreise in die EU versprochen worden.

Die Ukraine hat mutmaßlich schon mehrfach Anschläge auf Propagandisten des russischen Angriffskrieges verüben lassen. Die Tötung eines Generals mitten in Moskau, die zwangsläufig Spuren hinterlässt, ist allerdings ungewöhnlich. Sie zeigt, dass die ukrainischen Dienste sich ihrer Sache sicher fühlten. Die russischen Geheimdienste stehen damit unter erheblichem Druck, die Tat schnell aufzuklären und die Scharte auszuwetzen.

Russischer General getötet: Ukraine reklamiert Anschlag

Erstmeldung 17.12.: In Moskau ist der prominente General Igor Kirillow bei einem Bombenanschlag vor seinem Wohnhaus ums Leben gekommen. Ermittler stuften die Explosion, bei der auch Kirillows Adjutant starb, als Terroranschlag ein. Die Detonation sei durch einen Sprengsatz verursacht worden, der in einem Elektroroller in der Nähe eines Wohnhauses im Südosten der russischen Hauptstadt versteckt gewesen sei. Das sagte die Sprecherin des nationalen Ermittlungskomitees, Swetlana Petrenko. Der 54-Jährige gehörte zu den bekanntesten Gesichtern des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine.

Ukraine reklamiert Anschlag für sich

Der ukrainische Geheimdienst SBU reklamierte die Tat laut einem Spiegel-Bericht für sich. „Das heutige Bombenattentat auf General Igor Kirilow, den Chef der Strahlen-, chemischen und biologischen Abwehrtruppen der russischen Streitkräfte, ist eine Spezialoperation des SBU“, hieß es laut dem Bericht in einer Mitteilung.

Und weiter: „Kirillow war ein Kriegsverbrecher und ein absolut legitimes Ziel, da er den Einsatz verbotener chemischer Waffen gegen das ukrainische Militär befohlen hat. Ein solch unrühmliches Ende erwartet all jene, die Ukrainer töten. Vergeltung für Kriegsverbrechen ist unausweichlich.“

Anschlag auf russischen Atom-General

Kirillow war Chef der ABC-Abwehrtruppen des Landes und damit zuständig für den Schutz vor Gefahren durch atomare, biologische und chemische Kampfmittel. Er trat im russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine immer wieder öffentlich mit Vorwürfen auf, die USA betrieben in dem Nachbarland etwa geheime Biolabors.

Zudem behauptete Kirillow, der als einer der bedeutendsten Kriegshetzer in Russland galt und auf westlichen Sanktionslisten steht, dass die Ukraine an einer sogenannten schmutzigen Bombe arbeite. Schmutzige Bomben sind Massenvernichtungswaffen mit konventionellen Sprengsätzen, denen radioaktives Material beigemischt ist.

Auch Kremlchef Wladimir Putin hatte auf Grundlage von Kirillows öffentlich präsentierten Berichten solche Vorwürfe gegen die Ukraine erhoben. Beweise dafür gab es keine.

Russlands Chefermittler Alexander Bastrykin übernahm die Kontrolle über den Fall. Laut russischen Medien soll der Sprengsatz mutmaßlich vom Signal eines Mobiltelefons gezündet worden sein. Untersucht würden nun auch Mobilfunkverbindungen in dem Stadtviertel, hieß es. Zu der Explosion kam es, als Kirillow am Morgen das Haus verließ, um sich zur Arbeit fahren zu lassen, wie die Ermittler mitteilten.

Kiews Geheimdienst SBU erhob Vorwürfe gegen Kirillow

Kiews Geheimdienst SBU hatte am Montag Vorwürfe erhoben, nach denen Kirillow für den Einsatz von Chemiewaffen in der Ukraine verantwortlich sei. Dabei ging es um Granaten mit Reiz- oder Tränengas, aber auch deren Herstellung und Verwendung für militärische Zwecke ist durch internationale Konvention verboten. Russland hat wiederholt erklärt, seine Chemiewaffen beseitigt zu haben.

Die genauen Hintergründe des Anschlags waren zunächst unklar. Laut Sprecherin Petrenko sind Ermittler vor Ort im Einsatz, um das Verbrechen aufzuklären. Der Hauseingang, an dem sich die Explosion ereignete, wurde stark beschädigt, wie auf Bildern zu sehen war. Ausgewertet würden auch Aufnahmen der in Moskau im öffentlichen Raum verbreiteten Videoüberwachung, hieß es.

Den Ermittlungen zufolge stecken entweder der ukrainische Militärgeheimdienst oder der SBU als Auftraggeber hinter dem Attentat, wie die Zeitung „Kommersant“ berichtete. Demnach sei der General als Ziel höchstwahrscheinlich wegen seiner Bekanntheit ausgewählt worden. Laut der Zeitung wollte sich Kirillow am Dienstag erneut auch vor Journalisten äußern.

Mehrfach Bombenanschläge in Russland im Zuge des Krieges

In Russland hatte es bereits in der Vergangenheit im Zuge des Krieges Anschläge auf ranghohe Militärs und Propagandisten gegeben. Der Machtapparat in Moskau machte dafür immer wieder ukrainische Geheimdienste verantwortlich.

Die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa, bezeichnete den General als einen „unerschrockenen Kämpfer“. So habe Kirillow etwa die Russland angelasteten Chemiewaffenangriffe im Bürgerkrieg Syrien als Provokation der Nato bezeichnet und die – so wörtlich – „todbringende Tätigkeit von amerikanischen Biolabors in der Ukraine“ öffentlich gemacht. Im Westen werden solche von Kirillow immer wieder ohne Belege verbreiteten Behauptungen als Teil der russischen Kriegspropaganda zurückgewiesen.

Russland hatte seinen Angriffskrieg gegen die Ukraine am 24. Februar 2022 begonnen.

dpa

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