Flugzeugabsturz in Brasilien mit 62 Toten Wichtige Daten gesichert

Die Trümmer an der Absturzstelle eines Flugzeugs mit 62 Menschen an Bord im brasilianischen Bundesstaat Sao Paulo, am frühen Samstag, 10. August 2024.
Die brasilianischen Behörden versuchen herauszufinden, was genau die Ursache für den Flugzeugabsturz im Bundesstaat Sao Paulo am Vortag war, bei dem alle 62 Menschen an Bord ums Leben kamen. © Andre Penner/AP/dpa
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Update 11.8., 20.30 Uhr: Nach dem Absturz eines Passagierflugzeugs in Brasilien ist es den Ermittlern gelungen, den gesamten Inhalt des Flugdatenschreibers und Stimmenrekorders zu sichern. „Es ist uns zu 100 Prozent gelungen, die Sprach- und Dateninformationen zu erlangen, die in den Momenten vor diesem für die Gesellschaft tragischen Ereignis aufgezeichnet wurden“, sagte der Leiter des Zentrums für die Untersuchung und Vorbeugung von Luftfahrtunfällen (Cenipa), Marcelo Moreno, vor Medienvertretern. Bei dem Unglück nahe der brasilianischen Millionenmetropole São Paulo kamen alle 62 Menschen an Bord ums Leben.

„Die Daten wurden erfasst und validiert, und jetzt warten wir darauf, dass unsere Ermittler (…) damit beginnen können, diese riesige Datenmenge in nützliche Informationen für die Gesellschaft umzuwandeln“, sagte Moreno. Beide Geräte – die jeweils als Black Box bezeichnet werden – wurden am Samstag zur Datenanalyse in das Labor von Cenipa in der Hauptstadt Brasília gebracht.

Zudem würden beide Triebwerke des Flugzeugs in São Paulo analysiert, um festzustellen, ob sie zum Zeitpunkt des Absturzes mit voller Leistung gelaufen seien, hieß es. Der vorläufige Untersuchungsbericht soll innerhalb von 30 Tagen vorgelegt werden.

Experten suchen mit Blackbox nach UrsacheWichtige Daten gesichert

Nach dem Absturz eines Passagierflugzeugs, bei dem 62 Menschen ums Leben kamen, werten die Ermittler den Flugdatenschreiber und den Stimmenrekorder aus. Beide Geräte – die sogenannte Black Box – wurden geöffnet, wie in einem Video des Zentrums für die Untersuchung und Vorbeugung von Luftfahrtunfällen (Cenipa) zu sehen war. Die orangefarbenen Geräte sollen Aufschluss über die Ursache der Tragödie nahe der brasilianischen Millionenmetropole São Paulo geben. Sie wurden zur Datenanalyse in das Labor von Cenipa in der Hauptstadt Brasília gebracht, wie es hieß.

Es werden nun die flugbezogenen Aktivitäten, das Betriebsumfeld und die menschlichen Faktoren untersucht sowie eine Studie über die Komponenten und Systeme angefertigt, wie das örtliche Nachrichtenportal „G1“ berichtete. Innerhalb von 30 Tagen will das Cenipa einen vorläufigen Bericht zu dem Absturz vorlegen.

Die Maschine der Fluggesellschaft VoePass – ein Turboprop-Passagierflugzeug vom Typ ATR 72 – war am Freitagmittag (Ortszeit) auf dem Flug von Cascavel im Bundesstaat Paraná nach São Paulo kurz vor dem Ziel in ein Wohngebiet der Kleinstadt Vinhedo gestürzt. Alle 58 Passagiere und vier Besatzungsmitglieder kamen ums Leben – am Boden gab es keine Verletzten. Daten der Plattform Flightradar 24 legen nahe, dass das Flugzeug in weniger als einer Minute um fast 4.000 Höhenmeter absackte. Videoaufnahmen zeigten, wie das Flugzeug in der Luft trudelte, ehe es auf einem Grundstück eines Wohnhauses aufprallte und explodierte.

Bis Samstagabend (Ortszeit) – knapp 30 Stunden nach dem Unfall – wurden laut Feuerwehr alle Leichen geborgen. Unter den Opfern waren einem „G1“-Bericht zufolge unter anderem ein Vater und seine dreijährige Tochter, die den Vatertag, der in Brasilien am Sonntag gefeiert wurde, gemeinsam verbringen wollten, sowie Ärzte, Geschäftsleute und Professoren.

