Kamen Quadrat „Ab in die Mitte der Stadt!“

Über 30 Jahre gehörte Karstadt-Warenhaus fest zum Kamener Stadtbild. © Stefan Milk
Lesezeit

Ein tief eingedrückter Notrufknopf im Treppenhaus zum Parkdeck. Eine verwahrloste Matratze unter der Parkdeck-Auffahrt. Blätternde Fassadenfarbe, eierförmig Beulen auf dem Parkplatz-Asphalt – es waren wenig schmeichelhafte Worte, mit denen der Hellweger Anzeiger im Jahr 2012 den Zustand des früheren Karstadt- und Hertie-Gebäudes im Herzen der Stadt beschrieb. Mehr und mehr verfiel das Gebäude, der einstige Kundenmagnet war nicht mehr als ein ungeliebter Schandfleck.

1969 hatten die ersten Planungen für das Kaufhaus an der Kampstraße begonnen, am 18. Februar 1971 wurde die Eröffnung gefeiert – passend zur Jahreszahl war es die 71. Niederlassung des Karstadt-Konzernes. Immer wieder wurde das Haus in den Folgejahren umstrukturiert, das Sortiment den Kundenwünschen angepasst, ehe 2004 der allmähliche Niedergang einsetzte.

Zu diesem Zeitpunkt beschloss Karstadt, 74 Standorte auszugliedern. Wenige Monate später wurden sie von einer Investorengruppe übernommen, später erhielten sie den Traditionsnamen „Hertie“ – an die Glanzzeiten des einst führenden Warenhauskonzerns, der seinerzeit von Karstadt übernommen wurde, konnte man jedoch nicht anknüpfen. Das Gegenteil trat ein, am 31. Juli 2008 meldete die Gruppe Insolvenz an, es begannen ungewisse Zeiten. Stand der Standort Kamen zunächst auch nicht auf der Streichliste, folgte 2009 das Aus für die komplette Gruppe. Am 8. August öffnete das Kaufhaus ein letztes Mal. Rund 50 verbliebene Angestellte verloren ihren Arbeitsplatz, Kamen verlor einen Faktor, der Menschen zum Einkaufen in die Innenstadt bewegte.

Durch das rote Quadrat hindurch ins Einkaufsglück. Um 8 Uhr stürmten am 15. Juli 2015 mehrere Hundert Kamener das neue Einkaufszentrum an der Kampstraße. Sechs Jahre, nachdem Hertie den Standort aufgegeben hatte, war der Handelsstandort wieder mit Leben gefüllt.
Durch das rote Quadrat hindurch ins Einkaufsglück. Um 8 Uhr stürmten am 15. Juli 2015 mehrere Hundert Kamener das neue Einkaufszentrum an der Kampstraße. Sechs Jahre, nachdem Hertie den Standort aufgegeben hatte, war der Handelsstandort wieder mit Leben gefüllt. © Stefan Milk © Stefan Milk

Ungewissheit für mehrere Jahre

Was folgte, waren Jahre der Unzufriedenheit, in denen es nie wirklich gelang, den Standort und Kundenmagneten mit Leben zu füllen. Die Eröffnung des Discounters „Joker“ blieb ein einmonatiges Intermezzo, weitere Ansiedlungsversuche scheiterten. Undurchsichtige Eigentumsverhältnisse halfen nicht gerade dabei, diese Missstände zu beheben. Die „Hertie-Städte“ machten sich ihrem Unmut über die schleppende Vermarktung der Leerstände öffentlich.

Kamens damaliger Bürgermeister Hermann Hupe zählte 2012 zu den Gründern der Binger Bürgermeisterrunde und rückte in den Sprecherrat für die 74 Städte und Gemeinden auf, die unter dem Hertie-Aus litten.

Die Änderung beginnt im März 2013: Die „Neue-Mitte-Kamen-GmbH“ erwirbt das Gebäude, um auf dem Gelände einen neuen Kundenmagneten zu schaffen. „Kamen²“ oder auch „Kamenquadrat“ heißen die Arbeitstitel für das Projekt, das man dieser Tage als „Kamen-Quadrat“ kennt. Noch im selben Jahr wird das alte Gebäude mit einer Abrissparty verabschiedet, im Januar 2014 rücken die Bagger dem ehemaligen Kaufhaus dann wirklich zu Leibe. Vier Monate später folgt dann der erste Spatenstich für den Neubau.

Bis zur Eröffnung sollte jedoch nicht nur die Bauzeit vergehen, auch die Pläne mussten noch einmal angepasst werden. Ein Ankerkunde sprang knapp ein Jahr nach dem Baubeginn ab, Ersatz wurde jedoch gefunden.

Und so öffneten sich am 15. Juli 2015 die Türen des „Kamen-Quadrats“. „Ab in die Mitte der Stadt!“, lautete seinerzeit das Motto und die Kamenerinnen und Kamener beherzigten es. Knapp sechs Jahre nach der Schließung konnte man auf dem einstigen Karstadt/Hertie-Gelände wieder shoppen.

Sie sind bereits registriert?
Hier einloggen