
Der Blick ging eigentlich 86 Jahre zurück, auf die schrecklichen Ereignisse der Pogromnacht vom 9. November 1938, in denen jüdische Wohnungen, Geschäfte und Synagogen gestürmt und geplündert wurden und die systematische Verfolgung der Juden in der Zeit des Nationalsozialismus begann – auch in Dortmund. „Es war die Nacht, in der das Menschsein verloren ging“, wie der Direktor des Theaters Dortmund bei bei der offiziellen städtischen Gedenkfeier zum Jahrestag der Pogromnacht am Donnerstag (7.11.). feststellte. Bei der traditionellen Veranstaltung im Foyer des Opernhauses gab es neben einer Rückschau auf die Leiden der Juden in der NS-Zeit auch viele aktuelle Bezüge.
Über globale Gefahren und Chancen nach dem 7. Oktober sprach in einem Gedenkvortrag Dr. Gil Yaron. Der Arzt, Journalist und aktuelle Leiter des NRW-Büros in Israel stellte einen direkten Bezug zwischen der Reichspogromnacht von 1938 und dem Überfall der Terrororganisation Hamas am 7. Oktober 2023 her. „Beide Tage sind eine historische Zäsur für Juden in aller Welt“, stellte er fest. Denn der Staat Israel sei auch als Reaktion auf die Erfahrung der Verfolgung im Dritten Reich entstanden – „als sicherer Hafen“.
Von Israel als „Refugium vor Verfolgung“, sprach Zwi Rappoport, Vorsitzender des Landesverbandes der Jüdischen Gemeinden von Westfalen-Lippe und Vorstand der Jüdischen Kultusgemeinde Dortmund. Dieses Vertrauen sei durch den 7. Oktober schwer erschüttert worden. Das „Trauma der Verfolgung und Vernichtung“ sei wieder aufgebrochen.
Besorgt äußerten sich alle Redner über den wieder aufgekeimten Antisemitismus, der sich nicht nur als Israelfeindlichkeit äußere. Das sei auch in Dortmund spürbar. „Die jüdische Gemeinschaft hier ist zutiefst verunsichert“, sagte Rappoport, der sich mehr Unterstützung der „schweigenden Mehrheit“ der heimischen Bevölkerung wünscht.
Zuversichtlich machten allerdings gut besuchte Gedenkveranstaltungen wie am Donnerstag und der in Dortmund gelebte Dialog der Religionen von der jüdischen Gemeinde über die christlichen Kirchen bis zu den muslimischen Gemeinden. Diesen Austausch lobte auch Oberbürgermeister Thomas Westphal. „Wir wollen die Konflikte der Welt nicht in unsere Stadt holen“, sagte er. Wichtig seien nicht nur Gedenktage, sondern auch das Verhalten im Alltag.

Nach dem Totengebet mit Kantor Abraham Goldberg fand die traditionelle Kranzniederlegung für die Opfer des Holocaust am Platz der Alten Synagoge stand. Dort, wo von 1900 bis 1938 die stolze Dortmunder Synagoge stand, die auf Geheiß der Nationalsozialisten schon vor dem 9. November 1938 abgerissen wurde.