Schocksekunden an der Tankstelle „Ich wollte die Zapfsäule anzünden“

Gerichtsreporter
Der psychisch kranke Beschuldigte wird im Gerichtssaal bewacht.
Der psychisch kranke Beschuldigte wird im Gerichtssaal bewacht. © Jörn Hartwich
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Nach dieser Tat kann man eigentlich nur drei Kreuze machen, dass nichts passiert ist. Im vergangenen September hat ein Mann aus Gelsenkirchen im Wahn versucht, eine Tankstelle in die Luft zu jagen. Zum Prozessauftakt am Essener Schwurgericht wollte der 52-Jährige das auch gar nicht bestreiten. „Ich habe versucht, die Zapfsäule anzuzünden“, sagte er den Richtern.

Zum Glück hatte sein Feuerzeug im entscheidenden Moment nicht gezündet. Obwohl es laut Staatsanwaltschaft funktionsfähig war. Eine Erklärung für die geplante Alptraumtat hatte der Beschuldigte nicht. Was ihm damals durch den Kopf gegangen sei, wisse er nicht mehr. Der Polizei soll er später allerdings gesagt haben, dass er den Auftrag von Putin und dem chinesischen Kaiserreich erhalten habe.

Flaschenpfand gesucht

Der Tag hatte eigentlich ganz normal begonnen. Es war der 11. September letzten Jahres. Der 52-Jährige hatte gegen Mittag nach eigenen Angaben eine ältere Dame in einem Seniorenheim besucht. Die beiden hatten sich offenbar bei einem früheren Psychiatrieaufenthalt kennengelernt. Warum er selbst in der Klinik war, erklärte er den Richtern so: „Ich wollte damals aus dem Fenster springen – mich umbringen.“

Auf dem Rückweg war er über einen Flohmarkt gelaufen, der auf dem Parkplatz eines Supermarktes stattgefunden hat. Auf demselben Gelände war auch die Tankstelle. „Ich wollte eigentlich Flaschenpfand sammeln“, so der Beschuldigte. Das habe er auch schon früher gemacht. Deshalb habe er die Mülleimer durchsucht.

Polizei war sofort vor Ort

Doch diesmal fiel ihm keine Pfandflasche, sondern eine Dose Schmieröl in die Hände – entzündbar und explosiv. Und dann ging angeblich auch alles ganz schnell. „Damit habe ich zwischen den Zapfsäulen rumgesprüht.“ Dann habe er sein Feuerzeug herausgeholt, um den Sprühnebel zu entzünden.

Für ein Pärchen, das den 52-Jährigen schon vorher beobachtet hatte, wie er gegen Mülleimer und Autos trat, muss es eine absolute Alptraum-Szene gewesen sein. Doch die beiden reagierten sofort und riefen die Polizei. Die Beamten waren offenbar auch ruckzuck da.

Paranoide Schizophrenie

Wie gefährlich die Situation tatsächlich war, ist noch nicht ganz klar. Nach Angaben des Beschuldigten hat er sich zumindest nicht direkt an den Benzinschläuchen der Zapfsäule zu schaffen gemacht.

Bestrafen kann man den Mann wohl nicht. Er gilt aufgrund von paranoider Schizophrenie als schuldunfähig. Vor Gericht machte er am Mittwoch allerdings einen gedanklich geordneten Eindruck. Zumindest bis er die chinesische Harmonielehre Feng Shui als Kampfsportart bezeichnete, den er selbst ausübe. Im Prozess droht dem 52-Jährigen die unbefristete Unterbringung in der Psychiatrie – zum Schutz der Allgemeinheit.