Seit 1948 strahlt der Mendener Himmel Kornblumenblau Karnevalsgesellschaft feiert 75 Jahre

Repro Peter Benedickt
Die Wachhölderkes – eine damals bei Karnevalssitzungen häufig auftretende tolle Truppe, die mit ihren Liedern die Stimmung richtig anheizten. © Repro Peter Benedickt
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Bereits 1607 schildert der kurkölnische Landdroste Caspar von Fürstenberg in seinen Tagebüchern die Lüttke-Fastnacht, damals noch von Erwachsenen zelebriert. Da das Stadtarchiv im Mittelalter durch Brände zerstört wurde, finden sich erst 1733 bis 1735 Ratsprotokolle, in denen vermerkt ist, dass Klage wegen ungebührlichen Unfugs erhoben wurde, dies deutet auf die Fastnacht hin. 1870 löste der organisierte Karneval aus dem Kölnischen das alte Treiben ab und lenkte es in geordnete Bahnen.

Bedingt auch durch die Weltkriege dauerte es bis 1948, als die Mitglieder der „Sängervereinigung 1866“ die Idee hatten, eine Prunksitzung nach rheinischer Art zu feiern.

Diese Gala- und Prunksitzung war ein voller Erfolg und endete zwar offiziell um 24 Uhr, aber das Prinzenpaar verschwand mit dem Elferrat im Kellergewölbe des Kolpinghauses, wo noch lange gefeiert wurde. Das war der Anfang der Mendener Karnevalsgesellschaft mit dem Zusatz „Kornblumenblau“. Unbekannt ist, ob dieser Name mit dem Schlager von Gerhard Jussenhoven „Kornblumenblau ist der Himmel am Rheine…“ (1937) zu tun hat oder eher von den Gründervätern die Zweideutigkeit gewünscht war.

Auch wenn Köln das Vorbild ist, lautet der Ruf Helau

Peter Benedickt
Ein im westfälischen Karneval einmaliger Termin ist die närrische Ratssitzung, hier 2020, bevor Corona die närrischen Tage stoppte. © Peter Benedickt

Paul Boas wurde erster Präsident, sein Vertreter Theo Hesse, das erste Stadtprinzenpaar hieß August Scharpenack und Otti Grewe.

Der Ruf der MKG lautet „Menden Helau“. Die politische Zugehörigkeit vom Herzogtum Westfalen zu Kurköln ist verantwortlich, dass der Karneval sich hier etablierte. „Alaaf“ ist aber hauptsächlich im Kölner und Aachener Raum anzutreffen, dass „Helau“ war damals deutlich weiterverbreitet und könnte deshalb übernommen worden sein.

Gefeiert wurde in Oesbern, Lendringsen und Eisborn. Dass der Ursprung im Sängerkreis lag, war deutlich zu erkennen, denn die „Wachhölderkes“ oder die „Turmkrähen“ waren mit Musik und Gesang über viele Jahre Garanten für gute Stimmung. Kornblumenblau hatte sogar ein eigenes Fanfarenkorps.

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Bis zu 50.000 Besucher lassen sich den närrischen Tulpensonntags-Umzug nicht entgehen, selbst fieses Wetter kann die Närrinnen und Narren nicht stoppen. © Peter Benedickt

Wegen ausufernder Feiern wurde der Umzug verlegt

Der 1. Vorsitzende mit der längsten Amtszeit von 1980 bis 2004 war Manfred Hamer, zwischenzeitlich auch Präsident der Gesellschaft.

Der heutige Umzug zu Tulpensonntag fand früher zusammen mit dem Rathaussturm Rosenmontag statt. Da die Feierlichkeiten ausarteten, suchten die Verantwortlichen Anfang der 80er-Jahre nach einer Lösung. Diese hatte der damalige erste Beigeordnete Rudolf Nussen: Er wollte den Umzug auf den Tulpensonntag verlegen, dann könnte die Jugend teilnehmen und so ihren Feierdrang ausleben. Der erste Sonntagsumzug fand 1983 statt. Die Besucherzahlen zeigen eine richtige Entscheidung, bis zu 50.000 Menschen sehen alljährlich den Umzug.

Am Montag dann bekam das Stadtprinzenpaar weiterhin den Stadtschlüssel und im Anschluss findet auch heute noch die in Westfalen einmalige närrische Ratssitzung statt

Jedes Jahr wird von der MKG eine Person zum „Gockel“ gekürt, Personen, die durch Taten oder Worte besonders positiv auf sich aufmerksam machen.

Einen Teufelsturm als Vereinsheim hat sonst niemand

Pepro Peter Benedickt
Das Fanfarenkorps der MKG Kornblumenblau auf dem Balkon des Alten Rathauses. Auch diese Musiker waren jahrelang aus dem Programm der MKG nicht wegzudenken. © Pepro Peter Benedickt

Kornblumenblau hat ein außergewöhnliches Vereinsheim, der Teufelsturm ist ein Turm der Stadtmauer aus dem 14. Jahrhundert. Die Mitglieder restaurierten in den 70er-Jahren das Gemäuer und das angrenzende Haus in ihrer Freizeit in 10.000 Arbeitsstunden. Seit 1981 ist hier das „Heim der Westfälischen Fastnacht“, das Museum zu der Geschichte der Fastnacht in Westfalen.

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Ein besonders beliebter Termin ist die Damensitzung, wo es die Frauen so richtig krachen lassen. An diese Stimmung kommen die Männer nie dran. © Peter Bendickt

Erstmals zum 50. Jubiläum 1998 wurde das Karnevalszelt aufgebaut. Der Besuch war zu Beginn dürftig, aber dass sich das Durchhalten lohnte, können viele Mendener und Besucher aus der Region bestätigen. Es gibt in der näheren Umgebung keine vergleichbare Möglichkeit an fünf Tagen hintereinander bei Karnevalsmusik und humoristischen Auftritten zu feiern.

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Das Stadtprinzenpaar Friedel und Elisabeth Ruthenberg in den 50er- oder 60er-Jahren. Die beiden außenstehenden Personen sind leider nicht bekannt. © Repro Peter Benedickt
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