Pizzeria in Eving lockt Gäste aus ganz Dortmund und Umland an „Man kann als Gastronom nicht nur von den Nachbarn leben“

Marcel Strozyk von der Pizzeria 450 Degrees in Dortmund-Eving
Für Marcel Strozyk (35) muss es eine italienische Pizza nach neapolitanischem Vorbild sein. © Julia Segantini
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An der Bergstraße 100 in Dortmund-Eving herrscht viel Verkehr. Vorbeifahrende Busse und Autos hinterlassen ein gleichmäßiges Rauschen. Die wenigen Fußgänger ziehen die Köpfe ein und hasten über den Gehweg. Kälte und Regen dringen schnell durch die Jacke.

In der Gegend stehen vor allem Wohnhäuser. Ein paar Meter weiter gibt es einen Augenarzt und eine Praxis für Physiotherapie. Am Abend ist hier schon alles dunkel. Viele Fassaden sind grau, bröckelig und schmutzig. Es liegt Müll am Straßenrand. Die Bergstraße gilt als eine der heruntergekommensten Straßen in Dortmund. Nur der Geruch scheint nicht hierher zu passen: Aus der Pizzeria 450 Degrees duftet es nach frisch gebackener Pizza.

Inhaber Marcel Strozyk öffnet die Ladentür ein paar Stunden vor Betriebsstart mit einem breiten Lächeln und ausgebreiteten Armen. Im Laden ist es so warm, dass Kälte und Nässe schnell vergessen sind. Sofort legt der Dortmunder mit einem fröhlichen Redeschwall los, bittet in den Gastraum im ersten Stock. Im Gehen überschlagen sich seine Erzählungen bereits. Er gestikuliert wild mit den Händen, unterbricht sich selbst, fragt zwischendurch, ob er zu schnell redet, „das mache ich manchmal.“

Eving ist „Top-Location“

Bei ihm soll es eine der besten Pizzen Dortmunds geben – zumindest ergab das eine Instagram-Umfrage unserer Redaktion im März 2023. Da hatte das Restaurant gerade eröffnet. Wieso ist 450 Degrees weiterhin so erfolgreich, obwohl die Pizzeria hier weit weg von Dortmunds wichtigen Gastro-Hotspots ist?

Laut Inhaber Marcel Strozyk ist der Standort im Nordosten der Stadt kein Nachteil – im Gegenteil. „Eigentlich ist das eine Top-Location“, sagt er über sein Ladenlokal. Das habe er gleich gewusst, als er den Laden zum ersten Mal betreten habe. „Wo sonst hat man einen so schönen 50-Quadratmeter-Außenbereich im ersten Stock?“

Dass es in der Umgebung wenig Gastronomie gibt, wolle er sich zum Vorteil machen. Es gebe kaum Cafés, deshalb will er sein Angebot in den nächsten Monaten erweitern und mehr Café- und Brunch-typische Speisen und Getränke anbieten. Er will nicht nur auf Lieferdienste setzen, „eine Pizza muss man sowieso frisch essen und nicht, wenn sie schon 15 Minuten transportiert wurde.“

Er will die Leute in sein Lokal locken. „Anders geht es nicht, du kannst als Gastronom nicht mehr von deinen Nachbarn leben.“ Sein Einrichtungskonzept zieht Strozyk in allen Details durch: dunkle Möbel geben dem Raum eine gemütliche und ruhige Atmosphäre, goldene Akzente verleihen der Einrichtung einen edlen Touch.

450 Degrees in Dortmund-Eving
Marcel Strozyk wollte in seinem Laden keine Imbussbuden-Atmosphäre.© Julia Segantini

Sogar der Rand am Latte-Macchiato-Glas ist golden. Mit seinem glattgebügelten schwarzen Hemd und den blankgeputzten Anzugschuhen passt er perfekt in sein Lokal. Den Gästen scheint es zu gefallen: „Die Leute hier kommen mit Zeit. Die essen nicht und hauen sofort wieder ab“, sagt der 35-Jährige.

Anders als das für viele Restaurants in der Innenstadt der Fall sei, habe er kaum Laufkundschaft. Im Stadtteil sei es schwieriger, dort brauche man ein so überzeugendes Konzept, für das die Gäste einen längeren Weg in Kauf nehmen möchten.

Pizza für Moslems und Deutsche

Der Gastronom ist überzeugt: „Leute sind gerne bereit, längere Strecken für gutes Essen zu fahren.“ Mittlerweile kämen seine Gäste nicht nur aus Dortmund, sondern auch aus Städten aus der Umgebung, „sogar aus Mannheim kenne ich einige Gäste, die regelmäßig kommen.“

Er habe seine Kundschaft genau studiert. Die Menschen aus der Umgebung seien größtenteils türkisch- oder arabischstämmig. Darauf müsse man sich einstellen, sagt der 35-Jährige. „Da nimmt jeder erstmal Thunfisch auf die Pizza, weil sie sich da sicher sind, dass es halal ist.“

Die dunklen Stellen am breiten Pizzarand sind typisch für eine neapolitanische Pizza.
Die dunklen Stellen am breiten Pizzarand sind typisch für eine neapolitanische Pizza.© Julia Segantini

Dass das bei 450 Degress verwendete Fleisch halal ist, also nach bestimmten muslimischen Gesetzen geschlachtet wurde, ist Strozyk wichtig. Nicht nur, weil er einem Großteil seiner Gäste entgegenkommen will, sondern weil der gebürtige Dorstfelder selbst Moslem ist. Außer ihm verwende kaum jemand Parmaschinken vom Rind, sagt er. Den kaufe er genau wie die Halal-Salami in Italien ein.

Aber auch an das deutsche Publikum habe er die Speisekarte angepasst. Ganz konsequent ist 450 Degrees in der Umsetzung der klassisch italienischen Küche nach traditionellen Rezepten nämlich nicht. Zumindest dürfte eine Pizza mit Hähnchenfleisch und Sauce hollandaise in Italien schwer zu finden sein. Aber: „Die läuft hier wie bekloppt. Das ist eine der am meisten bestellten Pizzen.“

Das macht eine gute Pizza aus

Pizzateig und Tomatensauce seien aber original italienisch. Tatsächlich ist der Teig hauchdünn, fluffig-weich und fast saftig. Als Belag nutzt er zwar auch Gouda – „den mögen Deutsche gerne“ – vor allem aber das traditionelle Original Fior di latte, eine Variante der Mozzarella.

Wo die Rezepte herkommen? „Ich habe super viel rumprobiert. Die ersten Pizzen hätte man mal sehen sollen, die waren furchtbar“, gibt er lachend zu. Mittlerweile ist er so geübt, dass seine Hände fast über den Teig fliegen. Die belegte Pizza landet schwungvoll für gerade einmal 80 Sekunden im holzbetriebenen Ofen, der ebenfalls aus Italien kommt.

Eine gute Pizza liege nach dem Essen niemals schwer im Magen, sagt Marcel Strozyk.© Julia Segantini

Strozyks Lieblingswort ist „Qualität“. „Ja, es ist ‚nur‘ Pizza. Aber wir wollen das Nonplusultra. Wir gucken schon, was man für einen Michelin-Stern braucht.“ Wer weiß, vielleicht gibt es in Dortmund-Eving bald Dortmunds erste Sterne-Pizza.

Hinweis der Redaktion: Der Artikel erschien bereits am 3. Januar.

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