Jugendpolitik Jugendliche sollen sich an Politik beteiligen – irgendwie

Janecke
In Kamen bilden sogar die Grundschüler ein Schülerparlament. Eine Umfrage der Linken an den Bergkamener Grundschulen ergab jedoch, dass das Interesse eher gering ist. © Janecke
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Um junge Leute für Politik und demokratische Prozesse zu begeistern und ihnen vor allem eine direkte Möglichkeit der Mitbestimmung zu geben: Dazu hatte die Fraktion der Linken im Rat der Stadt Bergkamen einen Antrag an den Schulausschuss gestellt. Nachdem die Partei das Interesse an den Bergkamener Schulen sondiert hatte, sollte der Ausschuss die Stadtverwaltung damit beauftragen, gemeinsam mit interessierten Schülerinnen und Schülern ein Schülerparlament ins Leben zu rufen.

In diesem sollten die Schüler die Stadt und Schulen betreffende Themen (mit-) diskutieren und ihre eigenen mehrheitlichen Entscheidungen darüber fällen. Diese sollten dann über Verwaltungsvorlagen Einfluss auf die Arbeit der politischen Gremien der Stadt finden.

Linke bemängeln Möglichkeiten für Schüler

„Eltern haben die Möglichkeit, sich direkt oder über Wahlen am politischen Geschehen der Stadt zu beteiligen. Die Lehrer sind über die Schulleitungen, die in den Ausschuss eingeladen werden, in die Verfahren eingebunden. Aber den jungen Leuten, den Schülerinnen und Schülern fehlt die Möglichkeit, in die Entscheidungen einzugreifen“, begründete Fraktionsgeschäftsführer Till Peters den Antrag seiner Fraktion, ein Schülerparlament ins Leben zu rufen.

Julian Schaepertoens
In der Stadt Botttrop gibt es ebenfalls ein Jugendparlament. © Julian Schaepertoens

Die positiven Rückmeldungen aus den Schülervertretungen der Realschule Oberaden und des Städtischen Gymnasiums habe die Fraktion bestärkt, den Antrag auch wirklich einzubringen. Und nun, so die Linken, habe auch die Landtagswahl in Sachsen-Anhalt gezeigt, dass ein Viertel der Unter-30-Jährigen „die falscheste Partei“ gewählt habe. Da die Linke selbst im Ausschuss nicht stimmberechtigt ist, bat sie um die Befürwortung des Antrags durch die anderen Parteien.

Etablierte Ratsparteien sind nicht begeistert

Denen gefiel zwar die Grundidee, die hinter dem Antrag stand – aber gleich ein Schülerparlament ins Leben zu rufen, damit konnten sie sich nicht so richtig anfreuden. „Die Motivation ist lobenswert“, sagte Dieter Mittmann (SPD). „Es muss auch wirklich etwas passieren. Aber ein Schülerparlement läuft dann vielleicht eine Zeit lang und dann auch wieder nicht.“ Würde es sich indes um einen Prüfauftrag an die Verwaltung handeln und hätte das Kind einen anderen Namen, könnte er sich das durchaus vorstellen.

Dem stimmte auch BergAuf zu. „Etwas Institutionelles scheint uns nicht geeignet, um die Politikverdrossenheit zu bekämpfen“, sagte Hannelore Engelhardt. „Wir müssen uns überlegen, wie wir junge Leute einbinden können, aber nicht über ein Schülerparlament.“ Die Grünen argumentierten: „Man müsste der Jugend selbst die Möglichkeit geben, sich zu strukturieren und vorstellen zu lassen“, sagte Irina Ehlermann.

Komplett dagegen war jedoch die CDU: „Wir sollten künftig auch die Schülervertretungen in den Ausschuss einladen“, schlug Thomas Schauerte stattdessen vor. „Ein Parlament zu bilden ist doch viel zu bürokratisch und eine Spur zu groß.“

Linke hängt nicht am Wortlaut des Antrags

Till Peters erklärte daraufhin, dass seine Fraktion nicht zwingend am Wortlaut des Antrags festhalten müsse. Sie habe lediglich ausdrücken wollen, dass Verwaltung und Schüler gemeinsam ein Konzept erarbeiten sollten. Dabei soll das Ergebnis offen sein. Doch da die Linken kein Mitglied im Ausschuss haben, konnten sie den Antrag nicht abändern.

Die Ausschussvorsitzende Martina Plath (CDU) machte daher den Vorschlag, dass die SPD dann doch einen entsprechend anders lautenden Antrag stellen könne. Darüber musste Dieter Mittmann einen Moment nachdenken: „Aber wenn das weiterhilft, mach ich das“, rang sich dieser schließlich zu einer Antwort durch.

Verwaltung weist auf bestehende Beteiligungsmöglichkeiten hin

Für Partizipation habe auch sie „immer offene Ohren“, bekundete Beigeordnete Christine Busch. „Ich finde es frustrierend, dass bei einem Großteil der Rats- und Ausschusssitzung die Besucherränge leer bleiben.“ Aber dass Schüler kein Gehör fänden, dem widersprach sie vehement. Die Schülervertretung sei Teil der Schulkonferenzen und könne sich so einbringen. Zudem gebe es weitere Möglichkeiten, wie Stadtjugendring, „Bergkamen for all“ oder den Arbeitskreis Demokratie.

Johannes Brüne
Das Thema Demokratie und Beteiligung spielt an den Schulen eine große Rolle. Das Städtische Gymnasium nahm im Zuge der Kommunalwahl an der RVR-Juniorwahl teil – deren Ergebnisse aber keinen Einfluss auf das tatsächliche Wahlergebnis hatten. © Johannes Brüne

„Der Begriff Schülerparlament ist auch zu eng gefasst. Darunter werden die vielen Berufsschüler nicht erfasst“, verdeutlichte Busch. Und ein Jugendparlament sei dann eher ein Thema für den Jugendhilfeausschuss, nicht den Schulausschuss.

Linke-Antrag abgelehnt, neuer SPD-Antrag findet Zustimmung

Der Antrag der Linken wurde daher mit großer Mehrheit abgelehnt. Dem dann neu formulierten Antrag der SPD, die Verwaltung damit zu beauftragen, zu prüfen, wie Schülerinnen und Schüler besser an politischer Arbeit zu beteiligen wären, stimmten jedoch alle stimmberechtigen Fraktionen im Ausschuss zu. Doch bereits vor der Abstimmung hatte Busch erklärt, nicht zusagen zu können, wie schnell ihr Dezernat das erledigt bekomme.

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