
Ein Kamener mit einem Messer hat in einem Regionalzug für Aufregung unter den Passagieren gesorgt. Der 45-Jährige zückte die Stichwaffe am Freitagmorgen, als er nach Polizeiangaben an Bord mit einem anderen Reisenden in einen Streit geriet. Der Vorfall – zunächst kursierte das Gerücht einer Messerattacke – löste einen größeren Polizeieinsatz am Bahnhof Kamen aus. Verletzt wurde bis auf den Mann mit dem Messer niemand.
„Da waren mehrere Polizisten und der Rettungsdienst auf dem Bahnsteig“, sagte ein Augenzeuge. Eine andere Augenzeugin beobachtete Polizeiautos und Rettungs- und Notarztwagen vor dem Bahnhof Kamen. Doch Befürchtungen, dass mehrere Passagiere durch eine Messerattacke im Zug wahllos durch einen Täter verletzt oder gar getötet worden sein könnten, ähnlich wie vor einigen Tagen in Brokstedt in Schleswig-Holstein, bestätigten sich nicht.
Schon kurz nach Bekanntwerden des Polizeieinsatzes konnte Christian Stein, Sprecher der Unnaer Polizei, den Vorfall als versuchten Messerangriff einordnen, der durch das couragierte Eingreifen von Zeugen unterbunden wurde. „Um 9.30 Uhr haben wir Kenntnis bekommen von einer älteren männlichen Person, die in einem Regionalzug mit einem anderen Fahrgast in Streit geraten ist und daraufhin ein Messer gezogen hat. Es ist daraufhin zu einer Auseinandersetzung gekommen, bei der niemand verletzt wurde.“
Weitere Fahrgäste seien eingeschritten und hätten den Mann mit dem Messer überwältigen können. „Sie haben ihn entwaffnet und ihn bis zum Eintreffen der Polizei am Bahnhof Kamen festgehalten“, sagte der Polizeisprecher. „Dort haben ihn unsere eingesetzten Kollegen in Empfang genommen.“
Reporter Carsten Fischer im Video
Durch einen Zufall waren zwei angehende Dortmunder Polizisten an dem Zugriff beteiligt. Die beiden Kommissaranwärter im Alter von 20 und 22 Jahren waren an Bord, weil sie zu ihrem Praktikum beim Polizeipräsidium in Dortmund fahren wollten. Sie bekamen den Streit zwischen dem 45-Jährigen und einem weiteren Passagier – einem 27-Jährigen aus Mülheim an der Ruhr – mit.
Bevor die Lage weiter eskalieren konnte, schritten die angehenden Polizisten ein. Gemeinsam mit dem 27-Jährigen entwaffneten sie den 45-Jährigen und fixierten ihn am Boden. Bei dem Zugriff wurde der Messer-Mann leicht verletzt.

Tatverdächtiger zunächst im Krankenhaus behandelt
Zwischenzeitlich war die Polizei gerufen worden und der Zug hatte fahrplanmäßig am Bahnhof Kamen gestoppt. Dort übernahmen die Beamten der nahen Polizeiwache Kamen den Tatverdächtigen.
Unter Polizeibegleitung wurde der Verdächtige ins Hellmig-Krankenhaus gebracht. Nach medizinischer Untersuchung und Behandlung ging es anschließend weiter in eine psychiatrische Einrichtung, weil Zweifel am klaren Geisteszustand des 45-Jährigen bestehen. Über die Art seiner Verletzungen wurden keine Angaben gemacht.
Die Polizei ermittelt wegen des Verdachts einer Straftat wie Bedrohung oder versuchter gefährlicher Körperverletzung. Ein Amok- oder Terrorhintergrund wird ausgeschlossen. „Weitere Personen wurden weder verletzt noch gefährdet. Hinweise auf eine politische motivierte Tat liegen ersten Erkenntnissen nicht vor“, teilte die Unnaer Polizei kurz nach Mittag mit. Den Polizeiangaben zufolge ist der 45-Jährige deutscher Staatsbürger.

Zugverkehr wird nicht beeinträchtigt
Worum es in dem Streit ging, blieb unklar. In einer Pressemitteilung erklärte die Polizei lediglich, dass der 45-Jährige mehreren Mitreisenden als alkoholisiert und potenziell aggressiv auffiel. „In der Folge“ sei er mit dem 27-Jährigen aus Mülheim in Streit geraten und habe diesen mit einem Messer bedroht. Der Mülheimer ist ein kosovarischer Staatsbürger.
Der Zugverkehr auf der Strecke Hamm-Dortmund wurde durch den Polizeieinsatz nicht beeinträchtigt. Der Vorfall ereignete sich in einem Regionalzug, der aus Hamm kommend in Richtung Dortmund unterwegs war. Der Zug der Linie RE1 konnte nach der Übergabe des Tatverdächtigen an die Kamener Polizei allenfalls mit einigen Minuten Verspätung weiterfahren.
Den Dortmunder Polizeianwärtern, die durch den Zufall unfreiwillig eine praktische Lektion in der Festnahme eines Messerangreifers erteilt bekamen, ist jetzt wohl ein Lob ihrer Ausbilder sicher.