Holocaust Stolpersteine: Zwei Menschen aus USA hat diese Führung besonders berührt

Raulf
Im Rahmen des Festjahrs „1700 Jahre jüdisches Leben“ hatte Jürgen Düsberg (r.) bei einer Stolperstein-Führung interessierte Zuhörer - darunter auch besondere Gäste aus den USA: Suzy Perelman und Christian Regul (v. l.). © Raulf
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Pfarrer Jürgen Düsberg vom Arbeitskreis Spurensuche hatte bei einer seiner Führungen zu den Unnaer Stolpersteinen kürzlich spontane und besondere Gäste. Sie waren aus den USA angereist und sind eng verbunden mit einem der Opfer, über die Düsberg referierte. Die Gedenkkultur in Unna bewegte die Besucher.

Besucher aus New York City

Suzy Perelman und ihr Lebensgefährte Christian Regul leben in New York City. Sie sind Profimusiker, spielen unter anderem am weltberühmten Broadway. Er ist Deutscher, sie Amerikanerin. Sie kennen sich seit fünf Jahren.

Als Suzy Perelman vier Jahre alt war, trat ein anderer, besonderer Mensch in ihr Leben: Manfred Lindenbaum, dessen Tochter Suzys älterer Bruder heiratete. Und hier steckt die Verbindung nach Unna, eine Verbindung in das dunkelste Kapitel der Stadtgeschichte. Manfred Lindenbaum verbrachte die ersten Jahre seiner Kindheit in Unna mit seiner Familie – und verlor seine Lieben Anfang der 1940er-Jahre fast vollständig an die Mordmaschinerie der Nationalsozialisten.

Das Schicksal der Lindenbaums

Die jüdische Familie Lindenbaum betrieb ein Herrenbekleidungsgeschäft an der Massener Straße 3. 1939 wurde die Familie in einem Sammeltransport nach Polen gebracht. Die Kinder Siegfried und Manfred Lindenbaum erhielten die Chance, nach England zu reisen. Sie wurden gerettet, doch ihre Eltern und ihre Schwester Ruth blieben zurück. 1941 war eine Karte aus dem Konzentrationslager Majdanek das letzte Lebenszeichen, dann verlor sich die Spur. Siegfried und Manfred Lindenbaum emigrierten nach dem Krieg nach Amerika.

Vor zehn Jahren verlegte Gunter Demnig in der Massener Straße Stolpersteine für die Familie Lindenbaum. Unter den Zuschauern war ein Mann, der als ein Opfer der Nazis auf einem der Steine steht: Manfred Lindenbaum (kniend, Mitte).© Udo Hennes

Jahrzehnte später wurde „Manny“ Lindenbaum für die kleine Suzy Perelman wie ein zweiter Vater. Über viele Jahre habe er über seine Kindheit in Unna berichtet, sagte Perelman nun anlässlich ihres Besuchs in Unna. Die unvorstellbare Erfahrung, von den Eltern und der Schwester getrennt zu werden, die dann in den Lagern starben, ist immer ein Thema gewesen in dieser Familie in den USA.

Herzlichkeit trotz unvorstellbaren Leids

Später lernte dann auch der Deutsche Christian Regul diese Familie kennen. Suzy habe ihn oft dorthin eingeladen, auch zu hohen jüdischen Feiertagen. „Ich war immer wieder begeistert, wie warm ich aufgenommen wurde“, berichtet Regul. „Bei diesen Gelegenheiten habe ich auch Manfred Lindenbaum kennengelernt, einen unglaublich warmen und herzlichen Menschen. Schwer zu glauben nach allem, was er als Kind durchmachen musste.“

Suzy Perelman erinnert sich, Manfred Lindenbaum habe erzählt, wie bewegt er sei von den Menschen im heutigen Unna, die ihn geehrt hätten, ihn und die vielen anderen Juden, die deportiert worden waren.

Respekt für die Opfer des Holocaust

Die Schicksale der Lindenbaums und vieler anderer jüdischer Familien werden den Besuchern bei Stolperstein-Führungen in Unna nahegebracht. In diesem Fall allerdings waren die entsprechenden Stolpersteine nicht vorhanden: Im Zuge der Bauarbeiten in der Massener Straße wurden sie ausgebaut und eingelagert.

Doch am alten Wohnsitz der Lindenbaums zeigte Jürgen Düsberg alte Fotos der Familienmitglieder. Die Bilder wurden unter den Zuhörern herumgereicht. „Was für eine bedeutsame Erfahrung es für mich war, Mannys Geschichte zu hören, wie sie Menschen erzählt wurde, die heute in Unna oder in der Nähe leben“, sagt Suzy Perelman. „Jeder, der zuhörte, war wirklich interessiert, die Geschichte zu verstehen und den Opfern des Holocaust Respekt zu zollen.“

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