Regierungssturz in Frankreich Macron denkt nicht an Amtsrücktritt

Macron hält ein Statement zu seiner Position als Präsident.
Macron will im Amt bleiben. © Ludovic Marin/AFP/dpa
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Update 5.12., 20:40 Uhr: Nach dem Sturz der Mitte-Rechts-Regierung in Frankreich durch die Opposition hat Staatschef Emmanuel Macron Rücktrittsforderungen von sich gewiesen. In einer Ansprache an die Französinnen und Franzosen sagte er: „Das Mandat, das Sie mir demokratisch anvertraut haben, ist ein Mandat auf fünf Jahre und ich werde es vollständig bis zu seinem Ende ausführen.“

Macron sagte, es sei seine Verantwortung, über das gute Funktionieren der Institutionen, die Unabhängigkeit des Landes und den Schutz der Bevölkerung zu wachen.

Das linke Lager und die Rechtsnationalen um Marine Le Pen hatten am Mittwoch mit einem Misstrauensvotum in der Nationalversammlung die Regierung von Premier Michel Barnier nach nur knapp drei Monaten im Amt gestürzt. Von der Linkspartei La France Insoumise folgten unmittelbar danach Rücktrittsforderungen in Richtung Macron.

Update 5.12., 17 Uhr: Die schwere Politikkrise in Paris bringt nicht nur Präsident Emmanuel Macron zunehmend unter Druck, sondern schreckt auch die EU in Brüssel auf. Macron empfing am Vormittag Premier Michel Barnier, der nach dem Sturz seines Mitte-Rechts-Kabinetts als der Regierungschef mit der kürzesten Amtszeit in der jüngeren französischen Geschichte nach nur drei Monaten den Rücktritt einreichte. Geschäftsführend bleibt er aber zunächst im Amt.

Nach Medienberichten ist Macron daran gelegen, möglichst zügig einen neuen Premier zu ernennen. Dies könnte ihm helfen, seine angeschlagene Position zu stärken, seine verbleibende Amtszeit bis 2027 zu retten und Rücktrittsrufe zu dämpfen.

Je schneller eine neue Regierung die Arbeit aufnimmt, desto schneller könnte sich auch die französische Haushaltskrise konsolidieren und könnte es beruhigende Signale in Richtung Wirtschaft und Finanzmärkte geben.

Update 5.12., 14.15 Uhr: Der französische Premierminister Michel Barnier hat nach dem erfolgreichen Misstrauensvotum gegen seine Mitte-Rechts-Regierung seinen Rücktritt eingereicht. Präsident Emmanuel Macron bat Barnier, mit seiner Regierung vorübergehend geschäftsführend im Amt zu bleiben, hieß es in Paris.

Nach Medienberichten will Macron sehr zügig einen neuen Regierungschef ernennen, denn er gerät in der politischen Krise zunehmend unter Druck. Die populistischen Kräfte am linken und rechten Rand in der Pariser Nationalversammlung nehmen Macron nach dem Regierungssturz zunehmend ins Visier. Sie fordern, dass er zurücktritt, oder zumindest einen früheren Termin für die Präsidentschaftswahl in Betracht zieht. Macron hat bislang aber betont, bis zum Ende seiner regulären Zeit 2027 im Amt bleiben zu wollen.

Der französische Präsident Emmanuel Macron (r) und Premierminister Michel Barnier stehen während der Gedenkfeierlichkeiten zum 106. Jahrestag des Waffenstillstands vom 11. November 1918, der den Ersten Weltkrieg beendete, am Arc de Triomphe stramm.
Präsident Macron gerät in der politischen Krise zunehmend unter Druck (Archivbild).© Ludovic Marin/POOL AFP/AP/dpa

Präsident Macron will sich am Abend äußern

Update 5.12., 6.25 Uhr: Der Sturz der Mitte-Rechts-Regierung von Premier Michel Barnier durch das Linksbündnis und die Rechtsnationalen von Marine Le Pen im Parlament am Mittwochabend führt das hochverschuldete Land in eine Krise. Am Abend will Präsident Emmanuel Macron sich zur politischen Krise äußern – das dürfte Aufschluss darüber geben, wie es jetzt weitergeht.

Misstrauensvotum in Frankreich

Erstmeldung 4.12., 21.25 Uhr: Mit einem Misstrauensvotum hat die Opposition in Frankreich die Mitte-Rechts-Regierung von Premierminister Michel Barnier zu Fall gebracht. Marine Le Pens Rechtsnationale und das linke Lager stimmten in der Nationalversammlung gemeinsam gegen die Regierung und erreichten so die nötige Mehrheit. Im Streit um einen Sparhaushalt hatte das Linksbündnis in der Nationalversammlung zuvor einen Misstrauensantrag gegen das Kabinett eingereicht.

Insgesamt 331 der 577 Abgeordneten entzogen dem Kabinett das Vertrauen. Barnier muss nun seinen Rücktritt und den Rücktritt der Regierung bei Präsident Emmanuel Macron einreichen. Das Amt des Staatschefs berührt das Misstrauensvotum nicht.

