Volksbank-Neubau an der Bahnhofstraße: Die ersten Wände stehen schon
Beim Neubau an der Bahnhofstraße geht es um Zentimeter. Das Haus wird zwar aus Holzplatten zusammengesetzt, die fertig angeliefert werden. Doch bereits am Montagmorgen, als die ersten Außenwände angeliefert und nach und nach auf der Betonfläche abgesetzt wurden, musste das Team von Zimmermeister Paul Koch improvisieren.
Denn die Wand des Volksbankgebäudes nebenan ist nicht so gerade, wie gedacht, sondern leicht nach innen gewölbt. Man habe beim Bau des Volksbankgebäudes den Beton hinter der alten Villa, die dort stand, wo jetzt der Neubau entsteht, hineinlaufen lassen. „Durch das Gewicht des Betons hat sich die Wand leicht ausgebeult“, erklärt Architekt Peter Tillmann.
Volksbank-Neubau in Kamen
Das konnte man bisher nicht wissen, denn die alte Villa stand ja bis vor wenigen Wochen noch und verdeckte die Wand. So musste also die Holzwand spontan ein paar Zentimeter von der Wand entfernt auf den Boden gesetzt werden. Ob der Architekt deswegen nervös wird, weil ja alles genau passen muss? Nein. „So viel Toleranz haben wir.“
Neubau Bahnhofstraße: Die ersten Decken kommen am Mittwoch
Der Architekt, für den diese in dieser Region doch außergewöhnliche Bauweise auch etwas Besonderes ist, beobachtete am Montagmorgen, wie die Holzplatten vom Lkw aus langsam über die Baustelle schwebten, dann vorsichtig hinuntergelassen wurden und genau dort landeten, wo sie auch bleiben sollen.
„Im Altbau gab es gusseiserne Stützen aus der Jahrhundertwende. Wir hätten sie gerne in dem Neubau integriert (…)“
Das Team von Zimmermeister Paul Koch nimmt die knapp 800 Kilogramm schweren Wände auf dem Boden an und achtet penibel darauf, dass sie genau dort stehen, wo die Zimmerer am Wochenende zuvor schon die Winkel auf dem Boden aufgebracht haben.
So geht es nach und nach weiter, bis die untere Etage des Neubaus an der Bahnhofstraße bis Mittwoch fertiggestellt ist. Dann geht es an die Decke und danach schon an die zweite Etage. Immerhin sollen alle Wände in drei Wochen stehen, bevor es dann mit Fenstern und Türen weitergeht. Bevor dann die Fassade – ein roter Klinker, der zur Volksbank-Optik passt – kommt, wird das Holz „Christo-mäßig“ eingepackt, sagt Tillmann.
Säulen aus der Volksbank-Villa sollten in den Neubau integriert werden
Zusätzlich zu den Holzwänden auf dem Lkw, liegen auf der Baustelle auch gewaltige Holzträger, die die Decke später tragen werden, und außerdem vier in Folie verpackte Holzsäulen. Sie werden erst zum Schluss ausgepackt und aufgestellt. Sie werden bleiben wie sie sind, werden also nicht verkleidet oder verklinkert wie die Außenwände.
In dem großen Raum, der übrigens sehr hohe Decken haben wird, werden also vier Holzsäulen stehen – die ein wenig an die alte Villa erinnern sollen. In der Villa gab es ebenfalls solche Säulen, aber die waren freilich nicht aus Holz. „Im Altbau gab es gusseiserne Stützen aus der Jahrhundertwende. Wir hätten sie gerne in dem Neubau integriert, aber sie sind leider etwas zu kurz“, sagt Tillmann. Die Säulen habe man aber gerettet. „Vielleicht gibt es ein anderes Bauvorhaben, wo sie hineinpassen“, sagt Tillmann.
Denn ganz gleich wie besonders dieser Neubau auch ist, mit ihm verschwindet für immer eine alte Fassade aus dem Stadtbild in Kamen. „Es ist schade um das alte Gebäude“, findet Tillmann, der die Diskussion um den Abriss der alten Villa gut verstehen kann. Doch der Zustand des Gebäudes sei einfach zu schlecht gewesen, es habe nicht mehr viel zu retten gegeben. „Wir hatten erst die Idee, die vordere Front stehen zu lassen, aber das ging nicht.“ Gründe dafür gebe es verschiedene – zum Beispiel die Höhe der Geschosse und die Fensteranordnung.
Warum so viele Fachwerkhäuser in Kamens Innenstadt verkommen
Tillmann findet es schade, dass alte Häuser leer stehen und irgendwann so marode sind, dass man sie nicht mehr retten kann. Dass einige alte Gebäude – wie aktuell etwa die ehemalige Volkshochschule und einige andere Fachwerkhäuser auf dem Alten Markt – ertüchtigt werden, lobt er. Doch es gebe genug alte Gebäude, die dringend aufbereitet werden müssten.
Schuld am Verkommen der Häuser sei, dass eine Sanierung oftmals nicht wirtschaftlich scheint, wie Tillmann vermutet. Das liege auch am Leerstand, denn ein Eigentümer stellt sich natürlich die Frage, für wen er sein Haus sanieren soll. Ein Grund für die Leerstände wiederum sind laut Tillmann die Neubauten.
Als Beispiel nennt er das Einkaufszentrum Kamen Quadrat. Rewe ist dort eingezogen und Edeka nebenan ausgezogen. Und Deichmann ist aus der Innenstadt ins Quadrat umgezogen. „Jeder Neubau produziert einen Leerstand“, lautet Tillmanns These.
Doch im Falle des Volksbank-Neubaus an der Bahnhofstraße ist das freilich nicht so. Dort wird ein Altbau durch ein neues Haus ersetzt. Und daran kann man nun nichts mehr ändern. Für andere alte Gebäude in der Kamener Innenstadt gibt es aber noch Hoffnung. Und die teilt auch Tillmann.