
Reul: Ermittlungen im Spionagefall stehen am Anfang
Update 14.5., 12.50 Uhr: Im mutmaßlichen Spionagefall für Russland mit drei Festnahmen in Köln, Konstanz und der Schweiz stehen die Ermittlungen nach Angaben von NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) noch am Anfang.
„Ich bin mir nicht sicher, ob das alles ist“, sagte Reul in Düsseldorf. „Es ist nicht zu Ende. Es könnte noch einen zweiten, dritten oder vierten Vorgang geben.“ Die Gefahr sei im aktuellen Fall eine ernstzunehmende gewesen, sagte er.
Die Festgenommenen sollen sich spätestens Ende März 2025 dazu bereiterklärt haben, Anschlage auf Gütertransporte in Deutschland zu begehen. „Es waren geplant, Brand- und Sprengstoffanschläge und zwar im Auftrag von russischen staatlichen Stellen. Der Plan war, von Deutschland aus an Empfänger in der Ukraine Pakete mit Spreng- und Brandvorrichtungen zu versenden, die sich dann während des Transportes entzünden sollten“ erläuterte Reul.
Russland mache Druck, wolle hier in Deutschland verunsichern
Der am 9. Mai in Köln festgenommene Ukrainer sollte dabei geeignete Transportwege auskundschaften. Er habe bereits zwei Testpakete auf den Weg gebracht, in denen sich unter anderem GPS-Tracker befunden hätten. Es handele sich um extrem erhebliche Vorwürfe, die die neue Qualität hybrider Bedrohungen auch in Nordrhein-Westfalen zeigten, sagte Reul.
Russische Geheimdienste gingen risikobereiter und aggressiver vor. Da brauche es keine ausgebildete Agenten der alten Schule mehr, sondern es reichten Menschen, die für kleines Geld angeworben werden. Dies sei auch im aktuellen Fall der erste Eindruck. „Die Ermittlungen fangen gerade erst an“, sagte er.
Russland mache Druck, wolle hier in Deutschland verunsichern und Schaden anrichten, sagte der CDU-Politiker. Dabei richteten sich die Angriffe nicht nur gegen staatliche Institutionen, sondern auch gegen die kritische Infrastruktur gegen die Privatwirtschaft und einzelne Personen.
Drei mutmaßliche Russland-Agenten festgenommen
Erstmeldung 14.5., 11 Uhr: Die Bundesanwaltschaft hat in Köln, Konstanz und der Schweiz drei Männer wegen mutmaßlicher Agententätigkeit festnehmen lassen. Sie sollen sich gegenüber mehreren mutmaßlich von Russland beauftragten Personen bereiterklärt haben, Brand- und Sprengstoffanschläge auf den Gütertransport in Deutschland zu begehen, wie die Karlsruher Behörde mitteilte. Zuvor hatte der „Spiegel“ berichtet.
Festnahmen in Köln, Konstanz und der Schweiz
Die erste Festnahme erfolgte den Angaben zufolge am 9. Mai in Köln. Der zweite Beschuldigte wurde einen Tag später in Konstanz festgenommen. Beide Männer wurden bereits dem Ermittlungsrichter am Bundesgerichtshof in Karlsruhe vorgeführt und sitzen in Untersuchungshaft.
Der dritte Mann wurde gestern im Kanton Thurgau in der Schweiz festgenommen. Er soll nach seiner Überstellung aus der Schweiz in Karlsruhe vorgeführt werden. Alle drei Beschuldigten sind ukrainische Staatsangehörige. Die beiden in Deutschland festgenommenen jungen Männer gingen, soweit bisher bekannt, keiner beruflichen Tätigkeit nach.
Die Bundesanwaltschaft führt das Verfahren nach eigenen Angaben wegen der „besonderen Bedeutung“. Die Ermittlungen führt das Bundeskriminalamt.
Experten warnen vor russischer Sabotage
Der Bundesnachrichtendienst (BND), der Generalinspekteur der Bundeswehr, General Carsten Breuer, und das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) haben in den vergangenen Monaten mehrfach vor russischer Sabotage und Spionage gewarnt. Der inzwischen ausgeschiedene frühere BfV-Präsident, Thomas Haldenwang, hatte im Herbst gesagt, bei einem mutmaßlich von Russland initiierten Brand eines Luftfrachtpakets sei Deutschland im Juli nur knapp an einem Flugzeugabsturz vorbeigeschrammt.
Es sei nur einem glücklichen Zufall zu verdanken, dass das Paket damals noch am Boden im DHL-Logistikzentrum Leipzig und nicht während des Fluges in Brand geraten sei, sagte Haldenwang. Nach dpa-Informationen bestand der glückliche Zufall darin, dass der Weiterflug des aus dem Baltikum stammenden Frachtpakets sich in Leipzig verzögerte. Das Paket hatte einen Brandsatz enthalten, der dort zündete und einen Frachtcontainer in Brand setzte.
Zunahme russischer Spionage
„Wir beobachten ein aggressives Agieren der russischen Nachrichtendienste“, sagte der damalige Behördenleiter. Besonders Spionage und Sabotage durch russische Akteure hätten in Deutschland zugenommen – und zwar „sowohl quantitativ als auch qualitativ“. Im März verwies der Verfassungsschutz dann auf mehrere Beispiele für mutmaßliche Sabotage aus den vergangenen Monaten – dazu zählten auch Vorfälle auf deutschen Kriegsschiffen, zu denen die Ermittlungen noch laufen.
Der BfV-Vizepräsident, Sinan Selen, sprach bei einer Veranstaltung zum Wirtschaftsschutz von fast täglichen Drohnenflügen über Militäranlagen und Unternehmen. Dabei gehe es nicht um „Spielzeugdrohnen“, betont er. Selen erinnert auch an den Brand in einer Halle in Großbritannien, in der Starlink-Equipment für die Ukraine gelagert worden sei. Die Zuordnung zu einem ausländischen Nachrichtendienst sei im Einzelfall manchmal schwierig, räumt der BfV-Vize ein. Schon die Summe derartiger Ereignisse sorge allerdings dafür, dass es auch ihm schwerfalle, an Zufälle zu glauben.
dpa