Gericht will über Le Pens Berufung bis Sommer 2026 urteilen Kandidatur-Verbot nach Verurteilung

Ein Gericht hatte Le Pen befristet, aber mit sofortiger Wirkung von Wahlen ausgeschlossen.
Die rechtsnationale französische Politikerin Marine Le Pen trifft vor einem Pariser Gericht ein, von dem ein Urteil in einem Veruntreuungsfall erwartet wird. © Michel Euler/AP/dpa
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Update 1.4., 21.54 Uhr: Das Pariser Berufungsgericht will über den Einspruch der Rechtsnationalen Marine Le Pen gegen ihre Verurteilung wegen Veruntreuung öffentlicher Gelder bis Sommer 2026 entscheiden. Im Fall einer für die Politikerin günstigen Entscheidung stände ihrer Kandidatur bei der Präsidentschaftswahl 2027 damit anders als zunächst von ihr befürchtet nichts im Wege.

Gegen das Urteil gegen Le Pen, ihre Partei Rassemblement National und weitere Parteiverantwortliche wegen der Veruntreuung von EU-Geldern seien drei Berufungen eingegangen, teilte das Gericht am Abend mit. Das Gericht werde die Berufungen „innerhalb einer Frist prüfen, die eine Entscheidung im Sommer 2026 ermöglichen soll“, hieß es weiter.

Der am heftigsten kritisierte Teil der Strafe gegen Le Pen war, dass die Fraktionschefin des rechten Rassemblement National (RN) fünf Jahre lang nicht bei Wahlen antreten darf. Die Strafe tritt sofort in Kraft – anders als eine teils auf Bewährung ausgesetzte Haftstrafe.

Mit Blick auf die üblicherweise lange Dauer eines Berufungsprozesses hatte Le Pen zunächst befürchtet, nicht wie geplant bei der Präsidentschaftswahl 2027 kandidieren zu können. Sie und ihre Partei hatten von einem politischen Urteil gesprochen mit dem Ziel, sie für die Wahl zu eliminieren.

Le Pen ruft zu „friedlicher Volksmobilisierung auf

Update 1.4., 6.30 Uhr: Nach der aufsehenerregenden Verurteilung der rechtsnationalen französischen Spitzenpolitikerin Marine Le Pen wegen der Veruntreuung öffentlicher EU-Gelder mobilisiert ihre Partei zu einem frankreichweiten Protest. „Ich rufe zu einer friedlichen Volksmobilisierung auf“, erklärte der Chef des Rassemblement National (RN), Jordan Bardella, am Abend. „Wir werden in den nächsten Wochen überall vor Ort sein. Denjenigen, die sich von der Demokratie abwenden wollen, werden wir zeigen, dass der Wille des Volkes am stärksten ist.“ Derweil kündigte Le Pen an, Berufung gegen das Urteil einlegen zu wollen.

Die Mehrheit der Franzosen hält das Gerichtsurteil dagegen für gerecht. Laut einer Umfrage des Instituts Elabe für den Sender BFMTV sind 42 Prozent der befragten Franzosen mit der Gerichtsentscheidung einverstanden, 29 Prozent nicht. Weitere 29 Prozent waren neutral.

Le Pen sieht sich als Opfer eines politischen Urteils

Update 31.3., 21.48 Uhr: Frankreichs Rechtsnationale Marine Le Pen sieht sich nach dem Schuldspruch wegen Veruntreuung öffentlicher Gelder als Opfer eines politischen Urteils. „Heute Abend gibt es Millionen von Franzosen, die empört sind, und zwar in einem unvorstellbaren Ausmaß empört sind, wenn sie sehen, dass in Frankreich, dem Land der Menschenrechte, Richter Praktiken eingeführt haben, von denen man dachte, sie seien autoritären Regimen vorbehalten“, sagte Le Pen am Abend dem Sender TF1.

Im Grunde habe die Richterin ihr verkündet: „Ich werde Sie sofort unwählbar machen, und ich tue dies, um zu verhindern, dass Sie zur Präsidentin der Republik gewählt werden können. Wenn das keine politische Entscheidung ist, weiß ich es auch nicht.“

Die Rechtsstaatlichkeit ist aus Sicht Le Pens durch das Urteil gegen sie vollständig verletzt worden. Millionen von Franzosen seien durch eine Richterin in erster Instanz der Kandidatin beraubt worden, die aktuell Favoritin für die Präsidentschaftswahlen 2027 sei.

Le Pen will so schnell wie möglich Berufung einlegen, aber die Chancen sind gering, dass es in höherer Instanz einen Entscheid rechtzeitig vor der Präsidentschaftswahl im Frühjahr 2027 gibt.

