Flut zerstörte Friedhof Preiswürdig: Unnaer Martin Struck räumt im Ahrtal auf

Redakteur
Martin Struck hat einen Preis für besonderes Engagement bekommen: Im Ahrtal hilft er immer noch dabei, dass nach der Flutkatastrophe die Friedhofskultur wieder lebendig wird.
Martin Struck hat einen Preis für besonderes Engagement bekommen: Im Ahrtal hilft er immer noch dabei, dass nach der Flutkatastrophe die Friedhofskultur wieder lebendig wird. © Privat
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Was im Sommer 2021 im Ahrtal passiert ist, haben in Westfalen viele schon fast vergessen. Martin Struck erinnert sich regelmäßig daran. Der Unnaer arbeitet nach wie vor ehrenamtlich für den Wiederaufbau an einer besonderen Stelle: dem Friedhof. Dafür hat er nun einen Preis bekommen.

Ins Auto gesetzt und ins Ahrtal gefahren

Der Hemmerder Martin Struck (66) war früher Chef der Dortmunder Friedhofsgärtner und ist heute „Erlebnisrentner“, wie er selbst sagt. Er engagiert sich in seinem Heimatdorf und im Kuratorium Immaterielles Erbe Friedhofskultur. Wie viele Menschen war er entsetzt, als er im Sommer 2021 von der verheerenden Flutkatastrophe im Ahrtal erfuhr. Er reagierte aber nicht nur mit Bestürzung, sondern mit Initiative, resultierend aus der Frage, wie man den Menschen im Flutgebiet helfen kann. „Ich habe mich einfach ins Auto gesetzt und bin dorthin gefahren“, erinnert sich Struck.

Der Friedhof in Ahrweiler war von der Flut zerstört worden, nach und nach wurden Grabstätten wieder hergerichtet.
Der Friedhof in Ahrweiler war von der Flut zerstört worden, nach und nach wurden Grabstätten wieder hergerichtet. © Privat

Flut zerstört Friedhof

Der Friedhof am Ahrtor in Bad Neuenahr/Ahrweiler war durch die Wassermassen verwüstet worden – genauer gesagt durch das, was das Wasser mit sich schleppte. „Bäume und Betonrohre haben den Friedhof zerstört“, erinnert sich Struck. Gemeinsam mit anderen Gärtnern sowie Garten- und Landschaftsbauern begann er im September 2021 mit dem Aufräumen. „Und wir sind immer noch zugange.“

Die Helfer der Aktion „Gärtner helfen Gärtnern“ befreien umgerissene Grabsteine von Schlamm und Dreck und richten sie wieder auf. Sie bepflanzen Beete neu und richten Grabstätten her, wenn Angehörige diese Hilfe brauchen. Manche hätten kein Geld dafür, andere keine Kraft, berichtet Struck,

Freude am Gemeinschaftsprojekt

„Es macht richtig Freude, dorthin zu fahren“, sagt Struck, der vor einigen Tagen erst wieder beim Einsatz im Ahrtal war. Aus dem ganzen Land kommen Ehrenamtliche wie er nach Ahrweiler, um zu arbeiten. Manche bleiben einen Tagen, andere, wie Struck selbst, sind mehrere Tage vor Ort und übernachten auch am Einsatzort. Er habe viele Kontakte geknüpft, und es seien auch Freundschaften entstanden. Immer wieder erlebe er beeindruckende Aktionen. So habe ein Gärtner für das Friedhofsprojekt 8000 erstklassige Stiefmütterchen gespendet. Früh morgens habe sich der Kollege in seiner Heimat Thüringen auf den Weg gemacht. 80 Bratwürste hatte er auch im Laster für die Versorgung der Helfer, berichtet Martin Struck.

„Gärtner helfen Gärtnern“: Mit vereinten Kräften räumen Fachleute aus verschiedenen Regionen im Ahrtal auf. Mitinitiator Martin Struck (4. v. r.) nahm dafür den Memento-Preis entgegen. © VFFK

Ein Ruhepol in schnelllebiger Zeit

Struck freut sich, dass es inzwischen eine Aufbaugesellschaft gibt, durch die der Friedhof neu gebaut wird. Dass es einen solchen Ort gibt, sei wichtig für die Menschen. „Der Friedhof ist der Ort der Lebenden“, sagt er. Auch aus seiner Arbeit in Hemmerde weiß er, dass Menschen einen Kommunikationsort brauchen, wo sie über ihre Trauer, aber auch über anderes sprechen können.

Im Ahrtal hätten Menschen Haus und Hof verloren. Dadurch, dass sie obendrein ihren Friedhof nicht mehr besuchen konnten, hätten sie auch keinen Ruhepol mehr gehabt. Dabei werde ein solcher Anlaufpunkt, der Stille bietet, immer wichtiger. „Wir leben in einer schnelllebigen Zeit“, sagt Struck.

Memento-Preis für Engagement

Für sein Engagement für den Friedhof am Ahrtor hat Martin Struck den Memento-Preis erhalten. Er wird verliehen vom Verein zur Förderung der deutschen Friedhofskultur. Dieser hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Schutzwürdigkeit der deutschen Friedhöfe zu unterstreichen. Gerade in Deutschland hätten Friedhöfe weitreichende kulturhistorische Bedeutung. Die Friedhofskultur ist anerkannt als immaterielles Kulturerbe. Und inzwischen ist auch die Stadt Unna offiziell der Charta Friedhofskultur beigetreten.

Mit der Unterschrift von Bürgermeister Dirk Wigant (M.) ist die Stadt Unna Anfang 2023 der Charta der Friedhofskultur beigetreten. Tobias Pehle und Martin Struck vom Kuratorium Immaterielles Erbe Friedhofskultur begrüßten dies ebenso wie der Beigeordnete Sandro Wiggerich und Claudia Keuchel als Vorsitzende des Kulturausschusses (v. l.)
Mit der Unterschrift von Bürgermeister Dirk Wigant (M.) ist die Stadt Unna Anfang 2023 der Charta der Friedhofskultur beigetreten. Tobias Pehle und Martin Struck vom Kuratorium Immaterielles Erbe Friedhofskultur begrüßten dies ebenso wie der Beigeordnete Sandro Wiggerich und Claudia Keuchel als Vorsitzende des Kulturausschusses (v. l.) © Archiv