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Der Weg durch die Dunkelheit

Der Verlust eines geliebten Menschen kann das ganze Leben aus der Bahn werfen.
Der Verlust eines geliebten Menschen kann das ganze Leben aus der Bahn werfen. © LIGHTFIELD STUDIOS - stock.adobe.com
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Trauer ist eine universelle Erfahrung, die jeden Menschen in irgendeiner Form trifft. Unabhängig von der Kultur, in der er lebt, wird jeder Mensch irgendwann den Verlust eines geliebten Menschen, das Ende einer bedeutenden Beziehung oder sogar den Verlust lang gehegter Träume oder Ziele erleben. Diese Verluste führen zu Trauer, einem komplexen Prozess, der sowohl emotional als auch physisch herausfordernd sein kann. Doch wie sieht dieser Prozess aus, und was hilft uns, ihn zu bewältigen? Die Theorie der Trauerphasen bietet Orientierung in einer Zeit, in der wir uns oft verloren fühlen.

Fünf Trauerphasen

Die Schweizer Psychiaterin Elisabeth Kübler-Ross beschrieb in ihrem Werk „On Death and Dying“ (1969) die fünf Phasen der Trauer. Diese Phasen sind keine starren Schritte, sondern eher ein fließendes Modell, das zeigt, wie Menschen mit Verlust umgehen.

1. Verleugnung: In der ersten Phase können wir den Verlust oft nicht akzeptieren. „Das kann nicht wahr sein“ oder „Das passiert mir nicht“ sind typische Gedanken. Verleugnung dient als Schutzmechanismus, der uns Zeit gibt, die harten Realitäten stückweise zu verarbeiten.

2. Wut: Sobald die Wahrheit sich durchsetzt, folgt oft die Wut. Diese Phase ist von Fragen wie „Warum ich?“ oder „Warum jetzt?“ geprägt. Die Wut kann sich gegen andere Menschen, das Schicksal oder sogar den Verstorbenen richten. Sie ist ein Ausdruck des tiefen Schmerzes und der Hilflosigkeit.

3. Verhandeln: In dieser Phase versuchen viele, den Verlust rückgängig zu machen oder zumindest einen Kompromiss zu finden. Oft stellen wir uns Fragen wie: „Was hätte ich anders machen können?“ oder „Vielleicht kann ich doch noch etwas ändern.“ Dieser Versuch, Kontrolle über das Unkontrollierbare zu gewinnen, ist Teil des inneren Kampfes.

4. Depression: Wenn die Realität nicht mehr geleugnet oder verhandelt werden kann, tritt oft eine tiefe Traurigkeit ein. Diese Phase ist von Rückzug, Weinen und einem Gefühl von Sinnlosigkeit geprägt. Es ist wichtig zu wissen, dass diese Depression ein natürlicher Teil der Trauer ist und nicht unbedingt ein Zeichen für eine klinische Erkrankung.

5. Akzeptanz: In der letzten Phase beginnen wir, den Verlust zu akzeptieren. Dies bedeutet nicht, dass wir ihn gutheißen oder vergessen, sondern dass wir lernen, damit zu leben. Die Erinnerung an das Verlorene bleibt, doch wir finden Wege, wieder Hoffnung und Freude zu spüren.

Individuelles Verhalten

Obwohl Kübler-Ross‘ Modell weit verbreitet ist, wird es auch kritisiert. Viele Experten betonen zum Beispiel, dass Trauer kein linearer Prozess ist. Zudem gibt es kulturelle und individuelle Unterschiede im Umgang mit Trauer.

Jeder Trauerprozess ist einzigartig, doch es gibt Strategien, die vielen Menschen helfen:

Offene Gespräche: Mit vertrauten Menschen über den Verlust zu sprechen, kann erleichternd sein.

Rituale: Gedenkfeiern oder das Anzünden einer Kerze schaffen Raum für Erinnerung und Trost.

Selbstfürsorge: Sich Zeit zu nehmen, gut zu essen, zu schlafen und Bewegung zu suchen, kann helfen, körperlich und emotional stark zu bleiben.

Professionelle Hilfe: Wenn die Trauer überwältigend wird, kann eine Therapie oder eine Selbsthilfegruppe unterstützend sein.

Blick in die Zukunft

Langfristig kann Trauer zu einem tiefen Verständnis der eigenen Sterblichkeit und größere Wertschätzung für das Leben führen. Viele Menschen berichten, dass sie nach dem Bewältigen ihrer Trauer eine tiefere Verbindung zu sich selbst und anderen empfinden und eine größere Wertschätzung für die kleinen Freuden im Leben entwickeln. Wichtig ist, dass Trauer kein passiver Zustand bleibt, sondern eine aktive Auseinandersetzung mit dem Verlust und dem eigenen Leben erleichtert.

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