Holzvertäfelte Partyhölle Als die Kellerbar in jedem Reihenhaus Pflicht war

Eine Kellerbar mit viel Holz
Eine Kellerbar aus den 1970er-Jahren. So feierte man einst in deutschen Kellern. © Schroeter
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Auf dem Boden beige oder braune Fliesen, die Wände mit Profilholz aus Kiefer oder Fichte verbrettert, die ehe schon niedrige Decke ebenfalls mit Holz abgehängt, damit Deckenspots eingebaut werden konnten. So hatte eine Kellerbar in den 1970er- und -80er-Jahren in bundesdeutschen Reihenhaus- oder Doppelhauskellern auszusehen.

Ausrangierte Gartenstühle oder Eichenmobiliar im Gelsenkirchener Barock ergänzten das Ambiente rund um die vom Hausherrn mit mehr oder weniger Geschick selbst gezimmerte Kernkomponente: die Bar. Eng ging es hier zu, das Licht musste möglichst schummrig sein, wenn Jugendliche hier feiern durften, wurden gern noch Matratzen entlang der Wände auf der Erde verteilt. Zum Knutschen natürlich.

Die Kellerbar war damals ein It-Peace, wie man es heute nennen würde. Wer etwas auf sich hielt, hatte sie. Mit Nachbarn, Freunden oder der Verwandtschaft zog man sich für mehr oder weniger wilde Feiern aus dem Erdgeschoss-Wohnzimmer in den dunklen Keller zurück. Das hatte ein ganz klein wenig Verruchtes an sich, hatte für die Hausfrau aber vor allen Dingen den großen Vorteil, dass die gute Stube unangetastet blieb.

Ausgerüstet waren die Bars zu jenen Zeiten meist mit einem Sammelsurium an ausgedienten Gläsern ganzer Familien-Generationen, geklauten Gläsern aus Kneipen, den seinerzeit beliebten Motivgläsern bekannter Senfhersteller und natürlich den ach so originellen Steinkrügen, die so herrlich urig daher kamen.

Wer es sich wirklich leisten konnte, rüstete das Keller-Verlies mit einer Zapfanlage für ein 30-Liter-Fässchen aus, zumeist aber reichte ein ausrangierter Kühlschrank, in dem die Biervorräte auf Trinktemperatur gehalten wurden. Und der Korn, denn neumodische In-Schnäpse waren zu jener Zeit eher die Ausnahme. Vielleicht war schon mal ein Genever dabei, vom Hausherrn aus dem Holland-Urlaub selbst importiert.

So feierte man in den späten Wirtschaftswunder-Jahren in Deutschland. Mit Kartoffel- oder Nudelsalat, mit Bockwürstchen und einem Mett-Igel. Rustikal, bodenständig. Cocktails oder Gin-Kreationen, Aperol-Spritz oder Biermisch-Getränke waren noch Fremdworte, ebenso unbekannt wie Gasgrill und Pizzaofen.

Die Kellerparty war in jenen Tagen das, was heute die Gartenparty ist: Angesagtes Event (das Wort gab es aber auch noch nicht) bei jedem, der sich einen freien Kellerraum für einen solchen Luxus leisten konnte. Zu jener Zeit suchte man für den 50. Geburtstag keine Party-Location, sondern zog sich in den Keller zurück. Eng war es, laut war es, verraucht war es meistens auch, denn der Gedanke an rauchfreie Zonen in Innenräumen war noch nicht gedacht.

Gute Zeiten? Bessere Zeiten? Darüber lässt sich sicher trefflich streiten. Auf jeden Fall sind sie bis auf wenige Ausnahmen vorbei.

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In den „Wohn(t)räumen“ befasst sich Thomas Schroeter regelmäßig auf sehr persönliche Art mit dem Wohnen. Da kann es um neue Trends gehen, um Wohnphilosophien, um Bauärger oder Küchendeko. Einfach um alles, was das Wohnen im Alltag ausmacht.

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