Freudentränen im Schmallenbach-Haus: „Die letzten acht Wochen waren eine Katastrophe“
Als Renate Schröer zum Eingang des Schmallenbach-Hauses geht, hat sie ihre Karte bereits in der Hand. Sie hält sie kurz unter den Scanner, beugt sich vor, lässt die Kamera Fieber messen und darf die Schleuse wieder verlassen. Ein Ablauf, der bereits automatisiert erscheint, aber erst seit wenigen Stunden die neue Normalität im Schmallenbach-Haus darstellt.
Seit ein paar Tagen dürfen Besucher wie Renate Schröer wieder ihre Liebsten im Schmallenbach-Haus besuchen. Möglich macht das ein neuartiges System, das im Kreis Unna laut Heinz Fleck vom Schmallenbach-Haus so noch nicht im Einsatz ist. In Kooperation mit einer Mendener Firma ermöglicht es dem Schmallenbach-Haus, Besucher zu registrieren und ihre Temperatur zu messen und das Ganze auch noch mit wenig zeitlichem Aufwand.
Harte Zeit für Angehörige
Renate Schröer ist vor allem froh, ihren Mann wiedersehen zu dürfen. „Wir sind seit sechzig Jahren zusammen“, sagt sie und muss schlucken, als sie an die vergangenen Wochen denkt. „Die letzten acht Wochen waren eine Katastrophe. Ich habe mich jeden Abend in den Schlaf geweint.“
Für sie selbst, so vermutet sie, war die Situation dabei schlimmer als für ihren Mann. Der sei demenzkrank, erfasst nicht mehr alles. Für Renate Schröer war die Zeit dennoch hart. „Ich war noch nie so lange getrennt von ihm. Es war damals schon schwer, ihn ins Schmallenbach-Haus abzugeben.“
Dass das neue Registrierungssystem schnell und unkompliziert ist, kommt ihr zugute. Die Extra-Zeit kann sie mit ihrem Mann verbringen, bevor die knapp bemessene Besuchszeit im Schmallenbach-Haus wieder vorbei ist.
Wenig Wartezeit für alle
Auch das sei etwas, worauf man bei der Entwicklung einer Lösung für die strengen Auflagen geachtet habe, wie Fleck betont. „Wir wollten keine langen Wartezeiten bei der Registrierungen und eine saubere Arbeitsweise.“ Als die Auflagen eine Registrierung aller Gäste und Mitarbeiter forderte, musste eine Lösung her. „Meine Mitarbeiter sollten sich vor dem Dienst – also vor Betreten des Hauses – eintragen. Da haben wir schon überlegt, wie man das umsetzen kann.“ Das händische Eintragen in eine Liste? Nur eine Übergangslösung.
Software für die Registrierung
- Die Firma DundS arbeitete bereits vor Corona an einer Besuchersoftware, die Gäste eigenständig erfassen sollte, um an verschiedenen Stellen die Registrierung zu vereinfachen.
- Das Thema Datenschutz bei ausliegenden Listen zum Eintragen sei schwierig, das entwickelte System hingegen mache es den Gästen unmöglich, Einblick zu erhalten, wer vor ihnen das Haus betreten hat.
- Auch das Fiebermessen per Kamera ist mittlerweile in das System integriert und wird derzeit als Pilotprojekt im Schmallenbach-Haus getestet.
- Für gastronomische Betriebe hat das Unternehmen auch eine Tabletversion entwickelt, damit die Registrierung auch an vielen verschiedenen Orten stattfinden kann.
Über eine Mitarbeiterin kommen sie in Kontakt mit der Firma DundS aus Menden. Die arbeiteten bereits vor Corona an einem System, das eine unkomplizierte Registrierung von Besuchern ermöglichen sollte, wie Mitarbeiter Kevin Paul erzählt. „Als der Virus kam, wollten wir unser System auch dafür anbieten.“ Mit Erfolg.
System vom Fußball abgeschaut
„Sie haben uns das Projekt vorgestellt und wir waren begeistert“, sagt Fleck. Als das Fiebermessen als neue Auflage dazukam, folgte die Lösung innerhalb von Tagen. Seit Freitagmorgen misst eine Kamera die Temperatur der Besucher, löst damit das Scangerät ab, das sich wie eine Pistole vor die Stirn gehalten werden muss. Abgeschaut hat sich die Firma das von den Fußballern, bei denen ein ähnliches System verwendet wird.
Jetzt möchte Fleck das System weiterdenken: „Die Installation wird bleiben und wir werden sie weiter ausbauen.“ Er hat ein System im Kopf, das noch vor den Eingangstüren angebracht wird und Gästen den Zutritt zum Gebäude verweigert, die nicht gesund erscheinen. „Vorher war alles anonym, da konnte jeder hier rein. Jetzt weiß ich, wer hier rein und rausgeht.“
Dieses Mindestmaß an Kontrolle, so erhoffen sich alle Parteien, soll eine Katastrophe – wie in der Krise im Schmallenbach-Haus geschehen – vermeiden und Besuchern wie Renate Schröer ermöglichen, ihren Mann auch weiterhin besuchen zu können. Damit keine nächtlichen Tränen mehr vergossen werden müssen.