Französische Regierung durch Misstrauensvotum gestürzt

Frankreichs Linke forderte am Abend den Rücktritt von Präsident Emmanuel Macron. „Um aus der Sackgasse zu kommen, in die der Präsident das Land geführt hat, bleibt uns nur eine Lösung: Wir fordern Emmanuel Macron jetzt auf, zu gehen“, sagte die Fraktionsvorsitzende der Linkspartei La France Insoumise (LFI), Mathilde Panot. „Nicht wir sind das Chaos, sondern das ist seit sieben Jahren Emmanuel Macron.“ Mit dem Misstrauensvotum sei seine Politik geschlagen worden.

Auch die Fraktionschefin von Frankreichs Rechtsnationalen, Marine Le Pen, machte Macron für die eingetretene politische Krise verantwortlich. „Er ist der große Verantwortliche der aktuellen Situation“, sagte Le Pen auf TF1. „Ich fordere nicht den Rücktritt von Emmanuel Macron“, sagte Le Pen. Der Druck auf ihn aber werde steigen, er müsse selbst entscheiden, ob er bis 2027 im Amt bleiben wolle oder verfrühte Wahlen ausrufe.

Der Staatschef selbst wollte sich erst am Donnerstagabend in einer Ansprache an die Nation äußern, teilte der Élyséepalast mit. Macron war erst im Laufe des Tages aus Saudi-Arabien nach Paris zurückgekehrt. Mit der Abstimmung über den Misstrauensantrag war gewartet worden, bis der Präsident wieder im Land ist.

Frankreichs Regierung gestürzt

Der Fall der Regierung stürzt Frankreich in eine tiefe politische Krise. Eine Parlamentsneuwahl ist erst im kommenden Sommer wieder möglich. Das Kräfteverhältnis bleibt somit unverändert eine Pattsituation. Weder das linke Lager, das die Parlamentswahl im Sommer gewann, noch Macrons Mitte-Kräfte und auch nicht die Rechtsnationalen um Marine Le Pen und ihre Verbündeten haben eine eigene Mehrheit. Die Regierungssuche dürfte erneut schwierig werden. Dass es am Ende für mehr als eine Minderheitsregierung reicht, scheint unwahrscheinlich.

Nach Deutschland droht damit auch die zweite Säule des wichtigen deutsch-französischen Motors in Europa in zeitweisen politischen Stillstand zu rutschen und sich vor allem um ihre innenpolitischen Probleme kümmern zu müssen. Macrons Amt bleibt von dem Misstrauensvotum unberührt. Er ernennt als Präsident aber den Premierminister. Nach der Parlamentswahl hat er sich stark in die Regierungssuche eingebracht und dürfte dies nun wieder tun.

Regierungssturz in Frankreich bringt politische Krise

Zudem lässt der Regierungssturz auch ihn nicht unbeschadet zurück. Der Staatschef hatte Barnier nach langen Sondierungen zum Premier ernannt, seine Mitte-Kräfte regierten mit. Die Opposition dürfte nun versuchen, Macron aufgrund der komplizierten politischen Verhältnisse zu einer vorgezogenen Präsidentschaftswahl zu drängen. Bisher hatte Macron dies stets abgelehnt.

Misslich ist die politische Krise auch für Frankreichs Wirtschaft. Das Land hat eine zu hohe Neuverschuldung. Barnier wollte diese wieder in den Griff bekommen. Seine Regierung scheiterte am eskalierenden Streit um den Sparhaushalt. Sie dürfte als eine der kürzesten Regierungen in die jüngere französische Geschichte eingehen. Premier Barnier hatte seine Ministerinnen und Minister erst Ende September ernannt.

Auswirkungen auf EU-Politik noch unklar

Wie sich das Chaos in Frankreich auf die EU-Politik auswirken wird, ist noch unklar. Nach Einschätzung von Diplomaten in Brüssel wird vieles davon abhängen, wie es in den nächsten Wochen und Monaten in Paris weitergeht.

Problematisch könnte es demnach vor allem dann werden, wenn EU-Entscheidungen getroffen werden müssen, die neue finanzielle Verpflichtungen Frankreichs erfordern – zum Beispiel für neue Hilfen für die Ukraine. Derzeit ist dies zwar nicht konkret absehbar. Als großer Unsicherheitsfaktor gilt allerdings der im Januar anstehende Regierungswechsel in den USA mit der Frage, ob der neue US-Präsident Donald Trump die EU zu einer Übernahme von mehr Verantwortung zwingen wird.

Keine drängenden europapolitischen Entscheidungen

Mit Blick auf große offene europapolitische Fragen, wie die Finanzierung des nächsten langfristigen EU-Haushalts, wird in Brüssel darauf verwiesen, dass darüber ohnehin frühestens im zweiten Quartal des nächsten Jahres Gespräche begonnen werden können.

Frankreich sei nicht das einzige große Land in Europa, dass derzeit keine wirklich handlungsfähige Regierung habe, heißt es mit Blick auf die Bundesregierung. Große richtungsweisende Zukunftsentscheidungen werde es in der EU erst dann geben, wenn im bevölkerungsreichsten und wirtschaftsstärksten Land gewählt worden sei.

dpa

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