
Jedes Unternehmen braucht Ressourcen. Eine Tageszeitung benötigt Papier, ein Werkzeughersteller Metall. Eine Ressource wird jedoch zunehmend rarer: motivierter Nachwuchs. Der Fachkräftemangel ist Realität, in vielen Branchen ist die Nachfrage nach Mitarbeitern deutlich größer als das Angebot.
Da ist die Zukunftsmesse des Holzwickeder Clara-Schumann-Gymnasiums eine gute Gelegenheit für beide Seiten, junge Talente und Unternehmen, in Kontakt zu kommen, Perspektiven abzuklären und sich für die Zeit nach dem Schulabschluss in Position zu bringen. Alles im Schulforum. 18 namhafte, lokale und regionale Unternehmen und Organisationen sind der Einladung gefolgt, darunter die Montanhydraulik GmbH, KODA Stanz- und Biegetechnik, Polizei und Zoll, die TU Dortmund sowie das Klinikum Unna.
Eingeladen haben die Lehrer Thomas Barnefeld, Juliane Otto und Marc Gawol. Es ist die zweite Zukunftsmesse am CSG, schon im Jahr 2019 kamen zwölf Unternehmen. Eine weitere wurde vorbereitet und kurz vor Beginn Corona-bedingt abgeblasen. Vier Jahre später gab es nun die Neuauflage.

„Wir stoßen langsam an unsere Kapazitätsgrenzen“, stellt Barnefeld mit Blick in den großen Raum fest, in dem sich Infostand an Infostand drängelte. „Man merkt, dass die Firmen wirklich interessiert sind. Aber auch auf Schülerseite ist großer Bedarf da.“ Denn Firmenbesuche und Praktika seien während der Pandemie unmöglich gewesen. Die Messe sei eine gute Gelegenheit mit potenziellen Arbeitgebern in Kontakt zu treten.
Ab der Klasse neun aufwärts sind die Schüler im Forum unterwegs, frühe Begegnungen und Gespräche sollen helfen, sich auf einem Markt zu orientieren, der selten zuvor so viele Chancen für junge Menschen geboten hat. Denn was früher mal ein Arbeitgebermarkt war, in dem Unternehmen die Regeln bestimmten, ist längst ein Arbeitnehmermarkt geworden. Und die potentiellen Auszubildenden können es sich leisten, Ansprüche zu stellen.
Daher sparen die Unternehmen auch nicht, sich, ihr Arbeitsfeld und besonders ihre Vorzüge ins rechte Licht zu rücken. Denise Schallwig vom Elektrogroßhändler Sonepar erklärt, was man jungen Menschen heutzutage bieten muss: „Frisches Obst und Wasser, ein Fahrrad, ein Busticket, man muss sich von anderen Arbeitgebern abheben.“ Aber auch ein stabiles Netz aus technischen Fortbildungsmaßnahmen sollen junge Azubis dort finden.
Roboter, Rätsel und das Glücksrad
Bei den Bewerberzahlen wird deutlich, wie sehr sich der Markt verändert hat. „2017 kamen auf 30 Stellen noch 1500 Bewerber“, so Schallwig. „Jetzt sind wir froh, wenn wir zehn Bewerber pro Stelle haben.“ Dieser Rückgang habe aber nicht nur Nachteile. „Nahezu jeder Bewerber wird auch zu einem Gespräch eingeladen“, so Schallwig. Ob ein Bewerber eingestellt werde, entscheide sich nach einem Schnuppertag. Auch Noten würden immer mehr an Relevanz für den Einstellungsprozess verlieren.
Man merkt, jeder Aussteller der Zukunftsmesse bringt einen eigenen Ansatz mit, um Schüler anzusprechen. Die Polizei hat Rätselhefte gedruckt, mit dem die Jugendlichen ihre grauen Zellen anstrengen können, die Sparkasse hatte ihr bekanntes und beliebtes Glücksrad dabei.
Am Stand von KODA konnten Interessierte einen waschechten Roboter bedienen und damit Tic Tac Toe spielen. „Man muss etwas mitbringen, was die Schüler anfassen können, man braucht Eyecatcher“, weiß Dr. Gerrit Schlömer. „Deswegen haben wir eine Maschine und einen Roboter mitgebracht. Was mir ebenfalls wichtig ist, ich lade alle Leute in die Firma ein. Die Schüler können einfach mal vorbeikommen und durch meinen 250 Meter langen Spielplatz schauen. Es gibt quasi nichts, was wir nicht machen können.“

Kommunikation auf Augenhöhe, ehrliches Interesse am neuen Mitarbeiter und ein umfassendes Angebot. Viele Anbieter suchen am CSG nach neuen Azubis. Denn das alte Mantra: „Wer Abitur macht, will auch studieren“, gilt nicht mehr. Das zeigen auch Gespräche mit den Jugendlichen vor Ort.
Es fällt auf: Das Ziel ist inzwischen wichtiger als der Weg. Studium um jeden Preis, so denken nicht mehr viele Schüler. Das merken auch die Hochschulen. „Aus finanzieller Sicht ist die Situation für Azubis, gerade auch nach Abschluss der Ausbildung, überhaupt nicht mehr mit der vor 20 Jahren vergleichbar“, weiß Torge Clewermann von der TU Dortmund. Heißt im Klartext: Man kann auch mit einer Ausbildung gutes Geld verdienen, teilweise mehr als so mancher Akademiker.
Am Ende lässt sich festhalten: Die Arbeitswelt steht den jungen Menschen offen, das hat die Zukunftsmesse gezeigt. Jetzt müssen diese nur noch eine Wahl treffen. Und das wird mit zunehmenden Auswahlmöglichkeiten auch nicht unbedingt einfacher.