
Der CNN-Bericht über angebliche russische Anschlagspläne gegen Rheinmetall-Chef Armin Papperger sorgt in Deutschland für Entrüstung. „Es zeigt sich einmal mehr, dass Russland seinen Krieg und seinen Terror auch nach Europa trägt“, sagte der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Marcus Faber (FDP), der „Bild“-Zeitung. „Das Putin-Regime trachtet nun auch deutschen Staatsbürgern nach dem Leben.“
Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses, Michael Roth (SPD), sagte dem Blatt, Kremlchef Wladimir Putin führe „nicht nur einen Vernichtungskrieg gegen die Ukraine, sondern auch gegen ihre Unterstützer und unsere Werte“.
Wie CNN berichtet, haben US-Geheimdienste Anfang des Jahres Pläne der russischen Regierung aufgedeckt, den deutschen Manager zu ermorden. Informierten Kreisen zufolge hat er schon seit Monaten „massiven Personenschutz“. Der Kreml dementierte die angeblichen Anschlagspläne.
Bei einem öffentlichen Auftritt im Mai in Düsseldorf wurde Papperger von mehreren Polizisten in Zivil begleitet, vor der Tür standen Polizeiautos und Streifenpolizisten. Die Behörden ermöglichten „ein hohes Maß an Sicherheit um meine Person“, sagte der 61-Jährige der „Financial Times“, nachdem der CNN-Bericht über die angeblichen russischen Pläne bekannt wurde. Er fühle sich immer sicher, er sei „ein sehr glücklicher Mann“.
USA und Deutschland arbeiten zusammen

Rheinmetall-Chef Papperger sucht die Öffentlichkeit
In der deutschen Rüstungsbranche nimmt Papperger eine Sonderrolle ein. Zum einen ist seine Firma mit großem Abstand die Nummer 1 der heimischen Waffenschmieden, zum anderen tritt er ganz anders auf als andere Rüstungsmanager: Während die Branchenkollegen die mediale Öffentlichkeit eher meiden oder sie nur selten nutzen, begibt sich der 61-Jährige zielstrebig immer wieder in das mediale Scheinwerferlicht und gibt Interviews.
Er erklärt dabei stets geduldig, wie wichtig Rüstungsgüter seien zur Verteidigung westlicher Werte und dass seine Firma dabei ihren Beitrag leisten wolle. Kürzlich wurde er gefragt, was sein größter Erfolg im vergangenen Geschäftsjahr war. „Das größte Erfolgserlebnis für mich war, wie stark wir der Ukraine helfen konnten“, sagte Papperger. „Diese Menschen kämpfen mit ihrem Blut für die Freiheit Europas.“ Rheinmetall habe der Ukraine „extrem viel“ liefern können. Solche Äußerungen machen deutlich, dass Rheinmetall für den Kreml durchaus ein Dorn im Auge sein dürfte.
Rheinmetall: Waffenlieferungen im großen Stil
Die Liste der Rüstungsgüter aus Rheinmetall-Produktion, die von der Bundesregierung gekauft und dann in die Ukraine verschickt wurden, ist lang. Darunter sind Panzer, Flugabwehr-Geschütze und vor allem die immens wichtige Artilleriemunition. Im Juni hat Rheinmetall eine Reparaturwerkstatt für Schützenpanzer in der Westukraine eröffnet. Geplant ist auch die Panzerproduktion vor Ort in dem von Russland angegriffenen Staat.
In der Munitionssparte hat Rheinmetall seine Produktionskapazitäten stark ausgeweitet, die Firma ist der größte Fabrikant von Artilleriemunition in der westlichen Welt. Waren vor dem Ukraine-Krieg pro Jahr nur 70.000 Schuss im 155-Millimeter-Kaliber produziert worden, so sollen es 2027 schon 1,1 Millionen sein. Ein großer Teil der aktuellen Produktion geht in die Ukraine.
Als Folge des Ukraine-Kriegs hat der Konzern mit seinen rund 30.000 Beschäftigten volle Auftragsbücher, der Umsatz steigt und steigt. Dank des strammen Wachstums ist das Unternehmen inzwischen in der obersten deutschen Aktienliga Dax gelandet.
Sponsoring soll Firmenimage aufpolieren
Die Firma nutzt die vollen Kassen inzwischen auch für umfangreiches Sponsoring im Profisport, etwa beim Fußball-Bundesligisten Borussia Dortmund. Dadurch soll das Firmenimage aufpoliert und ein Beitrag geleistet werden, damit die Gesellschaft den Waffenproduzenten nicht als Schmuddelkind unter den deutschen Konzern begreifen, sondern als Lieferanten von Produkten, die für die Wahrung von Sicherheit und Freiheit der westlichen Welt nötig sind.
Sollte der CNN-Bericht stimmen, so wäre es nicht die erste russische Bedrohung, der sich Rheinmetall ausgesetzt sieht. Als Papperger im März 2023 den Plan öffentlich machte, in der Ukraine eine Panzerfabrik zu bauen, drohte der russische Ex-Präsident Dmitri Medwedew mit dem Beschuss der Anlagen durch russische Marschflugkörper.
