
Sie sind wasser-, fett- und schmutzabweisend, unsichtbar, geruchsfrei und unempfindlich gegen hohe Temperaturen. Sie werden deshalb beispielsweise für wasserdichte Outdoor-Kleidung, für Pizza- und Burger-Verpackungen, für Pfannen und sogar in Kosmetika verwendet. Die Chemikalien, die zur Gruppe der PFAS gehören (Per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen), haben aber auch eine andere Seite: In Tierversuchen hatten die Stoffe eine schädliche Wirkung auf die Leber und auf die Schilddrüse sowie krebserregende und fortpflanzungsgefährdende Eigenschaften gezeigt. Sie reichern sich in Organen und Blutproteinen an.
PFAS, die von Menschen meist über die Nahrung aufgenommen werden – zum Beispiel über das Trinkwasser –, finden sich auch in Bergkamen und Kamen. Wie Messungen ergeben haben, findet sich PFAS unter anderem im Datteln-Hamm-Kanal, in der Seseke und in der Körne.
Nach Angaben des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW (Lanuv) wurden in Bergkamen zwischen 2017 und 2020 insgesamt 232 Wasserproben auf PFAS analysiert. In 196 Fällen wurden zwar keine PFAS nachgewiesen. In den anderen Wasserproben fanden sich die Stoffe jedoch. Im Datteln-Hamm-Kanal lag die höchste Konzentration bei 45 Nanogramm pro Liter.
Im Kuhbach in Oberaden wurden keine PFAS nachgewiesen. In der Seseke hinter der Kuhbachmündung betrug die maximale Belastung 36 Nanogramm pro Liter.
Bei Wasserproben in Kamen ergaben sich teilweise höhere Werte: In der Körne wurde die höchste Konzentration im Januar 2020 mit sechs Nanogramm pro Liter festgestellt. In der Seseke vor dem Kamener Stadtzentrum waren es bei einer Probe im August 2020 sogar 321 Nanogramm pro Liter.

Darüber hinaus gibt es in beiden Städten nach den Erkenntnissen eines gemeinsamen Rechercheteams von WDR, NDR und Süddeutscher Zeitung jeweils einen Verdachtspunkt, an dem sie mit einer erhöhten PFAS-Konzentration rechnen. In Bergkamen ist das am Biomasse-Kraftwerk auf dem Monopol-Gelände und in Kamen im Bereich des Klärwerks an der Körne-Mündung. Bestätigt ist die Belastung jedoch nicht.
Die Medien beteiligten sich an dem „Forever Pollution Project“. Bei der Suche nach solchen Verdachtspunkten hat das Rechercheteam eine wissenschaftliche Methode auf Europa übertragen, die von der Northeastern University in den USA entwickelt worden ist. Aufgrund dieser Methode hat es allein in Deutschland mehrere hundert Orte identifiziert, an denen PFAS zu vermuten ist.

Auch das Lanuv geht davon aus, dass die Chemikalien durch Verunreinigungen in den Boden gelangt sein könnten, zum Beispiel im Umfeld von Galvanikbetrieben, Altablagerungen oder durch PFAS-haltige Löschmittel, die in bestimmten Fällen von der Feuerwehr verwendet werden. Die in Oberflächengewässern festgestellten PFAS dürften vor allem aus Klärschlamm stammen, der auf Feldern aufgebracht wurde. Daher ist auch in Kläranlagen und ihrem Umfeld mit einer höheren PFAS-Konzentration zu rechnen.
In NRW gibt es schon länger und intensiver Analysen, bei denen nach den Stoffen gesucht wird, als in anderen Bundesländern – und zwar schon seit dem PFT-Skandal von 2006. Die Stoffe, die heute als PSAF bekannt sind, liefen damals noch unter dem Namen PFT (perfluorierte Tenside). 2006 wurde bekannt, dass mit PFT (PFAS) belastete Klärschlämme auf landwirtschaftliche Flächen als Dünger aufgebracht wurden – mit entsprechenden Auswirkungen auf Gewässer.

Lanuv-Sprecherin Birgit Kaiser de Garcia geht davon aus, dass in NRW weit mehr Punkte mit einer PFAS-Belastung bekannt sind als in anderen Bundesländern, weil seit 2006 intensiver danach gesucht wird.
Die Messwerte in Bergkamen und Kamen bedeuten übrigens noch keine allzu große Gefahr. Sie liegen in den meisten Fällen unter dem Mindestqualitätsziel der Trinkwasserkommission von maximal 100 Nanogramm pro Liter für die Summe aller PFAS. Das Lanuv geht deshalb davon aus, dass das Trinkwasser in NRW sicher ist.
Die Bundesregierung und vier weitere Länder haben übrigens das EU-weite Verbot von PFAS gefordert. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) empfiehlt nach Medienberichten pro Woche eine Maximalmenge von 4,4 Nanogramm pro Kilogramm Körpergewicht. Untersuchungen sollen gezeigt haben, dass Kinder und Jugendliche bereits eine hohe Menge von PFAS im Körper haben.