Dieser Ausschnitt aus einem Video zeigt Wrackteile eines Flugzeugs, das neben einem Haus abgestürzt ist. 62 Menschen waren an Bord. (Bestmögliche Qualität.)
Dieser Ausschnitt aus einem Video zeigt Wrackteile eines Flugzeugs, das neben einem Haus abgestürzt ist. 62 Menschen waren an Bord. (Bestmögliche Qualität.)© picture alliance/dpa/Felipe Magalhaes Filho

Das Nachrichtenportal „G1“ berichtete unter Berufung auf Behörden in Vinhedo, das Flugzeug sei in einer Wohnsiedlung in der Nähe eines Hauses abgestürzt, in dem sich Bewohner befanden. Am Boden sei aber niemand verletzt worden. Eine Anwohnerin, die ein Video des brennenden Flugzeugs auf einem Grundstück gemacht hat, sagte im Fernsehsender UOL: „Ich habe noch nie in meinem Leben einen so lauten Knall gehört.“

Warnungen vor Unwetter und Eisbildung am Absturzort

Nach Angaben des Cenipa-Leiters werden sowohl umweltbedingte und technische Faktoren als auch ein mögliches menschliches Versagen untersucht. Der Plattform Flightradar 24 zufolge deuten meteorologische Berichte für den Zeitraum rund um den Unfall auf Turbulenzen, Gewitter und Vereisung in der Umgebung hin.

Als mögliche Unglücksursache prüfen Experten beispielsweise eine Bildung von Eis auf den Flügeln – damit verwandle sich ein Flugzeug in „einen Stein ohne Auftrieb“, schrieb etwa das brasilianische Nachrichtenportal UOL. Demnach gab es für den Ort des Absturzes eine Warnung vor Eisbildung. Auch der Geschäftsführer von VoePass, Eduardo Busch, schloss nicht aus, dass sich Eis auf den Tragflächen angesammelt haben könnte. Die Piloten seien aber erfahren gewesen und das Flugzeug sei mit funktionierenden Systemen gestartet. „Das Flugzeug war zum Zeitpunkt des Starts zu 100 Prozent einsatzbereit“, sagte Busch. Nach Einschätzung anderer Experten könnten auch mehrere Ursachen gemeinsam zu dem Absturz geführt haben.

Eine der tödlichsten Unfälle in der brasilianischen Luftfahrt-Geschichte

Trümmer liegen an der Absturzstelle eines Flugzeugs im brasilianischen Bundesstaat Sao Paulo (Luftaufnahme mit einer Drohne)
Die brasilianischen Behörden versuchen herauszufinden, was genau die Ursache für den Flugzeugabsturz am Vortag war, bei dem alle 62 Menschen an Bord ums Leben kamen.© Allison Sales/dpa

Eine der tödlichsten Unfälle in der brasilianischen Luftfahrt-Geschichte

Präsident Luiz Inácio Lula da Silva ordnete eine dreitägige Staatstrauer an. Der Unfall gehört Medienberichten zufolge zu den tödlichsten in der Geschichte der brasilianischen Luftfahrt. 2007 schoss eine Maschine der Fluggesellschaft TAM über die Piste des Congonhas-Flughafens in São Paulo hinaus und raste in eine Tankstelle – 199 Menschen kamen dabei ums Leben.

In Erinnerung ist vielen auch der Absturz vom 28. November 2016, als das Flugzeug des brasilianischen Fußball-Clubs Chapecoense auf dem Weg nach Medellín zum Final-Hinspiel um die Copa Sudamericana, dem Südamerika-Pokal, in Kolumbien verunglückte. Damals kamen 71 Menschen ums Leben, darunter fast alle Spieler sowie Betreuer, Trainer und mitreisende Journalisten. Sechs Passagiere überlebten.

Die Unglücksmaschine vom Freitag war ein Turboprop-Passagierflugzeug vom Typ ATR 72 des französisch-italienischen Konsortiums Avions de Transport Régional. Im Januar 2023 kamen beim Absturz einer ATR 72-500, die sich in Nepal im Landeanflug auf den Flughafen der Stadt Pokhara befand, 72 Insassen ums Leben, darunter vier Besatzungsmitglieder.

dpa

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