„Bisherige Reaktionen waren zu zaghaft“
CNN beruft sich auf fünf mit der Situation vertraute Beamte aus den USA und anderen westlichen Staaten. Ein deutscher Regierungsbeamter bestätigte dem Sender demnach, dass man in Berlin entsprechende Warnungen aus den USA bekommen habe.
Der Grünen-Sicherheitsexperte Konstantin von Notz fordert ein hartes Durchgreifen, falls sich der Bericht als wahr erweist. „Die Reaktion auf vergleichbare Vorfälle in der Vergangenheit waren oft zu zaghaft und unentschlossen“, sagte der Vorsitzende des Parlamentarischen Kontrollgremiums, das auch für die Geheimdienste zuständig ist, den Zeitungen der Funke Mediengruppe.
„Bis heute wollen viele die Ernsthaftigkeit des Konflikts und die Entschlossenheit der anderen Seite nicht wahrhaben“, sagte von Notz mit Blick auf die russische Aggression. „Wir müssen verstehen, dass es sich längst nicht mehr um singuläre Vorfälle handelt, sondern unsere Demokratie und unser Rechtsstaat gezielt von verschiedenen autoritären Staaten ernsthaft bedroht und auch angegriffen werden.“
Bis 2026 will Rheinmetall seine jährliche Produktion von Artilleriegranaten auf 1,1 Millionen Schuss steigern, wie Papperger der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ sagte. Vor dem russischen Krieg gegen die Ukraine waren es 70.000. Papperger geht davon aus, dass der Krieg noch lange dauern kann. Dieser schade den Russen zwar auch. „Aber dauern kann er noch ewig, Russland hat seine Industrie komplett auf Kriegswirtschaft umgestellt“, sagte der Vorstandschef.
Anschlagspläne auf Papperger: Reaktion des Kreml
Der Kreml wies die Berichte über angebliche russische Anschlagspläne gegen den Rheinmetall-Chef zurück. Es sei sehr schwer, solche Gerüchte zu kommentieren, die ohne seriöse Begründung allein auf irgendwelchen anonymen Quellen basierten, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow. „Das alles wird im Stil weiterer Fakes aufgetischt, daher kann man solche Meldungen nicht ernst nehmen.“
Deutsche Politiker äußerten sich besorgt über den angeblichen Anschlagsplan, der FDP-Bundestagsabgeordnete Reinhard Houben forderte eine Sondersitzung des Bundessicherheitsrats. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sagte, man äußere sich „nicht zu einzelnen Bedrohungssachverhalten“. „Aber ganz klar ist: Wir nehmen die erheblich gestiegene Bedrohung durch die russische Aggression sehr ernst.“ Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sagte, es gebe immer wieder konkrete Bedrohungen gegen Personen aus Politik und Wirtschaft. „Es zeigt, in welcher Welt wir leben und wie gefährlich diese Welt sein kann.“
Papperger: Brand an Gartenlaube
Eine andere Form der Bedrohung hatte Papperger im April erlebt, als es an seiner Gartenlaube plötzlich brannte und später ein Bekennerschreiben aus der linken Szene auftauchte. Der Sachschaden war gering.
Darauf angesprochen, reagierte Papperger gelassen: „Ich bin einiges gewohnt“, sagte er der „Süddeutschen Zeitung“ und berichtete davon, dass ihm Firmenkritiker bei Hauptversammlungen „das Pult kaputtgeschlagen“ hätten. Mit dem angeblichen Anschlagsplan aus Russland erreicht das Bedrohungspotenzial aber eine ganz andere, erschreckende Intensität.
Auch andere Rüstungsmanager angeblich in Russlands Visier
Dem CNN-Bericht zufolge war das aufgedeckte Vorhaben Teil einer geplanten Mordanschlagsserie auf Führungskräfte von Rüstungskonzernen in ganz Europa, die mit ihren Waffen den ukrainischen Verteidigungskrieg gegen Russland unterstützen.
Die CDU-Verteidigungsexpertin Serap Güler sagte der „Bild“: „Unsere Reaktion darauf kann meines Erachtens nur eine verstärkte Unterstützung für die Ukraine sein.“ SPD-Mann Roth forderte, die deutsche Antwort müsse „die Härte des demokratischen Rechtsstaates“ sein.
Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) sagte am Rande des Nato-Gipfels in Washington, Russland führe einen hybriden Angriffskrieg. Es habe auch Anschläge auf Menschen auf europäischem Staatsgebiet gegeben sowie auf Fabriken. Der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrats der USA, John Kirby, sagte Welt TV, dass Putin westliche Rüstungskonzerne für den Verlauf des Ukraine-Krieges mitverantwortlich mache – dabei könne ihn der Kremlchef selbst „morgen beenden“.
dpa