
Es wird ein letztes Zucken einer eigentlich fast schon toten Partei. Am Dienstag und Mittwoch verhandelt das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe über einen Ausschluss der rechtsextremen NPD aus der staatlichen Parteienfinanzierung. Davor kann sich die Partei auch mit ihrer jüngsten Umbenennung nicht retten: Seit dem vergangenen Monat treten die Neonazis nicht mehr als „Nationaldemokratische Partei Deutschlands“ auf, sondern als „Die Heimat“.
Bundestag, Bundesrat und Bundesregierung hatten 2019 beim Verfassungsgericht beantragt, dass die Partei aus der staatlichen Teilfinanzierung ausgeschlossen wird. Damit reagierten die Verfassungsorgane auf das 2017 zum zweiten Mal gescheiterte Verbotsverfahren gegen die NPD.
Zu irrelevant für ein Parteiverbot
Die Karlsruher Richterinnen und Richter kamen damals zu dem Schluss, dass die NPD sehr wohl verfassungsfeindlich sei. Ihre Ziele und das Verhalten ihrer Anhängerinnen und Anhänger seien darauf ausgerichtet, die freiheitlich-demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen.
Das Gericht urteilte jedoch, dass der Partei die Möglichkeiten fehlten, diese Ziele auch umzusetzen und lehnte ein Verbot deshalb ab. Kurzum: Die Richter betrachteten die NPD als zu klein und irrelevant, um eine ernsthafte Gefahr für die Demokratie darzustellen. Ein Verbot sei deshalb nicht möglich – wohl aber der Ausschluss aus der staatlichen Finanzierung.
Parteien erhalten vom Staat 83 Cent für jede Stimme, die sie erhalten. Auch für jeden an eine Partei gespendeten Euro bis zu einer Obergrenze von 3300 Euro schlägt der Staat noch mal 45 Cent drauf. Die Höhe der staatlichen Zuschüsse darf dabei allerdings die Höhe der selbst erwirtschafteten Einnahmen einer Partei nicht überschreiten. Und es gibt noch eine weitere wichtige Einschränkung: Die Parteienfinanzierung greift nur, wenn eine Partei bei der letzten Bundestags- oder Europawahl mindestens 0,5 Prozent oder bei einer der letzten Landtagswahlen mindestens ein Prozent der Stimmen erhalten hat.
Die umbenannte NPD erhält ohnehin keine staatlichen Gelder mehr
Aus diesem Grund dürfte eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts gegen die umbenannte NPD in erster Linie langfristig festschreiben, was ohnehin bereits gilt: Bei der Bundestagswahl 2021 erhielt die Partei gerade einmal 0,1 Prozent der Stimmen, bei der Europawahl 2019 0,3 Prozent. Und auch bei den vergangenen Landtagswahlen schaffte die Neonazi-Partei es nicht mehr über die Hürde von einem Prozent. In Mecklenburg-Vorpommern erhielt sie 2021 nur noch 0,8 Prozent der Stimmen – 2016 waren es noch drei Prozent. 2011 war die NPD dort zuletzt mit 6 Prozent in einen Landtag eingezogen.
Die immer schwächer werdenden Wahlergebnisse zeichnen einen Niedergang der Partei nach, der sich auch an anderer Stelle zeigt. „Die NPD hat massiv an Bedeutung verloren und ist politisch nahezu nicht mehr handlungsfähig“, sagt der Rechtsextremismusforscher Alexander Häusler von der Hochschule Düsseldorf. Die Partei habe nur noch symbolische Bedeutung als älteste bestehende rechtsextreme Partei in Deutschland – und auch das habe durch die Umbenennung in „Die Heimat“ nun einen Knick bekommen. „Wenn man den Traditionsnamen aufgibt, ist das ein Eingeständnis, dass man mit dem bisherigen Konzept gescheitert ist“, sagt Häusler.
AfD gräbt NPD das Wasser ab
Der Bedeutungsverlust habe mehrere Faktoren, der größte davon sei sicherlich die AfD. „Die AfD hat sich seit ihrer Gründung immer weiter radikalisiert und zum offenen Rechtsextremismus hinbewegt. Das hat zur Folge, dass sich die AfD zu einem erfolgreichen parteipolitischen Dach der rechtsextremen Szene in Deutschland entwickelt hat“, erklärt Häusler. Die Wählerschaft der NPD rekrutierte sich vor allem aus Menschen mit einem geschlossenen rechtsextremen Weltbild. Die meisten davon machen ihr Kreuzchen längst bei der AfD – wenn sie denn wählen gehen.
Und auch in der klassischen Neonazi-Szene hat die NPD in den vergangenen Jahren Konkurrenz erhalten. So haben sich vor allem aus der rechtsextremen Kameradschaftsszene Kleinstparteien wie Die Rechte und Der III. Weg gegründet. In Dortmund, das lange eine Hochburg der Neonazi-Szene in Westdeutschland war, ist Die Rechte zwar erst vor Kurzem in weiten Teilen zur NPD übergetreten. Den weiteren Niedergang der Partei in die politische Bedeutungslosigkeit dürfte das jedoch nicht einmal auf der lokalen Ebene bremsen.
Finanzprobleme und Mitgliederschwund
Dieser Niedergang lässt sich auch an der Mitgliederzahl der NPD ablesen: Laut dem Bundesamt für Verfassungsschutz hatte die Partei 2022 nur noch 3000 Mitglieder. Zehn Jahre zuvor waren es noch doppelt so viele. Hinzu kommt, dass die NPD notorisch zerstritten ist und schon seit Jahren ernsthafte finanzielle Schwierigkeiten hat.
Diese Finanzprobleme könnten sich durch den Ausschluss aus der staatlichen Parteienfinanzierung noch weiter verschlimmern – obwohl die Partei bereits heute keine direkten staatlichen Zuwendungen erhält: Das Bundesverfassungsgericht weist in seiner Ankündigung der mündlichen Verhandlung darauf hin, dass ein solcher Ausschluss auch zur Folge hätte, dass die NPD dann nicht mehr steuerlich begünstigt wäre. Spenden an die Neonazis wären demnach nicht mehr von der Steuer absetzbar.
Eine Entscheidung aus Karlsruhe wird nach den mündlichen Verhandlungstagen am Dienstag und Mittwoch erst in einigen Monaten erwartet.
RND