
In manchen Medien ist zu lesen, dass derzeit ein Bombenzyklon auf Europa zukomme. Doch der Begriff ist missverständlich. Zwar werden tatsächlich Stürme erwartet. Zyklone gibt es in Europa aber nicht, und die Böen werden auch lediglich die Stärke eines gewöhnlichen Orkans erreichen.
Jürgen Schmidt ist Meteorologe und Betreiber der Plattform „Wetterkontor“. Er erklärt, welches Wetterphänomen uns in den kommenden Tagen erwartet. „Kalte Luft aus Nordamerika gelangt auf den Atlantik und trifft dort auf mildere Luft aus den südlicheren Breiten, also den Subtropen. Durch die Temperaturunterschiede zwischen der wärmeren Luft und der Kälte aus Nordamerika verstärkt sich der Jetstream, ein Starkwindband, das über den Atlantik verläuft. Und es entwickelt sich ein starkes Tief. Dieses verstärkt sich dann immer mehr, bis ein Orkantief entsteht.“
Trifft am Freitag auf Irland
Die Entwicklung beginne am Mittwoch, südlich von Neufundland. Am Freitag werde das erste Sturmtief Irland erreichen, und am Samstag weiter über das Nordmeer ziehen. Bis dahin habe es sich aber schon abgeschwächt. Der „Hauptwindeffekt“ sei vor allem in Irland, Wales, Schottland und Nordirland zu erwarten. In den nächsten Tagen könnten dort weitere Stürme entstehen, als Folge des weiterhin starken Jetstreams, so Schmidt.
In einigen Berichten wird in diesem Zusammenhang vor einem „Bombenzyklon“ gewarnt, der auf Europa zukomme. „Das ist allerdings nicht korrekt“, betont Schmidt. Vielmehr gebe es da ein Missverständnis. Ein Zyklon ist ein tropischer Wirbelsturm, der nicht in Europa vorkommt, sondern in der Südsee oder im Indischen Ozean. Beim derzeit entstehenden Sturm handele es daher auch nicht um einen „Bombenzyklon“. Vielmehr werde ein Phänomen erwartet, das man als eine „Bombenzyklone“ bezeichnet.
„Bombenzyklone“ entwickelt sich explosionsartig
Zyklone ist dabei ganz einfach der meteorologische Fachbegriff für ein Tiefdruckgebiet. Und „von einer Bombenzyklone spricht man dann, wenn sich ein Tiefdruckgebiet schnell und explosionsartig entwickelt, und der Luftdruck innerhalb von 24 Stunden um mehr als 24 Hektopascal abfällt“. Genau das wird bei dem vorhergesagten Orkantief erwartet. Es bedeutet ganz einfach, dass dieses plötzlich und schnell entsteht – nicht aber, dass es so stark oder gefährlich wie ein tropischer Wirbelsturm wäre.
So sagt der britische Wetterdienst einen Sturm namens „Éowyn“ voraus und hat für mehrere Regionen Wetterwarnungen veröffentlicht: wegen „sehr starken Windes“ am Freitag und „starken Windes“ am Samstag. Demnach sollen am Freitag auf dem britischen Festland Sturmböen mit Geschwindigkeiten zwischen 80 Stundenkilometern im Inland und bis zu 144 Stundenkilometern an der Küste und auf Hügeln auftreten. Mit verheerenden Auswirkungen ist deshalb nicht zu rechnen.
Überflutungsgefahr und Stromausfälle drohen
Laut britischem Wetterdienst besteht in Großbritannien ein leichtes Risiko dafür, dass zum Beispiel Dachziegel von Häusern fliegen könnten oder jemand durch umherfliegende Gegenstände verletzt wird. Sowie ein eher geringes Risiko dafür, dass Brücken oder Straßen geschlossen werden, dass es zu Verzögerungen bei Reisen oder zu Stromausfällen kommt. Laut der Plattform „Meteoalarm“ drohen die schlimmsten Auswirkungen in den südwestlichen Regionen Irlands. Sie warnt dort für Freitag vor „extrem gefährlichen Reisebedingungen“, fallenden Bäumen, Überflutungsgefahr und strukturellen Schäden sowie Stromausfällen.
Für die betroffenen Regionen seien die Stürme in dieser Jahreszeit aber absolut nicht ungewöhnlich, sagt Meteorologe Schmidt. Und für Deutschland sind keine größeren Auswirkungen zu erwarten. „Wahrscheinlich tut sich erst mal nichts hier in Deutschland mit größeren Sturmböen, aber der Wind nimmt ein bisschen zu.“ Lediglich im Norden könnten sich am Freitag und Samstag ein paar Böen bemerkbar machen.
Zu rechnen sei allerdings aufgrund der Tiefdruckgebiete, die auf Europa treffen, mit milderen Temperaturen. Diese könnten am Freitag um die sechs Grad an der Ostsee und um die elf Grad im Süden erreichen. Am Samstag dann zwischen sieben bis acht Grad im Norden und bis zu 15 Grad im Süden. Das Wetter könne dann in der nächsten Zeit wechselhaft sein, sagt Schmidt. „Bis mindestens in die erste Februar-Woche hinein ist aber mit keinem neuen Wintereinbruch in tieferen Lagen zu rechnen.“