Le Pen: „Werde mich nicht einfach so beseitigen lassen“

Update 31.3., 21.20 Uhr: Frankreichs Rechtsnationale Marine Le Pen will nach ihrer Verurteilung wegen Veruntreuung öffentlicher Gelder für einen schnellen Berufungsprozess kämpfen, damit sie bei der Präsidentschaftswahl 2027 antreten kann. Sie sei kämpferisch, sagte Le Pen am Abend dem Sender TF1. „Ich werde mich nicht einfach so beseitigen lassen. Ich werde die Rechtsmittel nutzen, die ich ergreifen kann.“

Sie werde sich für eine schnelle Berufungsentscheidung einsetzen, damit das gegen sie mit sofortiger Wirkung verhängte befristete Verbot, bei Wahlen anzutreten, rechtzeitig aufgehoben wird. „Ich werde so vorgehen, dass die Berufungsentscheidung getroffen wird, damit ich eine Kandidatur für die Präsidentschaftswahlen in Betracht ziehen kann.“

Wenn dies nicht gelinge, könne ihr politischer Ziehsohn und Parteichef Jordan Bardella (29) an ihrer Stelle für das höchste Staatsamt kandidieren, ließ sie durchblicken. „Jordan Bardella ist eine großartige Bereicherung für die Partei, und das sage ich schon lange. Ich hoffe, dass wir auf diesen Trumpf nicht eher zurückgreifen müssen, als es notwendig ist.“

Was bedeutet das Urteil für die politische Stimmung in Frankreich?

Update 31.3., 15.45 Uhr: Manch ein politischer Gegner dürfte sich angesichts des weitreichenden Strafmaßes die Hände reiben – doch so einfach ist es nicht. Selbst moderate Politiker hatten davor gewarnt, Le Pen mit einem Ämterverbot zu belegen. Die Staatsanwaltschaft hatte argumentiert, dass gleiches Recht für alle gelten solle. Doch nun wird die beliebteste Politikerin aus dem Verkehr gezogen – und damit eine, deren Anhänger immer wieder den Rechtsstaat und die Unabhängigkeit der Justiz infrage stellen.

Im November hatte Gérald Darmanin, heutiger Justizminister, das Szenario, dass Le Pen mit einem Ämterverbot belegt werden könnte, als „zutiefst schockierend“ bezeichnet. „Der Kampf gegen Madame Le Pen findet an den Wahlurnen statt, nicht anderswo.“ Er fügte hinzu: „Lasst uns keine Angst vor der Demokratie haben und es vermeiden, den Unterschied zwischen den „Eliten“ und der großen Mehrheit unserer Mitbürger noch weiter zu vertiefen.“

Zwei Jahre Haft mit Fußfessel und Geldstrafe

Update 31.3., 13.10 Uhr: Marine Le Pen ist zu zwei Jahren Haft mit Fußfessel verurteilt worden. Zwei weitere Jahre Haft setzte das Strafgericht in Paris zur Bewährung aus. Außerdem wurde eine Geldstrafe von 100.000 Euro verhängt.

Mit Blick auf die Haftstrafe mit Fußfessel war die genaue Ausgestaltung der Strafe zunächst unklar. Es ist aber gängige Praxis, dass dies erst erfolgt, wenn das Urteil rechtskräftig ist. Frankreichs ehemaliger Präsident Nicolas Sarkozy sitzt derzeit zu Hause eine Haftstrafe mit Fußfessel ab und hat strikte Ausgangsbeschränkungen auferlegt bekommen.

Urteil: Le Pen kann ab sofort nicht mehr bei Wahlen antreten

Update 31.3., 12.15 Uhr: Die rechtsnationale französische Politikerin Marine Le Pen kann aller Voraussicht nach nicht bei der Präsidentschaftswahl 2027 kandidieren. Nach einem Schuldspruch in der Affäre um Scheinbeschäftigung von Mitarbeitern im Europaparlament verhängte das Gericht in Paris mit sofortiger Wirkung die Strafe der befristeten Unwählbarkeit für politische Ämter.

Das Urteil kann angefochten werden. Es gilt gemeinhin aber als unwahrscheinlich, dass ein Berufungsprozess zu einem schnellen Ergebnis kommen würde.

Noch bevor die Vorsitzende Richterin das komplette Urteil und die vollständige Strafe gegen Le Pen verkündete, verließ die Politikerin den Gerichtssaal. Ihr droht außerdem eine Haft- und eine Geldstrafe.

