Bund-Länder-Treffen Neue MPK? Länder reagieren irritiert auf Vorschlag von Wüst

Sieht den Vorschlag seines NRW-Kollegen Hendrik Wüst kritisch: Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow.
Sieht den Vorschlag seines NRW-Kollegen Hendrik Wüst kritisch: Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow. © picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild
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Mehrere Landes­regie­rungen haben abwei­send oder zurück­haltend auf den Vorschlag des neuen nord­rhein-west­fälischen Minister­präsidenten Hendrik Wüst (CDU) reagiert, schon in der kommenden Woche bei einer erneuten Minister­präsi­denten­konfe­renz über die Corona-Lage zu sprechen.

Thüringens Minister­präsident Bodo Ramelow (Linke) sagte dem Redak­tions­Netz­werk Deutsch­land (RND): „Ich brauche keine Minister­präsi­denten­konfe­renz, denn die letzte in Bonn hat einen klaren Beschluss gefasst.“

Darauf basierend solle bis Mitt­woch eine umfassende Empfeh­lung des Bundes­gesund­heits­ministe­riums erfolgen und auch an die Verhandler der Ampel und der Union gehen. „Dann sehen wir klarer, ob alle Fragen deutsch­land­weit über das Bundes­infek­tions­schutz­gesetz abgedeckt und in allen Ländern jeweils per Verord­nungen geregelt und ausgestaltet werden können“, so Ramelow. Außerdem gelte es, die am Donners­tag und Frei­tag statt­findende Gesund­heits­minister­konfe­renz abzuwarten.

„Ich sehe keine Notwendigkeit für ein Bund-Länder-Treffen“

Auch Schleswig-Holsteins Minister­präsi­dent Daniel Günther (CDU) sprach sich gegen eine neue Minister­präsi­denten­konfe­renz aus. „Aus schleswig-holstei­nischer Perspek­tive sehe ich keine Not­wendig­keit für ein Bund-Länder-Treffen“, sagte Günther dem RND. „Die Länder verfügen über alle erforder­lichen Instru­mente im Kampf gegen Corona. Wichtig ist, dass die Ampel­koalition die Rechts­grund­­lage schafft, dass die Länder ihre spezifi­schen Rege­lungen weiter rechts­sicher umsetzen können.“ Er respek­tiere selbst­verständ­lich den Gesprächs­wunsch anderer Länder, könne aber keinen weiter gehenden Regelungs­bedarf erkennen. „Wir müssen weiterhin alles daran­setzen, die Impf­quote weiter zu erhöhen.“

Berlins Regierender Bürger­meister Michael Müller (SPD) zeigte sich über­rascht über den Vorschlag aus Nord­rhein-West­falen. Für eine MPK müsse „klar sein, worüber wir eigent­lich konkret sprechen wollen. Über die Auffrischungs­impfungen? Das kann jedes Land organisieren, in Berlin sind wir hier schon auf einem sehr guten Weg. Die inhalt­liche Rich­tung einer Bund-Länder-Konfe­renz ist aber bisher nicht kommu­niziert worden“, sagte Müller dem RND.

Auf Ableh­nung stieß der NRW-Vorstoß auch in Bremen. „Aus Bremer Sicht gibt es derzeit keinen Grund für eine neuer­liche MPK“, sagte der Bremer Bürger­meister Andreas Boven­schulte (SPD). „Wir haben ein funk­tionierendes Warn­stufen­system und werden uns darauf konzen­trieren, unsere Impfquote weiter zu steigern.“

„Mir ist nicht recht klar, was denn heraus­kommen soll bei einer weiteren MPK in der nächsten Woche“, sagte Nieder­sachsens Minister­präsi­dent Stephan Weil (SPD). „Über das weitere Vorgehen in Sachen Corona haben wir zuletzt vor zehn Tagen gesprochen. Wesent­liche neue Erkennt­nisse gibt es seit­dem nicht, und die nächste Gesund­heits­minister­konfe­renz steht unmit­telbar bevor“, sagte Weil weiter: „Selbst­verständ­lich verweigere ich mich keinem inhalt­lichen Austausch, aber es sollte dann auch Ergeb­nisse geben.“

„Wir sind immer offen für Gespräche, es kommt aber aufs passende Format an“, sagte eine Sprecherin des baden-württem­bergi­schen Staats­ministe­riums und verwies eben­falls auf die bevor­stehende Gesund­heits­minister­konfe­renz. Auch ein Sprecher der Branden­burger Landes­regie­rung erklärte, über die Notwen­digkeit einer Minister­präsi­denten­konfe­renz solle nach der Fach­konfe­renz der Gesund­heits­ministe­rinnen und -minister entschieden werden.

Zustimmung für Wüst aus Sachsen-Anhalt

Manuela Schwesig (SPD) sagte am Diens­tag, sie sei „jeder­zeit bereit für eine Minister­präsi­denten­konfe­renz“, diese müsse „aber eben auch gut vorbereitet sein, es müssen konkrete Beschlüsse vorliegen“. Zentral sei es, „dass wir in Deutsch­land das Impfen weiter voran­treiben“, sagte die Minister­präsi­dentin von Mecklen­burg-Vorpommern. „Es ist schon komisch, dass diejenigen, die erst die Impf­zentren schließen, als Aller­erste sagen, sie müssen wieder aufmachen“, so Schwesig weiter – gemeint war wohl Nord­rhein-West­falen. Sie teile die Einschät­zung, dass es keine epide­mische Lage nationaler Trag­weite mehr gebe, nicht. In Länder­kreisen wurde der nord­rhein-west­fälische Vorstoß teil­weise als Versuch des neu gewählten Laschet-Nach­folgers Wüst gewertet, sich eine bundes­politi­sche Bühne zu schaffen.

Zustim­mung erhielt Wüst aus Sachsen-Anhalt. „Minister­präsident Dr. Reiner Hase­loff und die Landes­regierung Sachsen-Anhalt befür­worten den Vorschlag. Der Minister­präsident hatte ein solches Treffen auch schon angeregt und hält eine MPK für zwin­gend notwendig“, teilte ein Regierungs­sprecher auf RND-Anfrage mit. Neben der Bele­gung der Intensiv­stationen mit Corona-Patientinnen und -Patienten solle bei einem solchen Treffen auch über die Energie­preis­entwick­lung und die aktuelle Entwick­lung in der Migra­tions­politik gesprochen werden.

Auch die saarlän­dische Landes­regierung werde sich einem Corona-Gipfel nicht verschließen, teilte ein Regie­rungs­sprecher mit. „Die Tat­sache, dass noch keine neue Regie­rung gebildet wurde, darf nicht dazu führen, dass Deutsch­land planlos in den Winter geht. Es kommt jetzt mehr denn je auf die Länder an“, sagte der Sprecher. Es gebe zudem genü­gend weitere Themen wie die Energie­preise, bei denen sich Gespräche zwischen Bund und Ländern lohnen würden.

Auch der hessische Minister­präsident Volker Bouffier (CDU) sei „grund­sätz­lich offen für eine zeit­nahe MPK“, teilte dessen Staats­sekretär Michael Bußer mit. „Für ihn muss aber klar sein, was dabei entschieden werden soll und entschieden werden kann.“

RND

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