Studie vor Landtagswahlen Viele Jungwähler haben Angst vor der AfD – und vor den Grünen

Wahlplakate der SPD, der Grünen und der AfD hängen in einem Bogen an Straßenlaternen. Am 22. September findet die Landtagswahl in Brandenburg statt.
Wahlplakate der SPD, der Grünen und der AfD hängen in einem Bogen an Straßenlaternen. Am 22. September findet die Landtagswahl in Brandenburg statt. © picture alliance/dpa
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Sich politisch links einordnen und trotzdem rechts wählen – unter Erstwählerinnen und Erstwählern in Thüringen, Sachsen und Brandenburg ist das keine Seltenheit. Das Institut für Generationenforschung unter der Leitung des Psychologen Rüdiger Maas hat dazu eine neue Studie vorgestellt: Mit Blick auf die kommenden Landtagswahlen wurden rund 1000 junge Menschen aus Ostdeutschland im Alter von 16 bis 25 Jahren zu ihren Ängsten, Wünschen und ihrem Wahlverhalten befragt. Zum Vergleich gab es eine westdeutsche Kontrollgruppe. Im Mittelpunkt: Die Motivation hinter der Wahlentscheidung junger Leute zu beleuchten.

Dabei war besonders auffällig, dass junge Erstwähler in Deutschland das klassische Verständnis von links und rechts in der Politik eher ablehnen. Gerade deswegen sei das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) bei den jungen Menschen so beliebt, folgern die Forschenden. Dennoch liegen CDU und AfD unter den jungen Wählerinnen und Wählern vorne. 30 Prozent der Befragten im Osten und ein Viertel derjenigen im Westen gaben an, Angst vor den Grünen zu haben. Sie würden als extremistisch und Verbotspartei wahrgenommen werden. Größer war demnach nur die Angst vor der AfD mit 65 Prozent im Osten und 74 Prozent im Westen.

Wen würden Erstwähler wählen, wenn am Sonntag Bundestagswahl wäre?

Rüdiger Maas sieht den dringenden Wunsch nach Wandel. „Junge Wähler und Wählerinnen sehen in Parteien wie AfD und BSW die Möglichkeit eines radikalen Wandels. Der steht bei der Wahlentscheidung an erster Stelle, unabhängig davon, wie er genau aussehen wird.“

Die Jugendwahlstudie zeige eine Generation, die sich von traditionellen politischen Einordnungen löse und sich immer mehr zu Extremen hingezogen fühle. Parteien, die klare Positionen einnehmen und auf Social Media stark präsent sind, hätten bei jungen Wählerinnen und Wählern aktuell die besten Chancen.

Soziale Medien als wichtigste Informationsquelle

Junge Menschen nutzen demnach vor allem Social-Media-Plattformen als Informationsquellen über politische Themen – Instagram und Youtube. Aber auch die Websites der Parteien würden zurate gezogen, gerade unter den AfD-Wählerinnen und -Wählern, zeigt die Studie.

Auf Social Media würden Inhalte oft stark emotional aufgeladen, um die Aufmerksamkeit der User zu generieren. Das habe zur Folge, dass Faktenwissen zweitrangig werde. „Durch Social Media entsteht häufig ein sogenannter Bestätigungsfehler. Hier werden Informationen so ausgewählt und interpretiert, dass diese die eigenen Erwartungen bestätigen“, erklärt Generationenforscher Maas.

Als größtes Problem sei aus allen politischen Richtungen vorrangig Migration genannt worden. Danach folgen Klimawandel und Rechtsextremismus, die als gleichwertiges Problem wahrgenommen werden. Viele junge Wählerinnen und Wähler würde zudem die politische Meinung ihrer Eltern übernehmen. Aber auch medienwirksame politische Ereignisse seien sehr relevant.

„Solingen wird eine große Rolle in der Wahl am kommenden Sonntag spielen“, so Psychologe Maas. „Wir gehen davon aus, dass noch mal 3 bis 4 Prozentpunkte auf AfD und BSW übergehen werden.“ Grund dafür sei vor allem das schnelle Aufgreifen der Geschehnisse auf Social Media. „Während Regierungsparteien und Presse noch abgewartet haben, wurde gerade auf X von AfD- und BSW-Anhängern schon spekuliert und Videos vom Tatort geteilt. Das hat natürlich große Wellen geschlagen. Dadurch, dass sich die Vermutungen vorerst bestätigt haben, ist der Unmut nun groß.“

Das Institut für Generationenforschung legt als Konsequenz der Studie auch einige Handlungsempfehlungen zur „Förderung unvoreingenommener politischer Bildung“ vor. Hierbei liegt der Fokus auf Aufklärung.

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