Corona-Folgen: Sportverein verliert dramatisch Mitglieder und sieht seine Existenz bedroht
Weniger Einnahmen und das Vereinsleben liegt auch größtenteils brach. Es hagelt Austritte. 2020 kündigten 20 Prozent der Sportler ihre Mitgliedschaft. Diesen Albtraum erlebt derzeit ein Vereinsfunktionär aus Kamen. Seinem ohnehin schon kleinen Verein macht die Corona-Krise mächtig zu schaffen – auch finanziell.
69 Mitglieder waren es am 1. Januar 2020 noch. Ein Jahr später stehen nur noch 54 Mitglieder in der Kartei von Günter Kunert, Geschäftsführer bei den Sportschützen Heeren-Werve. Der Schießsportverein hat 15 Mitglieder verloren – das sind 21 Prozent. Ein großer Verein steckt das weg. Für einen kleinen Verein ist das dramatisch. Besonders hoch ist die Kündigungsrate beim Nachwuchs.
Von 21 Kindern und Jugendlichen sind 5 ausgetreten. Aber auch eine andere Gruppe hat es erwischt. 2019 rief der Verein eine neue Blasrohr-Gruppe ins Leben, um neben dem Luftgewehr und der Luftpistole mehr Abwechslung bieten zu können. Anfang 2021 ist von der Neugründung nicht mehr viel übrig. „Die Gruppe ist so gut wie eingeäschert“, sagt Kunert.
Denn während für viele Sportarten die Regeln im Sommer gelockert wurden, blieb das Blasrohrschießen durch das Ausblasen von Aerosolen verboten. „Wir durften damit nicht weitermachen“, beklagt der Geschäftsführer. Die Folge: Die noch junge, strukturell noch nicht sehr gefestigte Gruppe brach auseinander. Das Vereinsleben war hier noch nicht sehr ausgeprägt, um den Lockdown zu überstehen. Das Timing war einfach schlecht, konnte aber niemand ahnen.
Brechen junge Mitglieder weg, überaltert ein Verein schneller
Der 1992 gegründete Verein bekommt durch den Wegfall vor allem junger Mitglieder nun ein akuter werdendes Demografieproblem. „Wir haben in den letzten Jahren gute Jugendarbeit geleistet. Doch durch das Ausbleiben persönlicher Kontakte auf dem Schießstand ist vieles verloren gegangen. Nach Corona müssen wir damit von vorne anfangen“, so Kunert.
„Wir benötigen eine lange Anlaufzeit, um Schüler und Jugendliche zu motivieren, nicht nur Fußball und Handball zu spielen, sondern sich mit der Konzentrationssportart Schießen zu befassen“, sagt Kunert. Doch das ist nicht das einzige Problem.
Sportschützen Heeren-Werve müssen ihre Anlage finanzieren
Der Klub unterhält die 1996 in Eigenleistung erbaute Schießanlage in Heeren-Werve. Das Gebäude auf dem ehemaligen Zechengelände ist etwa 200 Quadratmeter groß und umfasst ein Vereinsheim, Umkleiden und die Schießstände. Das Haus ist abbezahlt. Um es zu unterhalten, fallen aber trotzdem jährlich Kosten von 5.000 Euro an. „Das Geld kriegen wir normalerweise spielend leicht rein“, so Kunert.
Doch die Heeren-Werver Schießsporttage mit 400 Einzelschützen fielen 2020 ins Wasser – und damit brach ein riesiger Einnahmeposten im Haushalt weg. „Nach den Austritten rechne ich vierteljährig mit Beiträgen von 750 Euro. Da kann man sich ausrechnen, was fehlt“, sagt Kunert – und neue Sponsoren zu finden, sei zurzeit ein Ding der Unmöglichkeit: „Die Firmen müssen doch selbst auf den Notgroschen zurückgreifen.“
Auf Vereine kommen schwere Zeiten zu
Die Kassenbilanz für das Jahr 2020 liegt abschließend noch nicht vor. Wie groß das Minus tatsächlich ist, kann Kunert daher noch nicht sicher prognostizieren. Dabei habe der Verein 2020 auch zwei Mal Unterstützung aus Hilfspaketen des Landes erhalten. Kunert: „Das hat sehr geholfen.“ Doch wenn es auch 2021 zu einem Ausfall des „sportlichen Vereinslebens mit all seinen Facetten“ kommen sollte, sieht Kunert auf die Sportschützen eine existenzbedrohende Lage zukommen.
Dabei ist auch Kunerts anfängliche Hoffnung zum Start der Impf-Kampagne von heute auf morgen zusammengebrochen, wie er sagt. Den holprigen Impf-Auftakt in Deutschland versteht er einfach nicht. Die Impfpolitik nennt Kunert „katastrophal“. Ein Aufwachen aus dem Albtraum Corona-Krise ist noch nicht in Sicht.