
Für das Handwerk begann das Jahr 2022 mit einem starken politischen Signal: Das Land Nordrhein-Westfalen hob seine Förderung für die Überbetriebliche Lehrlingsunterweisung (ÜLU) an. Damit flossen in diesem Jahr rund 7 Millionen Euro mehr in die ÜLU.
„Mit diesem Schritt hat das Land NRW Maßstäbe bei der Unterstützung der dualen Ausbildung gesetzt“, sagt Berthold Schröder, Präsident der Handwerkskammer Dortmund (HWK). Das Handwerk habe sich schon lange dafür eingesetzt, dass die Betriebe nicht mehr den größten Anteil der ÜLU-Kosten tragen müssen. „Die Anhebung ist ein konkretes Entlastungssignal für die Betriebe und damit ein zusätzlicher Anreiz auszubilden“, so Schröder.
Die dadurch entstandene Entlastung habe die HWK an ihre Mitgliedsbetriebe im Kammerbezirk Dortmund weitergegeben, indem die bereits beschlossene Anhebung des Ausbildungsbeitrags für das Jahr 2022 zurückgenommen wurde. „Kürzlich hat das Land zudem bekanntgegeben, dass die Landesfinanzierung im kommenden Jahr noch einmal auf ein Drittel der Kosten angehoben werden soll. Das begrüßen wir sehr.“
Junge Menschen sehen Zukunftschancen nicht
Dabei liegt es zumeist gar nicht an den Betrieben, dass der Fachkräfte-Nachwuchs an vielen Stellen fehlt. Die Bereitschaft auszubilden, ist zumeist sehr ausgeprägt. Es fehlt eher an Interessenten, die ihre Chancen im Handwerk erkennen und diese nutzen wollen.
Die anhaltende Krisensituation hat das Handwerk im Kammerbezirk vor große Herausforderungen gestellt. Schröder: „Zwei Jahre Corona-Pandemie haben das Handwerk wirtschaftlich hart getroffen. Mitarbeiterausfälle, komplette Schließungen und der Verlust von Aufträgen haben dafür gesorgt, dass viele Handwerkerinnen und Handwerker um ihre Existenz fürchten mussten.“
Durch die Auswirkungen des Ukraine-Kriegs hätten auch die Gewerke, die weitgehend gut durch die Corona-Krise gekommen sind, einen Dämpfer erhalten. Dazu zähle unter anderem das Bauhaupt- und Ausbaugewerbe.

Wachsende Verunsicherung in den Betrieben
„Angesichts der unvorhersehbaren wirtschaftlichen Entwicklungen fehlt den Betrieben zudem die nötige Planungssicherheit, was wiederum zu starken Verunsicherungen führt“, so Schröder. Lagen die Erwartungen für die Zukunft im Frühjahr mit 79 Prozent schon deutlich tiefer als in den letzten Jahren, sackten sie in der HWK-Herbst-Umfrage kräftig auf 58 Prozent ab.
Auch die derzeitige Geschäftslage wurde im Herbst mit 85 Prozent deutlich schlechter bewertet als vor einem Jahr (Herbst 2021: 91 Prozent). „Es ist entscheidend, dass die beschlossenen Energie-Hilfen der Bundesregierung jetzt zeitnah und unbürokratisch umgesetzt werden. Sonst werden viele Betriebe nicht über den Winter kommen“, spricht der Kammerpräsident Klartext.
Dass sich die Fachkräftegewinnung im Handwerk weiterhin schwierig gestaltet, zeige ein Blick auf die aktuellen Ausbildungszahlen. „Ende November hatten wir ein Minus von 3,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahr“, so Schröder. Gleichzeitig seien noch 412 freie Ausbildungsplätze in der HWK-Lehrstellenbörse gemeldet. „Fast jeder zweite Betrieb findet trotz Bemühungen keine geeigneten Mitarbeiter, das hat eine Sonderumfrage der HWK ergeben. Die Gewinnung und Sicherung von
Nachwuchs- und Fachkräften wird daher eine zentrale Aufgabe für die Handwerkskammer und das Handwerk in den nächsten Jahren sein.“
Kammerpräsident lobt Meisterprämie
Es sei wichtig, die Attraktivität der beruflichen Bildung in der Öffentlichkeit zu stärken. „Vor diesem Hintergrund begrüßen wir es sehr, dass das Land eine Meisterprämie für das kommende Jahr angekündigt hat“, sagt der Kammer-Präsident. Die Prämie in Höhe von 2500 Euro soll für jede erfolgreich abgelegte Meisterprüfung im Handwerk gezahlt werden. „Das setzt wichtige Anreize für die Meisterausbildung und ist ein wertvolles Signal zur Gleichwertigkeit von beruflicher und akademischer Bildung.“
Neben dem Thema Nachhaltigkeit werde sich die Handwerkskammer in 2023 weiterhin mit der Gewinnung von weiblichen Fach- und Führungskräften im Handwerk befassen. „Wir haben die Kampagne ‚Starke Frauen. Starkes Handwerk.‘ gestartet, die wir jetzt schrittweise ausbauen“, erklärt Schröder. „So sind wir seit Beginn der Saison 2022/23 offizieller Partner der Abteilung für Mädchen- und Frauenfußball von Borussia Dortmund und machen mit Social-Media-Aktionen und Plakaten gezielt auf das Thema aufmerksam.“
Aktuell laufe noch ein Fotowettbewerb im Rahmen der Kampagne, der die Sichtbarkeit von Frauen in Handwerksberufen stärken soll. Die besten Arbeiten werden Anfang März ausgezeichnet. Weitere Veranstaltungen und Aktionen rund um das Thema Frauen im Handwerk sind in Planung. Interessierte können noch bis Ende Januar am Fotowettbewerb teilnehmen: www.hwk-do.de/photoaward