Blitzerfotos am laufenden Band Lukrativste Messstelle des Kreises ist in Unna

Redakteur
Der „Enforcement Trailer“ des Kreises Unna (hier auf einem Archivbild von der Kleistraße in Massen), erlaubt eine genauere statistische Auswertung der Kontrollergebnisse. In Königsborn erzielte der „Superblitzer“ 2022 ein Rekordergebnis.
Der „Enforcement Trailer“ des Kreises Unna (hier auf einem Archivbild von der Kleistraße in Massen) erlaubt eine genauere statistische Auswertung der Kontrollergebnisse. In Königsborn erzielte der „Superblitzer“ 2022 ein Rekordergebnis. © Hennes
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Die Zustimmung zu Tempokontrollen im Verkehr hängt oft von der Perspektive ab. Wer den Blitzer der Kreisverwaltung bei der Gartenarbeit aus seinem Vorgarten heraus beobachten kann, schätzt die Durchsetzung von Tempolimits vermutlich eher als derjenige, der das Blitzlicht auslöst. Umstritten sind Radarwagen und „Enforcement Trailer“ oft. Eine Messstelle in Unna löst nun aber eine besondere Kontroverse aus.

Denn sie hat 2022 den Jahresrekord für die ergiebigste Kontrollstelle des Kreises Unna hervorgebracht. In der Woche vom 16. bis zum 22. August fotografierte der abgestellte „Enforcement Trailer“ des Kreises 1139 Fahrzeuge, die zu schnell am Superblitzer des Kreises vorbeigefahren waren. 1112 dieser Messungen waren verwertbar und führten dazu, dass die Halter der jeweiligen Fahrzeuge eine Strafe erhielten. Der Schnellste von ihnen fuhr in den Tempo-30-Bereich mit 76 Stundenkilometern ein, musste 400 Euro Strafe zahlen und für einen Monat den Wagen stehen lassen. Zwei Punkte in Flensburg brachte der Verstoß zudem ein.

Erzielt wurde dieses Ergebnis an der Hammer Straße, kurz hinter dem Ortseingangsschild hinter dem Haus Kissenkamp. Diese Kontrollstelle ist einer von rund 500 Messpunkten, an denen die Kreisverwaltung in einer gewissen Regelmäßigkeit Radarwagen oder Superblitzer abstellt. Fünfmal habe der Kreis im vergangenen Jahr Kontrollen dort vorgenommen, erklärt Verwaltungssprecher Max Rolke. Begründet würden sie durch die hohe Zahl an Verstößen, aber auch mit der Durchsetzung des Tempolimits, das die Stadt aus Lärmschutzgründen verhängt hat, erklärt er.

Kritik: Bremsstrecke von 70 auf 30 zu kurz

Die reinen Zahlen scheinen die Begründung zu untermauern. Derartige Fangquoten erzielt auch der Superblitzer des Kreises nicht in jeder Woche. Und der Rekordraser des Jahres 2022 fuhr mit anrechnungsfähigen 43 km/h über Limit auch in der kreisweiten Statistik einen Top-10-Wert ein. Doch es gibt auch eine andere Sichtweise.

Ein Leser unserer Zeitung, der aus Scham anonym bleiben möchte, rügt die Position der Tempomessstelle. Sein ganzes Leben lang habe er nie ein Strafmandat bekommen, versichert der 85-Jährige, den auch unsere Redaktion als besonnenen Mann kennt. Nun erlebe er eine späte Premiere mit fast 100 Euro, weil er 46 Stundenkilometer fuhr, von 30 erlaubt sind. „Dieses Geld hätte ich lieber für einen guten Zweck gespendet“, sagt er.

Bereits kurz hinter der Ortseingangstafel steht  an der Hammer Straße in Unna das Tempo-30-Schild, der Blitzer folgt offenbar sehr bald dahinter. Ein „Geblitzter“ moniert, dass die Strecke für ein Verzögern ohne scharfes Bremsen recht kurz sei.
Bereits kurz hinter der Ortseingangstafel steht das Tempo-30-Schild, der Blitzer folgt offenbar sehr bald dahinter. Ein „Geblitzter“ moniert, dass die Strecke für ein Verzögern ohne scharfes Bremsen recht kurz sei. © Sebastian Smulka

Für eigene Fehler stehe er gerne ein, betont der Unnaer zudem, aber hier sei die Gefahr, geblitzt zu werden, auch für einen regelkonformen Autofahrer hoch. Die Hammer Straße sei an dieser Stelle breit und gut ausgebaut. Kurz vor dem Ortsschild gelte Tempo 70 als Limit, das 30er-Schild stehe direkt hinter der Ortstafel.

Tatsächlich hat unsere Redaktion auf einem Luftbild einen Abstand von etwa 12,50 Meter zwischen Ortsschild und Tempo-30-Schild gemessen. Der Blitzer habe relativ kurz dahinter gestanden, so der Senior. „Das waren vielleicht 20, 30 Meter, um von 70 auf 30 abzubremsen.“ Nach so kurzer Bremsstrecke bereits scharf zu schießen, das rieche nach Abzocke, meint er. Zumal andere Kommunen Tempobegrenzungen deutlicher kommunizieren, etwa auch durch große Piktogramme auf der Fahrbahn. Fragwürdig sei die Lage des Messpunktes auch angesichts der Begründung des Tempolimits für den Lärmschutz. Denn Vollbremsungen zu provozieren für den Lärmschutz, das leuchte ihm nicht wirklich ein.