
Die Oberbürgermeister und Landräte des Ruhrgebiets haben sich deutlich für die einrichtungsbezogene Impfpflicht ausgesprochen. Trotz bürokratischer Hürden wolle man sie durchzusetzen, sagte Thomas Eiskirch, Sprecher der Runde der Oberbürgermeister und Landräte des Reviers (Kommunalrat), gegenüber der WAZ. Eiskirch erklärte: „Es gibt im Kommunalrat ein sehr breit getragenes Ja zur allgemeinen wie auch zur einrichtungsbezogenen Impfpflicht. Wir sagen: Jetzt muss die einrichtungsbezogene und später auch die allgemeine Impfpflicht kommen.“
Ein Zeichen setzen
Mit ihrem klaren Bekenntnis zur Impfpflicht wolle der Kommunalrat ein Zeichen setzen. Aus den Kreise Vorpommern-Greifswald und Bautzen in Ostdeutschland kamen Signale, die einrichtungsbezogene Impfpflicht nicht umsetzen zu wollen. „So etwas ist nicht hilfreich“, sagte Eiskirchen gegenüber der WAZ. Es untergrabe „das Vertrauen in staatliches Handeln“. Der Kommunalrat halte die einrichtungsbezogene Impfpflicht für richtig, „denn dort, wo sie gelten wird, in Pflegeheimen und Kliniken, leben und arbeiten besonders viele vulnerable Personen“.
Die einrichtungsbezogene Impfpflicht hat der Bundestag im Dezember 2021 beschlossen. Sie soll am 15. März in Kraft treten. Ungeimpfte Mitarbeiter in Kliniken oder Pflegeanstalten müssen dann mit Freistellungen rechnen.
Kritik an der Impfpflicht kommt von verschiedenen Seiten. Der Deutsche Pflegerat beispielsweise erwartet Personalprobleme in den betroffenen Branchen. „Es gibt so wenig Personal, dass wir uns nicht erlauben können, dass auch nur eine Einzige oder ein Einziger kündigt“, sagte die Präsidentin der Dachorganisation verschiedener pflegerischer Berufsverbände, Christine Vogler, dem „Spiegel“. „Wenn ungeimpfte Pflegekräfte Tätigkeitsverbote bekommen, wird die Versorgungslage immer prekärer.“
„Sündenböcke der Nation“
Auch die Pflegebevollmächtigte der Bundesregierung, Claudia Moll, warnte vor Problemen. „Die Pflegekräfte könnten das Gefühl bekommen, sie seien die Sündenböcke der Nation“, sagt sie ebenfalls dem „Spiegel“.
Die Gewerkschaft ver.di geht derweil davon aus, dass die Nachfrage ihrer Mitglieder nach Rechtsberatung steigen werde. Das Gesetz löse „große Unsicherheiten“ aus, sagte Vorstandsmitglied Sylvia Bühler dem „Spiegel“.
Sie sagte, dass niemandem gekündigt werden dürfe, der keine Impfung vorweisen könne. Die Betriebe stünden dann vor einem Dilemma. „Es ist schwer vorstellbar, dass die Beschäftigten, die sich nicht impfen lassen und freigestellt werden, weiter ihren vollen Lohn bekommen“, so Bühler.
Thomas Eiskirch erwartet daher nun klare Regeln des Bundes, wie die einrichtungsbezogene Impfpflicht umgesetzt werden könnte. „Es darf bei der Auslegung dieser Impfpflicht keinen Flickenteppich geben.“ Auch das Land NRW sei in der Pflicht.
Warum es diese klare Regeln brauchte, erklärte Eiskirch anhand eines Beispiels in der WAZ: „In Essen sind etwa 96 Prozent der Beschäftigten des Uniklinikums geimpft, heißt es. Das hört sich gut an, aber bei 10.000 Mitarbeitenden hat man dann noch 400 Ungeimpfte. Und damit 400 mögliche Rechtstreitigkeiten.“
Lauterbach: Aussetzung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht kein Thema
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) sagte zuletzt, dass er im Gespräch mit den Ländern sei, um offene Fragen zu klären. Thema sei hierbei auch, wie „Personalausfälle“ vermieden werden könnten. Sein Ziel sei, mit den Ländern einheitliche Bestimmungen zu definieren – sowohl zur Umsetzung der Impfpflicht als auch zu möglichen Sanktionen bei Verstößen.
Eine Aussetzung der branchenbezogenen Impfpflicht sei hingegen keine Option – hier spreche er „im ausdrücklichen Einvernehmen mit Bundeskanzler Scholz“, sagte der SPD-Politiker.