
Noch ist das Apothekennetz in NRW tragfähig, allerdings zeigen sich zunehmend einzelne schwächer versorgte Gebiete gerade in ländlichen oder strukturschwachen Regionen. Das geht aus einer am Dienstag vorgestellten Studie des Kölner Instituts für Handelsforschung (IFH) für die beiden Apothekerkammern in NRW hervor. Jede zehnte Kommune in Nordrhein-Westfalen verfügte im vergangenen Jahr nur noch über eine einzige Apotheke.
Im Zehnjahresvergleich ist die Zahl der Kommunen mit nur einer Apotheke um 52 Prozent angestiegen. Im vergangenen Jahr gab es 41 Kommunen in NRW mit nur einer Apotheke, 2012 waren es nur 27. Immerhin habe es keine Kommune ganz ohne Apotheke gegeben, erklärten die Forscher in Düsseldorf.
In einer nach eigenen Angaben repräsentativen Stichprobe hat die IFH 2384 nordrhein-westfälische Apothekenkunden im Alter zwischen 18 und 75 Jahren zwischen dem 8. und 17. November 2022 befragt. Für die Studie gab es außerdem eine Online-Befragung im Jahr 2022 von 2101 Pharmazeuten, 70 Pharmazeuten im Praktikum sowie 254 Studierenden der Pharmazie in Bonn, Düsseldorf und Münster.
Apotheken in NRW vor Schließung: Grundversorgung bedroht
Die Bevölkerung erwarte laut der Studie von den Apotheken vielfältige Dienstleistungen. Am meisten gefragt seien demnach neben Rezepte, Rezepturen, Akutversorgung, Beratung, Nacht- und Notdiensten, aber inzwischen auch Liefer- und Botendienste. „Insbesondere dort, wo Ärztemangel herrscht, wächst die Bedeutung von Apotheken für die gesundheitliche Grundversorgung“, stellte das IFH fest. Seit kurzem dürfen Apotheken in NRW ihre Öffnungszeiten flexibler regeln.
Dazu zählten etwa auch Impfangebote oder Gesundheitstests. 91 Prozent der Befragten äußerten den Wunsch, „die Apotheke weiterhin als schnell und leicht zu erreichenden Ansprechpartner und Wegweiser im Gesundheitswesen“ zu erhalten. Ebenso viele unterstrichen die Bedeutung eines dichten Apothekennetzes.
Die Forscher empfehlen unter anderem, das Image der Apotheken als regionale Grundversorger in den nächsten Jahren gezielt zu stärken. Zu klären sei, ob sie gegen Vergütung weitere Funktionen übernehmen könnten.
Wo in NRW die meisten Apotheken schließen
Die Zahl der Apotheken in NRW ist seit dem Jahr 2000 um rund 1000 oder 21 Prozent zurückgegangen, besonders stark seit 2012. In 52 Prozent aller Fälle waren seit 2012 Großstädte davon betroffen, nur in jedem zehnten Fall Kleinstädte. In ländlichen Gebieten seien Apothekenschließungen weniger auf den Wettbewerb zurückzuführen, sondern vielmehr auf Nachfolgeprobleme und mangelnde Kaufkraft oder Nachfrage.
Die meisten Apotheken verloren zwischen 2012 und 2022 Essen (-37), Köln (-34), Recklinghausen (-29), Dortmund und der Rhein-Erft-Kreis (jeweils -27). Im Verhältnis zu ihrem Gesamtbestand war hingegen der Verlust in Hagen am höchsten: Die Stadt büßte jede dritte Apotheke ein (-16). Im Schnitt versorgt jede der 3819 Apotheken in NRW 4694 Einwohner. Die Versorgungsquote von 21 Apotheken auf 100 000 Einwohner liegt im Bundesschnitt (22).
Bad Laasphe im Wittgensteiner Land(45,0) hat die beste Note, die schlechteste erhält Borchen im Kreis Paderborn (7,4). Jetzt müssten die öffentlichen Apotheken gestärkt werden, bevor Regionen unterversorgt seien, mahnte Overwiening.
Trotz der sinkenden Zahl an Apotheken sei die Zahl der dort Tätigen im Zehnjahresvergleich deutlich von knapp 31 000 (2012) auf gut 39 000 (2022) gestiegen, stellt die Studie fest. Dennoch sähen mehrere Studien für die kommenden Jahre ein Fachkräfte-Defizit.
Apotheken ohne Nachfolger müssen schließen
Am Ende ihres Berufslebens müssen viele Inhaber die Apotheke schließen, weil sie keinen Nachfolger fänden. Deshalb müsse sowohl das Studium als auch der Arbeitsplatz attraktiver werden, stellt das IFH fest.
Auf die Frage: Was könnte Sie dazu bringen, in einer öffentlichen Apotheke zu arbeiten?“, nannten anderweitig beschäftigte Kammermitglieder vor allem: besserer Verdienst (57 Prozent), flexiblere Arbeitszeitmodelle (45 Prozent), mehr wissenschaftliches Arbeiten (44 Prozent). Mehrfachantworten waren möglich.