Morddrohungen gegen Sylter Pony-Club-Betreiber Nach rassistischem Skandalvideo

Terrasse des Club «Pony» in Kampen (Sylt)
Terrasse des Club «Pony» in Kampen (Sylt): Hier hatten Party-Gäste zu Pfingsten rassistische Lieder gegrölt. © Lea Sarah Albert/dpa
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Nach dem Bekanntwerden rassistischer Gesänge junger Partygäste auf Sylt haben die Betreiber des Pony Clubs in Kampen eigenen Angaben zufolge Morddrohungen erhalten.

„Wir werden aufs Übelste beleidigt und erhalten Morddrohungen“, schreiben sie auf dem Instagramprofil des Clubs. Dazu veröffentlichten sie eine Sequenz aus einem Überwachungsvideo, das die Szene aus einem anderen Blickwinkel zeigt. „An alle, die ständig fragen: ‚Hat man das nicht mitbekommen?‘ Ihr seht selbst, dass die Mehrheit auf dem Video ihren Spaß hat, während eine kleine Gruppe etwas skandiert, das mit unseren Grundwerten nicht vereinbar ist.“

Man habe sich nach langer Überlegung entschlossen, das Video zu veröffentlichen, „um uns, unsere Mitarbeiter und unsere treuen Gäste zu schützen“. Bereits in den vergangenen Tagen hatten die Betreiber des Lokals betont, dass das Personal nichts von dem Vorfall mitbekommen habe. Zuvor hatten Medien berichtet.

Die bekannte Bar Pony hatte nach Bekanntwerden des kurzen Videos Strafanzeige gestellt, der Staatsschutz der Polizei ermittelt wegen Volksverhetzung und des Verwendens verfassungswidriger Kennzeichen.

Die rassistischen Gesänge junger Partygäste auf Sylt alarmieren die Politik und schüren Ängste vor einem Rechtsruck bis hinein in die gesellschaftlichen Eliten. Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, sagte am Wochenende, menschenfeindliche Ideologie sei inzwischen ganz offensichtlich „Teil der Popkultur“. Und sie sei in Milieus salonfähig, denen klar sein müsse, dass Ausländer maßgeblich zum Wohlstand beitrügen. Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) sagte: „Wer so rumpöbelt, ausgrenzt und faschistische Parolen schreit, greift an, was unser Land zusammenhält.“ Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) rief zu Zivilcourage in solchen Situationen auf.

Mahnwache auf Sylt

Als Reaktion auf das Video mit rassistischem Gegröle auf Sylt haben sich mehrere Dutzend Menschen zu einer Mahnwache im Inselort Kampen versammelt. Die Veranstaltung mit etwa 70 bis 80 Teilnehmern sei ohne Störungen verlaufen, sagte eine Polizeisprecherin. Zu dem Protest hatte ein Zusammenschluss zivilgesellschaftlicher Gruppe von Sylt aufgerufen. Auf einem Plakat war etwa zu lesen „Sylt. Oben links. Nicht rechts!“

Vonseiten der Veranstalter hieß es bei der Kundgebung zu dem auf Video dokumentierten Vorfall im Lokal Pony: „Das macht einen betroffen, und das macht einen besorgt, dass so etwas hier auf Sylt stattfindet.“

Auch am kommenden Sonntag soll es eine Demonstration unter dem Motto „Sylt gegen rechts!“ geben. „Wir zeigen klare Kante: Rassismus und rechtsextremes Gedankengut haben keinen Platz auf Sylt. Egal ob Inselbewohner oder Tourist, wir stehen für eine bunte und lebenswerte Insel“, sagte eine Vertreterin von „Sylt gegen rechts“.

Konsequenzen für Beteiligte

Für manche Beteiligte hat das rassistische Gegröle bereits ein berufliches Nachspiel. Die Werbeagentur-Gruppe Serviceplan Group erklärte am Freitagabend auf Instagram, sie habe einen Mitarbeiter fristlos entlassen, der an dem Vorfall beteiligt gewesen sei. „Wir tolerieren Rassismus in jeglicher Form innerhalb unserer Agenturgruppe nicht“, erklärte das Unternehmen.

Die Hamburger Influencerin Milena Karl entließ nach eigenen Angaben ebenfalls eine Mitarbeiterin, die an dem Vorfall beteiligt gewesen sei. „Abgesehen von dem ohnehin abscheulichen Inhalt des Videos hat es mich schockiert, verletzt und enttäuscht, zu sehen, dass eine der Personen aus dem Video mit mir in einem Anstellungsverhältnis stand“, schrieb sie in einer Instagram-Story. Sie habe das Arbeitsverhältnis mit sofortiger Wirkung aufgelöst und distanziere sich ausdrücklich „von sämtlichen Personen, die in diesem Video auftreten“. „Ich bin selbst Migrantin und als werdende Mutter steht alles, was in diesem Video zu sehen ist, für eine Gesellschaft, in der ich mein Kind nicht großziehen möchte.“

SPD zieht Insta-Post zurück

Die SPD wollte am Freitag mit einem Instagram-Post Front machen gegen das rassistische Partygegröle auf Sylt – stieß aber vor allem auf Unverständnis und Kritik und korrigierte sich schließlich. Mit Bezug auf die dort gerufenen Parolen hatte die Partei auf der Plattform unter schwarz-rot-goldenem Banner ursprünglich geschrieben: „Deutschland den Deutschen, die unsere Demokratie verteidigen.“ Nach einer Vielzahl negativer Reaktionen wurde der Post aber gelöscht. Eine Parteisprecherin bestätigte am Freitagabend auf Anfrage den Inhalt der nicht mehr abrufbaren Nachricht.

Stattdessen schrieb die Partei (Rechtschreibung wie im Original): „Wir haben gerade einen Post veröffentlicht mit dem wir auf’s Schärfste verurteilen, was wir alle in einem Video aus Sylt gesehen haben. Dabei haben wir es nicht geschafft, einen Ton zu treffen, der alle mitnimmt. Dafür möchten wir uns aufrichtig entschuldigen. Uns geht es darum, klar zu machen, dass wir dieses Land nicht den Rechtsextremen und Hasspredigern überlassen wollen.“

Vorfälle auch in Bayern und Niedersachsen

Auch der Club Rotes Kliff im Nobelort Kampen berichtete von einem „Rassismus-Vorfall“ zu Pfingsten. Die betroffenen Personen seien des Clubs verwiesen worden und hätten jetzt Hausverbot, schrieben die Betreiber am Freitag auf Instagram.

Doch Sylt ist kein Einzelfall. Schon in den vergangenen Monaten gab es immer wieder Vorfälle, bei denen zu dem Lied Nazi-Parolen gerufen wurden – etwa in Bayern und Mecklenburg-Vorpommern. In der Oberpfalz ermittelte die Polizei nach einem möglichen Vorfall bei einem Faschingszug im Februar.

In Erlangen skandierten – wie auf Sylt – zwei Männer auf der Bergkirchweih rassistische Parolen zum Lied „L’amour toujours“. Wie die Polizei am Samstag mitteilte, bekamen die Verdächtigen im Alter von 21 und 26 Jahren am Freitagabend ein Betretungsverbot – der Staatsschutz leitete Ermittlungen ein.

Schon am Freitag wurde bekannt, dass es ebenfalls an Pfingsten in Niedersachsen zu einem ähnlichen Fall kam. Auch auf dem Schützenfest im niedersächsischen Löningen westlich von Cloppenburg wurden rassistische Parolen gegrölt, auch zu „L’amour toujours“, auch dort ermittelt der Staatsschutz.

dpa

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