Welche Kleinparteien zur Bundestagswahl zugelassen sind – und welche nicht Von Volt bis zur MLPD

Ein Stimmzettel für die Wahl zum Europaparlament liegt auf einem Tisch.
Nun steht fest, welche Kleinparteien am 23. Februar bei der Wahl teilnehmen dürfen. © picture alliance/dpa
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Wer am 23. Februar den Wahlzettel zur Bundestagswahl auffaltet, wird neben den etablierten Parteien auch ein buntes Potpourri an Klein- und Randparteien finden. Das Ganze könnte sogar deutlich bunter sein, gäbe es nicht den elfköpfigen Bundeswahlausschuss unter Vorsitz der Bundeswahlleiterin Ruth Brand: Dieser prüft vor jeder bundesweiten Wahl, welche Parteien und Vereinigungen teilnehmen dürfen. Die Sitzung im Bundestag findet öffentlich statt. Am Montag und Dienstag war es wieder so weit: Auf dem Prüfstand standen 56 Parteien.

Überraschend oft scheitert der demokratische Tatendrang schon an der Bürokratie. Fehlende Unterschriften des Parteivorstands auf den Anträgen zur Zulassung, den sogenannten „Beteiligungsanzeigen“, kegeln mehrere Bewerber ins Aus. Auch, wer seinen Antrag per Mail oder Fax einsendet und nicht, wie im Bundeswahlgesetz vorgeschrieben, per Post, fliegt raus.

Dieses Mal erwischt es etwa die Partei Bundeszentralrat der Schwarzen in Deutschland. Bereits bei der vorigen Wahl schaffte sie es wegen fehlender Unterschriften nicht auf den Wahlzettel. Der Vorsitzende protestiert heftig, unterstellt dem Wahlausschuss wütend Sabotage. Vergeblich.

Rechtsextreme „Identitäre“ scheitern an Unterschriften

Auch die rechtsextreme Identitäre Bewegung, die als Export aus Österreich erstmals in der Bundespolitik mitspielen will, scheitert an den nötigen Unterschriften. Außerdem wollten ihre Vertreter die Mitgliederzahl nicht verraten: Datenschutz! „Mitgliederzahlen können nie unter Datenschutz fallen“, korrigiert sie Bundeswahlleiterin Brand.

Die Stimmung ist mitunter gereizt. Nur Peter Weispfenning, Vorstandsmitglied der Marxistisch-Leninistischen Partei Deutschlands (MLPD), freut sich über die Entscheidung gegen die Identitären: „Das ist auch eine offen faschistische Organisation“, ruft er. Dann wird ihm das Mikrofon abgestellt. Die MLPD selbst wird anerkannt.

Der Bundeswahlausschuss beschäftigt sich nicht mit den Positionen der Parteien, sondern mit formellen Kriterien und der Frage, ob sie an der öffentlichen Willensbildung teilnehmen. Diese Prüfung fällt bei jenen Parteien weg, die seit der vorigen Wahl ununterbrochen mit mindestens fünf Abgeordneten im Bundestag oder einem Landtag sitzen. Dazu zählen alle im Bundestag vertretenen Parteien, inklusive BSW, Freie Wähler und das Bündnis Deutschland.

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Anerkannte Parteien

Bayernpartei, MLPD, Bürgerrechtsbewegung Solidarität, Gartenpartei, Partei der Humanisten, dieBasis, Die Gerechtigkeitspartei – Team Todenhöfer, Menschliche Welt – für das Wohl und Glücklichsein aller, Bündnis C – Christen für Deutschland, Unabhängige für bürgernahe Demokratie, Die Partei, Freie Sachsen, Partei Mensch Umwelt Tierschutz, Volksabstimmung, Cannabis Social Club , MERA25, ÖDP, Südschleswigscher Wählerverband, Liberale Demokratien – Die Sozialliberalen, Die Liebe, Volt, WerteUnion, Demokratische Allianz für Vielfalt und Aufbruch, Sozialistische Gleichheitspartei – Vierte Internationale, Partei für Verjüngungsforschung, Partei des Fortschritts, Die Sonstigen, Dr. Ansay Partei, Die Neue Mitte, V-Partei3 – Partei für Veränderung, Vegetarier und Veganer (V-Partei3), Piraten.

