Friseure gibt es wie Sand am Meer. Eine Europameisterin in diesem Handwerk aber eher selten. Oxana Krist darf sich dazu zählen. Die Friseurmeisterin aus Selm gehört zu den besten Hochsteckfriseurinnen Europas. „Ich wurde spontan gefragt“, erzählt Krist. „Dann ergreift man natürlich sofort die Chance.“ Auch jetzt – zwei Monate nach ihrem Gewinn – strahlt sie, wenn sie über diese Zeit erzählt. In der Teeküche ihres Friseurladens „Haarmonie by Oxana“ zeigt die 42-Jährige Fotos des Wettbewerbs. Sie, gemeinsam mit dem deutschen Team, sie mit dem Pokal, ihre preisgekrönte Hochsteckfrisur.
Die „deutsche Nationalmannschaft“, diesmal mit Glätteisen, Kamm und Haarklammern statt Fußball, Stutzen und Leibchen, bestand aus 14 in erster Linie Teilnehmerinnen (ein Mann war dabei) und der Trainerin. Ein tolles Team sei das gewesen, betont Krist. Doch in Athen, wo der Wettbewerb im März stattgefunden hat, ist die Konkurrenz groß, der Zeitdruck hart. In 35 Minuten müssen sie an einem Modell die Hochsteckfrisuren finalisieren – und sich gegen Mitbewerber aus 20 Ländern durchsetzen. „Nach Ablauf der Zeit muss man sofort vom Platz weg und hoffen, dass alles passt.“
Eine Jury bewertete die Resultate auf Form, Sauberkeit und Zeit. Gemeinsam mit dem deutschen Team landete Krist schließlich auf dem Treppchen – der dritte Platz. In der Einzelwertung auf Platz vier. Geld gibt es dafür aber nicht, „Nur der erste Platz bekommt 1.000 Euro, die anderen eine Medaille und einen Pokal.“ Den Pokal habe die Trainerin, von der Krist einst angeworben wurde, mitgenommen. In naher Zukunft will sie sich ihren eigenen aber nachmachen lassen.
Nächste Station: Weltmeisterschaft
Dafür musste Krist viel trainieren. „Ich bin alle zwei Wochen nach Fulda gefahren.“ Dort hätten die gemeinsamen Trainingseinheiten der deutschen Mannschaft stattgefunden. „Man muss vorher üben“, meint die passionierte Friseurmeisterin. Denn: „Normalerweise schafft man so etwas in der Zeit nicht.“ Doch sie schaffte es.
In ihrem Laden an der Kreisstraße ist die 42-Jährige nicht allein. Mit ihr frisieren zwei Angestellte in Vollzeit die Kunden. „Die beiden haben mich ermutigt mitzumachen“, erinnert sie sich. Während des Gesprächs kommt Cindy, eine der Mitarbeiterinnen, dazu. „Ich wusste, dass sie das schafft“, sagt sie. Ihre Chefin – und Freundin, wie sie betont – sei „ehrgeizig“ und „die Ruhe selbst“. Insofern hat es sie nicht verwundert, dass Krist diesen Erfolg nach Hause gefahren hat.
Das soll es aber noch nicht gewesen sein. Nach der EM kommt die WM. Diesmal im November in der russischen Stadt Sotchi. In dem Stadion, wo einst die Olympischen Spiele stattfanden, finden sich dann tausende Friseure aus aller Welt zusammen. „80 Länder haben sich schon angemeldet. Der Iran kommt mit 300 Teilnehmerinnen.“ Anders als bei der EM werden jetzt auch Kategorien wie Make-up, Nägel und Männerfrisuren bewertet. Für Letztere gebe es eine klare Vorgabe: nur Elvis-Frisuren, erzählt die Europameisterin lachend. Sie bleibe lieber bei ihrer Stammkategorie.
Seit 24 Jahren Friseurin
Begonnen hat die Friseur-Reise für die Selmerin 2001. Damals begann sie ihre Ausbildung, 2008 folgte der Meisterbrief. Nach einer kurzen Zwischenstation in Hamm kehrte sie 2009 nach Selm zurück – und eröffnete 2015 ihren eigenen Laden.
Oxana Krist ist nicht die einzige in der Familie, die an einer WM teilnehmen will. Auf einen kommenden Wettbewerb in London verzichtet sie, weil ihre Tochter zur Hip-Hop-WM nach Blackpool möchte. Vielleicht der nächste Pokal im Hause Krist.
Hinweis der Redaktion: Dieser Artikel erschien ursprünglich am 22. Mai 2025.