Für die rechte Partei und Le Pens politische Ambitionen ist das Ergebnis des Prozesses ein Desaster. Der vorübergehende Verlust des passiven Wahlrechts ist in Frankreich eine gängige Strafe, wenn Politiker wegen Korruption und Untreue verurteilt werden. Dennoch gilt es aufgrund der großen Beliebtheit von Le Pen als heikel – auch moderate Politiker hatten Bedenken angemeldet, da es das Narrativ befeuern könnte, das Urteil sei politisch motiviert, um Le Pen als Präsidentin zu verhindern.

Frankreichs Rechtsnationale Marine Le Pen (M), trifft zu einem Prozess wegen des Verdachts der Veruntreuung öffentlicher Gelder des Europäischen Parlaments ein.
Le Pen ist in der Affäre um mögliche Scheinbeschäftigung von Mitarbeitern im Europaparlament verurteilt worden.© Alain Jocard/AFP/dpa

Le Pen wegen Veruntreuung von EU-Geld schuldig gesprochen

Erstmeldung vom 31.3., 11.03 Uhr: Die rechtsnationale französische Politikerin Marine Le Pen ist in der Affäre um die mögliche Scheinbeschäftigung von Mitarbeitern im Europaparlament schuldig gesprochen worden. Das Strafmaß wollte das Gericht in Paris im Anschluss bekanntgegeben. Von dem Urteil hängt ab, ob die rechtspopulistische Politikerin bei der Präsidentschaftswahl 2027 kandidieren kann oder nicht.

Es wird erwartet, dass Le Pen gegen das Urteil Berufung einlegen wird. Es dürfte ein langer Weg durch die gerichtlichen Instanzen folgen.

Das Gericht könnte einen fünfjährigen Verlust des passiven Wahlrechts gegen Le Pen verhängen, womit die Politikerin zeitweise nicht mehr in öffentliche Ämter gewählt werden könnte. Das Gericht könnte die sofortige Wirkung dieser Strafe auch ungeachtet der erwarteten Berufung anordnen. Damit wäre Le Pens geplante Kandidatur für das Präsidentenamt blockiert. Das Gericht könnte diese Strafe allerdings auch verhängen, aber diese erst später wirksam werden lassen, also nach einem rechtskräftigen Urteil.

Berufung von Le Pen wird erwartet

„Es ist mein politischer Tod, der gefordert wird mit vorläufiger Vollstreckung, und das ist, glaube ich, von Anfang an das Ziel dieser Operation“, hatte Le Pen auf die Forderung der Anklage reagiert, ihre Unwählbarkeit für politische Ämter vorläufig und sofort vor Rechtskraft des Urteils umzusetzen.

Unabhängig davon wird erwartet, dass Le Pen gegen das Urteil Berufung einlegt und ein langer Weg durch die gerichtlichen Instanzen folgt. Bis zum Ende der Wahlperiode kann Le Pen aber weiter als Abgeordnete im Parlament sitzen, wo sie Fraktionsvorsitzende ist.

Die französische Abgeordnete Marine Le Pen spricht vor der Presse in Mikrofone.
Le Pen ist in der Affäre um mögliche Scheinbeschäftigung von Mitarbeitern im Europaparlament schuldig gesprochen worden.© Thibault Camus/AP/dpa

Zentraler Vorwurf in dem Prozess war, dass Le Pens Partei Rassemblement National Geld für parlamentarische Assistenten vom Europäischen Parlament bekommen hat, die aber teilweise oder ganz für die Partei gearbeitet hätten. Die Affäre hatte Le Pen und ihre Partei seit Jahren belastet.

Rassemblement National so stark wie nie

Das Debakel vor Gericht trifft die rechtsnationale Partei in Frankreich in einem ungünstigen Moment. Seit einer Weile ist sie beständig auf dem Vormarsch und im Parlament inzwischen so stark vertreten wie noch nie. Die von ihrem kürzlich verstorbenen Vater Jean-Marie gegründete rechtsextremistische Front National benannte Marine Le Pen 2018 in Rassemblement National um und verzichtete auf allzu radikale Positionen, um die Partei auch für breitere Schichten der Bevölkerung wählbar zu machen.

Le Pen wies Vorwürfe stets zurück

Le Pen hat die Vorwürfe gegen sie stets zurückgewiesen. „Ich habe nicht das Gefühl, die geringste Regelwidrigkeit, die geringste Rechtswidrigkeit begangen zu haben“, sagte sie im Prozess.

Mit ihr wurden acht weitere Abgeordnete ihrer Partei im Europaparlament schuldig gesprochen, sowie 12 parlamentarische Assistenten. Im Raum stand die mögliche Scheinbeschäftigung von Assistenten durch mehrere französische Europaabgeordnete.

dpa

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