Die Freimaurerei umgibt der Nebel des Unbekannten und Geheimen. Das liegt auch daran, dass Freimaurer sich seit Jahrhunderten zur Geheimhaltung verpflichten. Die Freimaurer in Unna erweisen sich allerdings als eine kleine Gruppe freundlicher und aufgeschlossener Männer. Sie stehen ganz normal im Leben, beschäftigen sich aber intensiv damit, ihr Leben besser zu führen.
Ethischer Initiations- und Männerbund
- Freimaurer haben ihren Ursprung in England. Steinmetze, die im Mittelalter am Bau großer Kathedralen beteiligt waren, schlossen sich in Bruderschaften zusammen und überlieferten ihre Regeln mündlich. Daher stammt die Tradition der Symbole (vor allem Winkel und Zirkel) und geheimen Erkennungszeichen - und die Regel, dass Freimaurerlogen Männern vorbehalten sind.
- Die zunächst handwerklichen Bruderschaften wurden später zu philosophischen. Der 24. Juni 1717 gilt als Geburtstag der modernen Freimaurerei: Die erste Großloge von England wurde in London gegründet.
- Herkunft, Beruf oder Vermögen dieser Männer spielen aber keine Rolle. Freimaurer betonen, dass bei ihnen ein „freier Mann von gutem Ruf“ willkommen sei. Ob jemand aufgenommen wird, entscheiden die Mitglieder der Loge nach einer längeren Phase des Kennenlernens.
- Freimaurer erklären selbst, sie hätten keine politische und keine religiöse Agenda. Diese Themen sind bei Tempelabenden tabu. Das Verhältnis der Kirche zur Freimaurerei ist angespannt, auch totalitäre Machthaber dulden Freimaurer in der Regel nicht.
Aus einem guten Mann einen besseren machen
„Das Ziel besteht darin, aus einem guten Mann einen besseren zu machen“, sagt Frank Schmidt. Er ist der Meister vom Stuhl. Dieser Rang entspricht dem des Vorsitzenden und gehört zu den vielen Dingen in der Freimaurerei mit seltsam anmutenden Namen. So passieren die wichtigsten Dinge in der Freimaurerei im „Tempel“: So wird der Raum genannt, den die Gruppe viermal im Jahr im Hotel Katharinen-Hof einrichtet. Dort verrichten die Brüder der Loge ihre Tempelarbeit.
Geheimes Ritual
Auf die Frage, wie genau diese Arbeit abläuft, antwortet Schmidt mit einem Lächeln. Es gibt Dinge, die die Freimaurer eben nicht verraten. Schmidt deutet an, dass das nach bestimmten Regeln ablaufende Ritual vergleichbar sei mit der Liturgie etwa im katholischen Gottesdienst. Ritualtexte werden auswendig vorgetragen. Sie sind eine Übersetzung eines englischen Textes, der offenbar seit rund 150 Jahren überliefert wird.
Benannt nach Kurt Tucholsky
Die Freimaurerloge Unna wurde 2013 gegründet. Benannt ist sie nach Kurt Tucholsky, dem gesellschaftskritischen Journalisten und Schriftsteller zur Zeit der Weimarer Republik. Etwa zu dieser Zeit hat es in Unna schon eine Freimaurerloge gegeben. Sie bestand von 1914 bis 1934 unter dem Namen „Zum Born der Wahrheit“.
Sprache verbindet Unna mit Bern
Die Unnaer Freimaurerloge ist eine von 17 deutschen Logen, die zur „Großloge der Britischen Freimaurer in Deutschland“ gehören. Alle anderen führen ihr Ritual auf Englisch durch, die Unnaer aber nutzen eine deutsche Übersetzung. Das verbindet sie mit Freimaurn in der Schweiz. So hatten die Unnaer Freimaurer kürzlich erst Brüder der Loge „Bon Accord“ aus Bern zu Besuch. Diese gibt es schon seit über 60 Jahren. Reisen und gegenseitige Besuche gehörten seit den Anfängen der Freimaurerei vor über 300 Jahren dazu. In zwei Tempelarbeiten, also rituellen Zusammenkünften, hätten Unnaer und Schweizer Brüder voneinander gelernt. Und auf diese erste Begegnung sollen weitere folgen.

