
Egal, wo der Blick an diesem Abend hinfällt; am Ende ist alles weich-wohlig eingefangen in Pastell. Vom Bühnenbild bis zu den Kostümen: überall Farben mit hohem Weißanteil und geringem Störfaktor. Das gilt auch für die leicht verdaulichen Dialoge. Um eine schönere Zukunft geht es, und die beträfe uns alle. So sagen es zumindest die Figuren auf der Bühne.
Am Donnerstag (6.4.) präsentierte der Jugendclub des Schauspiels Dortmund seine Premiere „Next Step! From Dystopia to Utopia“ auf der Studio-Bühne des Schauspielhauses. Mehr als ein Dutzend Nachwuchsdarsteller ab 16 Jahren stellten eine Geschichte dar, deren Botschaft in einem Satz zusammenzufassen wäre: Wenn wir uns auf den Moment konzentrieren, statt zu träumen, haben wir zumindest die Chance, zufrieden zu werden. Für die Bühne aufbereitet bedeutet diese Message ein Ehemaligentreffen im Hotel „Dystopia“, wo der reiche Schnösel Detlef Washington (Eren Gulliermo Itgensoy) mit seinem Geld nur so um sich schmeißt und auf seine einstigen Schulkollegen trifft.
Darsteller wie Leichen am Boden
Dass sich unter denen auch Influencerinnen oder sogar Olympia-Gewinnerinnen befinden, tut dem Konkurrenzkampf keinen Abbruch. Solange zumindest, bis man sich irgendwann hypnotisiert von der blau-gelb-weißen Kulisse entschließt, dass weder Neid, noch krankhafter Erfolg das Leben ausmachen können. Dass es Einfacheres geben muss, um in einer Welt des Endzeit-Gefühls irgendwie glücklich zu werden. Dass man sich am Ende gar noch zusammenschließt, um das „wir“ zu feiern, muss aus Sicht des Publikums dabei mitnichten so läppisch beurteilt werden, wie das zunächst vielleicht naheliegt.

Denn beim Stück des Jugendclub ist von Anfang an klar, dass es nur an dem Maßstab gemessen werden kann, den es an sich selbst anlegt. Und den Zweck von Jugendtheater erfüllt es auf unterhaltsame Weise: Zu Beginn des Stückes liegen sämtliche Darsteller in kreide-farbenen Tatortmarkierungen wie Tote auf dem Boden, das Publikum steigt mit verwunderten Gesichtern auf die Plätze. Als es bald losgeht, und zunächst noch Nervosität in der Luft liegt, verfliegt alles Zittern nach den ersten kräftigen Ausrufen. Die Jugendlichen beginnen sichtlich Spaß zu haben in der Interaktion miteinander und tauchen spielerisch in ihre Rollen ein.
Publikum stimmt mit ab
Die Suche nach einer besseren Zukunft wird denn auch dem Publikum abverlangt. Auf jedem Platz befinden sich zweifarbige Karten, es soll abgestimmt werden: Allein oder gemeinsam? Immer nur Sonne – oder auch mal Regen? Während die Blicke des Publikums sich gegenseitig prüfen, um ja nichts unmoralisches zu sagen, schaukeln die Darsteller vom linken Bühnenrand zum rechten, unentschlossen, wie es solche grundlegenden Fragen eben selbst sind.
Für das größte Schmunzeln im Publikum sorgen die dargestellten Stereotype des reichen Macho, der eingebildeten Influencerin oder des fitness-besessenen Personal-Coaches. Wenn all diese zwielichtigen Gestalten nach einiger Zeit ihre „Wandlung“ durchmachen, um sich anschließend in langen Monologen an das Publikum zu wenden („Nur gemeinsam schaffen wir das!“), sitzt das nicht etwa tief, sondern wird mit freundlichem Lächeln entgegengenommen. Solange bis erneut gelacht werden darf.
Die Spielfreude um Darsteller wie Yagmur Cihan, Gamze Demir und Elisa Grewe steht während des Stückes immer wieder auch im Kontrast zu den großen Videoprojektionen, die an geeigneten Stellen den Fokus weg von der Mimik hin zum großen Ganzen lenken. Als es am Schluss noch einmal ganz dunkel wird, steht zunächst ein Fragezeichen im Raum. Bis der Applaus einsetzt, darunter auch einige Standing Ovations.
Die nächste Vorstellung findet statt am 13. April, ebenfalls um 20 Uhr. Weitere Vorstellungen sind in Planung. Informationen sind online zu finden unter www.theaterdo.de.