
Der Rassismus-Vorfall auf Sylt findet in ganz Deutschland Nachahmer: In Witten hat es in dieser Woche an einer Realschule rassistische Gesänge von Schülern zum Partyhit „L’amour toujours“ gegeben. Das berichteten mehrere Medien übereinstimmend. Demnach habe die Polizei bestätigt, dass Anzeigen gegen fünf Schüler vorliegen. Auch die Bezirksregierung in Arnsberg habe den Vorfall bestätigt und zugleich aufs Schärfste verurteilt – von der Schulleitung soll es dazu noch kein Statement geben.
Der Vorfall ereignete sich in der am Montag gestarteten Mottowoche der Helene-Lohmann-Realschule (HLR). In einer Mottowoche feiern die Schülerinnen und Schüler des 10. Jahrgangs eigentlich ihren erfolgreichen Schulabschluss. Lehrkräfte und Passanten sollen die rassistischen Gesänge erkannt und darauf reagiert haben. Zum Zeitpunkt des Vorfalls sei die Polizei für eine Verkehrsübung sogar selbst im Gebäude gewesen. Eine zusätzliche Streifenwagenbesatzung habe die Personalien der Tatverdächtigen aufgenommen.
Gegenüber der WAZ soll ein anonymer Zeuge angegeben haben, dass die Sätze „Deutschland den Deutschen“ und „Ausländer raus“ deutlich hörbar gewesen seien. Die Bezirksregierung bestätigte dem WDR, dass die Mottowoche abgebrochen wurde – neben möglichen juristischen Konsequenzen sollen auch pädagogische Maßnahmen folgen. Verhört wurden die verdächtigten Jugendlichen noch nicht. Der Staatsschutz soll nun die Ermittlungen übernommen haben.
Rassistische Gesänge in Witten: Nach Sylt-Video häufen sich Vorfälle
Das Lied „L’amour toujours“ ist für viele Veranstaltungen mittlerweile ein heikles Thema, seitdem ein Video von einer Feier auf Sylt in den sozialen Medien viral ging. Darin hatte eine Gruppe junger Menschen bei einer Feier auf Sylt die rassistischen Parolen „Ausländer raus“ und „Deutschland den Deutschen“ zu dem Lied von Gigi D’Agostino gegrölt. Mittlerweile sind zahlreiche weitere Vorfälle bekannt – zum Beispiel von einem Public Viewing in Dortmund. Auf Instagram war ein Video aufgetaucht, in dem mehrere Menschen auf dem Hansa-Platz den Song „L’amour toujours“ selbst anstimmten und dazu rassistische Parolen grölten.
Auch auf einer Geburtstagsparty in Mönchengladbach soll es zu rassistischen Gesängen gekommen sein. Eine Anwohnerin hatte die Parolen gehört und daraufhin die Polizei verständigt. Die Polizei nahm die Personalien der Partygäste auf und löste die Veranstaltung anschließend auf. Mittlerweile ermittelt der Staatsschutz.
An mehreren Orten im Münsterland sollen Personengruppen rassistische Parolen skandiert haben – so etwa in Coesfeld, wo eine Gruppe alkoholisierter junger Männer von einem Planwagen aus rassistische Gesänge von sich gegeben haben soll. Zeugen hätten die Gruppe aufgefordert, damit aufzuhören, und seien daraufhin beleidigt worden. Die Polizei habe als Tatverdächtige sechs Männer im Alter von 29 bis 43 Jahren ermittelt.
NRW: 69 Fälle von rassistischen Parolen zu „L’amour toujours“
Der Polizei in NRW sind mit Stand 16. Juni insgesamt 69 Vorfälle bekanntgeworden, bei denen zu dem Lied „L’amour toujours“ von Gigi D’Agostino rassistische Parolen gegrölt wurden. Das teilte das Innenministerium auf Anfrage der Deutschen Presseagentur (dpa) mit.
„Auf Grundlage der sich mehrenden medialen Berichterstattungen über die hier in Rede stehenden Vorfälle scheinen derartige Sachverhalte in jüngster Vergangenheit vermehrt bekannt zu werden“, so ein Ministeriumssprecher: „Insbesondere seit dem Pfingstwochenende sind der Polizei Nordrhein-Westfalen vermehrt Vorfälle im Kontext zu „L’amour toujours“ – „Ausländer-Raus“- Rufen/Gesängen zur Kenntnis gelangt.“
seh/dpa