Das Logo der Unnaer Loge: Winkel und Zirkel sind die traditionellen Zeichen der Freimaurer. Das Schachbrett steht für die Grafschaft Mark. Zu dieser gehörte Unna im Jahr 1717, als die moderne Freimaurerei entstand. Panther und Tiger stehen für Pseudonyme des namensgebenden Schriftstellers Kurt Tucholsky. Er nannte sich auch Peter Panter oder Theobald Tiger. © Freimaurer
Vom Lehrling zum Meister
Freimaurer sind Lehrlinge, wenn sie in eine Loge aufgenommen werden. Sie können zu Gesellen befördert und zu Meistern erhoben werden. An bestimmten Handgriffen bei der Begrüßung geben sie einander zu erkennen, dass sie Freimaurer sind und welchen Rang sie haben. Auch darüber geben sie ungern Details bekannt. Doch neben all diesen geheimen Traditionen wollen die Freimaurer vor allem Gutes bewirken, wie sie erklären, und das in zweierlei Hinsicht. Durch die Arbeit miteinander, man kann sie wohl als eine Form der Meditation verstehen, wolle jeder seine „Ecken und Kanten abschleifen“, sagt Meister Frank Schmidt. „Wir wollen uns selbst reflektieren und verbessern.“
Ziele
5 Grundpfeiler der Freimaurer
- Freiheit (innere und äußere Freiheit des Geistes)
- Gleichheit (aller Menschen vor dem Gesetz)
- Brüderlichkeit (als Verständigung und Vertrauen aller Menschen untereinander)
- Toleranz (als Verständnis für die Meinungen anderer Menschen)
- Humanität (Pazifismus und Nächstenliebe)
Menschliche Entwicklung
In sechs Jahren Freimaurerei habe er sich durchaus schon entwickeln können. Dass er ruhiger geworden sei, in vielen Situationen zu anderen Menschen eher wohlwollend als schroff, diese Rückmeldung habe er von Bekannten schon bekommen, berichtet Schmidt. Sein Mitbruder Jochen Wawrzynkowski erzählt, er habe durch die Freimaurerarbeit etwas für ihn Entscheidendes über Menschen begriffen: „Jeder hat seine eigene Realität.“ Meinungen über bestimmte Themen seien immer geprägt von persönlichen Erfahrungen, die ein Mensch macht. Er sei nun offener anderen gegenüber geworden, so Wawrzynkowski.
Interessant statt belanglos
Beide schätzen die Begegnung mit anderen interessanten Personen, die ihnen die Freimaurerei ermöglicht. Treffen mit anderen Logen gibt es regelmäßig. „Man wird überall als Bruder aufgenommen“, sagt Wawrzynkowski. Schmidt ergänzt, es würden unheimlich viele interessante Gespräche geführt. „Das ist kein belangloses Zeug. Man nimmt jedes Mal etwas mit nach Hause.“
Freimaurer untertützen Hospizarbeit
Gutes bewirken wollen die Freimaurer aber nicht nur innerhalb ihrer Kreise. Wohltätigkeit ist einer der Grundpfeiler der Freimaurerei. Und für die Unnaer Brüder bedeutet das im Moment vor allem, dass sie die Hospizarbeit unterstützen. Mit Spenden und dem Angebot zu helfen fördern sie ein Hospiz in Lünen. Demnächst wollen sie ihr Engagement auf das Heilig-Geist-Hospiz in Unna ausweiten.
Jahrgang 1979, stammt aus dem Grenzgebiet Ruhr-Sauerland-Börde. Verheiratet und vierfacher Vater. Mag am Lokaljournalismus die Vielfalt der Themen und Begegnung mit Menschen. Liest immer noch gerne Zeitung auf Papier.