Entscheidend für die öffentliche Willensbildung sind unter anderem Veranstaltungen, ein Internetauftritt, eine gewisse Mitgliederzahl, Landesverbände, ein Parteiprogramm und eine Parteisatzung. Den Internetauftritt weisen die Parteien über mitgeschickte Screenshots ihrer Social-Media-Kanäle nach, auch Flyer und Fotos von Demonstrationen werden eingereicht.

Die esoterische Partei Das BündnisGRAL – Ganzheitliches Recht Auf Leben scheitert mit nur zehn Mitgliedern an der nötigen Relevanz. „Allein der Wille, Partei zu sein, ist nicht ausreichend“, urteilt Brand. Der Ausschuss folgt ihrem Vorschlag.

Debatte über Partei Cannabis Social Club

Der Bundeswahlausschuss muss sich mit jedem Antrag beschäftigen. So können Bürgerinnen und Bürger gleich mehrere Parteien zur Wahl anmelden. Davon machte ein Mann Gebrauch und meldete neben der Anarchischen Pogo-Partei Deutschlands die Anarchie-Partei und die Anarcho-Partei an. Doch auch ihm mangelt es an Unterschriften.

Zum Thema
Nicht anerkannte Parteien

Partei für Motorsport, BündnisGRAL – Ganzheitliches Recht Auf Leben, Identitäre Bewegung e. V., Partei der Rentner Landesverband Berlin, Partei der Rentner, Anarchische Pogo-Partei Deutschlands, Anarchie-Partei, Anarcho-Partei, interNationalSozialistische Deutsche ArbeiterPartei, Ultranation, Vereinigte Direktkandidaten, Bundeszentralrat der Schwarzen in Deutschland, Die Guten, Partei Orange, Deutschland 2040, Volksstimmen-Partei-Deutschland, Initiative für Demokratie und Aufklärung, Thüringer Heimatpartei, AL (Partei), Bund Köln, Unity Party of Germany, Brücke Partei, Deutsche Partei für ökonomische Neuordnung essentieller Ressourcen (Döner Partei), Wachstumswandel.

Souverän durch den Ausschuss kommen die größeren der Kleineren: Die Piraten, Volt, die Satirepartei Die Partei – sie werden alle zugelassen. Uneinigkeit herrscht kurz bei der Partei Cannabis Social Club. CDU-Mann Michael Brenner sieht eine reine Interessenvertretung. Indiz: An der angegebenen Adresse der Parteizentrale befände sich ein Hanf-Mega-Store. Der Zweifel fällt jedoch nicht ins Gewicht, die Partei wird anerkannt.

Ebenfalls in Verbindung mit Hanf steht die Einmannpartei Dr. Ansay Partei des umstrittenen gleichnamigen Hamburger Unternehmers Can Ansay: Auf dessen Onlineplattform Dr. Ansay können nach schneller Selbstdiagnose Cannabisprodukte bestellt werden. Immer wieder geriet Ansay ins Visier der Behörden, etwa wegen falscher Corona-Tests. Für den Wahlausschuss nicht von Relevanz: Der Doktor darf teilnehmen.

Kritik an Fristen der vorgezogenen Bundestagswahl

Einige Vertreter der Parteien nutzen ihre Wortbeiträge in der Anhörung für Kritik daran, wie der vorgezogene Bundeswahltag organisiert wurde. So kritisierten Mitglieder der Parteien Die Humanisten und Die Gerechtigkeitspartei – Team Todenhöfer, dass trotz verkürzter Fristen die Zahl der nötigen Unterstützerunterschriften nicht verkleinert wurde. Diese Unterschriften sind notwendig, damit Parteien Direktkandidaten und Landeslisten aufstellen können. Erst dann landen sie auf den Wahlzetteln. Die beiden Kleinparteien fühlen sich benachteiligt.

Ihr Protest ändert nichts am Prozedere. Zumal ihre Unterschriften ausreichen: Beide werden zur Wahl zugelassen. Vergeblich auf den Einzug auf den Stimmzettel hoffen zwei Dutzend Konkurrenten: Als die zweitägige Sitzung endet, sind 24 Parteien nicht als solche für die Bundestagswahl anerkannt.

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