Gegen Depression: Holzwickeder Hobby-Künstlerin (64) malt zur Selbsttherapie
Wie viele Gemälde die Holzwickederin Gabriele Raat bisher gemalt hat, kann sie nicht schätzen. „Es sind auf jeden Fall sehr viele“, sagt sie. Bei einem Rundgang durch ihr Wohnhaus kann man jedenfalls zahlreiche ihrer Werke begutachten. In fast jedem Raum hängt ihre Kunst.
Losgelöst vom dekorativen Aspekt und vom Spaßfaktor hat das Malen für Raat aber auch noch eine ganz andere Bedeutung, die seit einem Jahr vielleicht sogar noch wichtiger geworden ist: Die gelernte Erzieherin nutzt ihre künstlerische Arbeit quasi als Ventil. Wenn sie vor einer Staffelei steht oder sitzt, kann sie wunderbar abschalten.
Ständige Konzentration: Beim Malen kann man gut abschalten
„Das ist eine ständige Konzentration“, berichtet Raat, „man konzentriert sich so sehr auf das Bild, dass alle schlechten Gedanken verschwinden“, sagt die Hobby-Künstlerin. Wenn sie etwa Kopfschmerzen habe, fange sie oft einfach an zu malen.
Aus ihrer Sicht eine sehr gute Strategie, sich aus alltäglichen Sorgen und Nöten zu flüchten. Manch andere Menschen erliegen in schwierigen Phasen beispielsweise den Verlockungen des Alkohols, greifen zur Flasche. Sie hat einen durchaus konstruktiven Weg gewählt, um schlechte Erlebnisse zu bewältigen.
Zwar malt sie schon seit knapp 30 Jahren. Was der 64-Jährigen das Hobby bringt, hat sie erst mit der Zeit verstanden. In einer bestimmten Phase ihres Lebens war die Malerei besonders wichtig: Im Dezember 2019 wurde bei ihr eine dreifache Beckenfraktur festgestellt, in der Folge war sie eine Zeit lang an einen Rollstuhl gebunden.
Röntgenaufnahme als Vorlage: Ein Werk hat bei der Verarbeitung einer Krankheit geholfen
„In dieser Zeit habe ich sehr viel gemalt“, erzählt sie, zeigt ein Werk aus dieser Zeit. Vom Arzt, der sie damals behandelt hat, hat sie sich eine Röntgenaufnahme geben lassen. Diese hat sie als Motiv und Vorlage für eines ihrer intimeren Gemälde genommen.
Einer schlechten Erfahrung ist sie dadurch gewissermaßen mit einer Konfrontation begegnet, schaute beim Malen gezwungenermaßen dauerhaft auf ihre Beckenknochen, die sie auf ihrem Gemälde vor einem dunklen Hintergrund gemalt hat. Die Becken selbst strahlen aber mit kräftigen Farben. Dadurch entsteht ein besonderer Kontrast, der ihr Angst und Sorgen genommen hat.
In dieser Zeit ist ihre Stimmung nämlich nicht immer gut gewesen. Das Malen, so glaubt Raat, hat sie aber davor bewahrt sich davon allzu sehr herunterziehen zu lassen – oder gar in eine Depression zu verfallen.
Seit Beginn der Corona-Zeit zum Beispiel vergeht kaum ein Tag, an dem sie nicht kreativ tätig ist. Andere Menschen möchte sie ermutigen, sich ein ähnliches Ventil zu suchen. Auch wenn sie dafür die Malerei sehr empfehlen kann, so habe aber sicher jeder Mensch andere Vorlieben.
Ein Ausgleich, so glaubt sie, kann aber jeder gut gebrauchen. Gerade wenn man das Gefühl hat, dass nicht alles im Leben glatt läuft.