Unna - damals und heute Unnas Fußgängerzone - vom Experiment zur Selbstverständlichkeit

Autofreie Zone: Mitte der 1980er-Jahre war das Parken auf dem Alten Markt nur noch den Marktbeschickern vorbehalten. © Archiv
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Für manch einen Unnaer war es wie der Beginn eines neuen Zeitalters: Am 30. Oktober 1967 strömten zwar die Fußgänger über die Bahnhofstraße, die bisher allgegenwärtigen Autos jedoch nicht mehr. Vom Alten Markt über den Abschnitt der Bahnhofstraße bis zur Klosterstraße war der motorisierte Verkehr plötzlich außen vor, die Stadt Unna wagte das „Experiment Fußgängerzone“.

Im Deutschland der späten 60er-Jahre betrat man damit ein nicht unbedingt häufig genutztes Terrain. Mit dem Auto in die Innenstadt fahren und vor dem Geschäft direkt parken war bis dato die gewohnte Herangehensweise. Dass diese Gewohnheit nicht mehr möglich war, sorgte für allerlei Gedankenspiele.

So sorgten sich Autofahrer um den Verlust der nun nicht mehr erreichbaren Parkplätze im neuen Fußgängerbereich. Abhilfe schuf die Stadt mit neu ausgewiesenen Parkplätzen in den Nebenstraßen, die allerdings bewirtschaftet werden mussten.

Hierfür war dann direkt die nächste Neuerung notwendig: die Parkscheibe. Denn die Parkzeit wurde beschränkt, maximal eineinhalb Stunden konnte man in der Nähe der Fußgängerzone stehen bleiben. Schon einmal genutzt hatte diesen Zeitanzeiger im Vorfeld wohl kaum ein Unnaer Autofahrer, zumindest nicht in der heimischen Innenstadt. Doch Hilfe gab es von verschiedensten Stellen. Die Händler gaben das neue Autozubehör an ihre Kunden weiter, der Hellweger Anzeiger erläuterte seinen Lesern die richtige Handhabung. „Zum Parken wird die Ankunftszeit mit dem Pfeil auf der blauen Scheibe eingestellt. Die Parkscheibe soll gut sichtbar an der rechten Innenseite der Windschutzscheibe angebracht werden“, hieß es im entsprechenden Artikel.

Bei all den Neuerungen brauchte es von den Unnaern natürlich eine Eingewöhnungsphase – auch bei den Fußgängern, die nun ungewohnt viel Bewegungsfreiheit zwischen den Geschäften hatten. Denn obwohl sich die Zahl der falsch fahrenden Autofahrer in Grenzen hielt, blieben die ersten Besucher weiterhin doch lieber auf dem alten Bürgersteig. Erst in den Mittagsstunden, so berichteten die Kollegen es seinerzeit, bracht das Eis, als Unnas Schulkinder den neuen Platz gerne in Anspruch nahmen.

Während die neue Fußgängerzone in den ersten drei Jahren noch nicht als solche zu erkennen war, wurde sie 1970 mit Betonplatten neu gestaltet. Was zu dem Zeitpunkt noch für eine moderne Optik sorgte, wurde zwei Jahrzehnte später als Stolperfalle wieder abgeschafft. © archiv © archiv

Ebenso unterschiedlich wie die Nutzung der Fußgängerzone fiel auch die Bewertung in den ersten Reaktionen aus. Die Rückkehr zu bewährten Methode wurde ebenso gefordert wie Ausweitungen oder eine Rückkehr des Wochenmarktes auf den Alten Markt. Wie wir heute wissen, wurden beide Forderungen in späteren Jahren umgesetzt. Längst sind größere Teile der Innenstadt nur für Fußgänger vorgesehen – was gesellschaftlich als Selbstverständlichkeit akzeptiert ist. 1974 folgte zunächst die Massener Straße zwischen Lindenbrauerei und Markt, acht Jahre später der innenstadtnahe Teil der Hertinger Straße. Zu guter Letzt wurde 1983 auch der obere Bereich der Wasserstraße zum Fußgängerbereich. Und auch der Unnaer Wochenmarkt lädt seit Jahren an zwei Wochentagen zum Bummel über den Alten Markt ein.

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