
In Fröndenbergs Nachbargemeinde Wickede/Ruhr hat Bürgermeister Dr. Martin Michalzik kürzlich die Sanierung von zwei Straßen angekündigt, zu deren Kosten die Anlieger bis vor knapp zwei Jahren bis zu einem bestimmten Anteil nach dem Kommunalabgabengesetz (KAG) noch herangezogen worden wären.
„Die Landesregierung NRW und der Landtag wollen Anlieger von Stadt- und Gemeindestraßen von diesen Beiträgen entlasten. Daher können wir als Gemeinde Wickede für den Bürgeranteil an den Straßenbaukosten eine Förderung des Landes beantragen, so dass konkret keine Zahlung fällig würde“, teilte Michalzik mit und sprach von „günstigen politischen Weichenstellungen der jüngsten Zeit“.
Radarmessungen des Untergrundes
In Wickede sind zur Vorbereitung der Baumaßnahmen u. a. Radarmessungen des Untergrundes vorgenommen worden, um diesen „besonders zielgerichtet ausschreiben und im Untergrund ausbessern zu können“. Damit werde ein weiterer Baustein das Straßenbauprogramms 2022-2026 umgesetzt.

In Fröndenberg ist die Stadtverwaltung noch nicht so weit. Es werde „laufend an der Verbesserung des Straßenzustandes gearbeitet“, ließen Bürgermeisterin Sabina Müller und Bauamtsleiter Tim Stein auf Nachfrage mitteilen. „Es stehen aber keine KAG-pflichtigen Maßnahmen unmittelbar bevor. Vielmehr ist es das Ziel der Stadt die Bürgerinnen und Bürger nicht mit zusätzlichen Kosten zu belasten.“
Vor wenigen Jahren war allerdings bereits bekannt geworden, dass Bohrungen ergeben hatten, dass ein gutes Dutzend Gemeindestraßen in Fröndenberg kernsaniert werden muss, es eine neue Deckschicht also nicht mehr tut.
Straßen- und Wegekonzept ist Voraussetzung
Tatsächlich ist im städtischen Haushalt für dieses Jahr Geld für „beitragsfreie Straßenunterhaltungsmaßnahmen“ an der Wickeder Straße und an der Ruhrstraße bereitgestellt worden; hier wird jeweils lediglich ein Teil der Oberfläche erneuert.
Müller und Stein weisen darauf hin, dass ein Straßen- und Wegekonzept der Stadt Voraussetzung dafür sei, sich die – qua Gesetz weiterhin – KAG-pflichtigen Maßnahmen durch das Land NRW bezahlen zu lassen. „Nach dem 1. Januar 2021 beschlossene Maßnahmen werden nur gefördert, soweit sie auf Basis eines solchen Straßen- und Wegekonzepts erfolgen“, heißt es aus dem Rathaus.
Anliegerversammlung
Das Kommunalabgabengesetz sieht eine Beteiligung der Anlieger bei Straßenbaumaßnahmen mittlerweile vor. In Paragraf 8 KAG heißt es außerdem: „Die Gemeinde hat ein gemeindliches Straßen- und Wegekonzept zu erstellen, welches vorhabenbezogen zu berücksichtigen hat, wann technisch, rechtlich und wirtschaftlich sinnvoll Straßenunterhaltungsmaßnahmen möglich sind und wann beitragspflichtige Straßenausbaumaßnahmen an langfristig notwendigen kommunalen Straßen erforderlich werden können. (…)“
Wie und wann die Beitragsfreistellung der Anlieger auch gesetzlich festgeschrieben wird, ist derzeit noch ungeklärt. „Zur Umsetzung wurde ein rechtswissenschaftliches Gutachten in Auftrag gegeben, mit dessen Erstellung Professor Dr. Christoph Brüning, Inhaber des Lehrstuhls für Öffentliches Recht und Verwaltungswissenschaften an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, durch das Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung des Landes Nordrhein-Westfalen beauftragt wurde. Das weitere Vorgehen wird derzeit vom Ministerium geprüft“, heißt es auf Anfrage in Düsseldorf.
Das Gutachten findet sich hier: https://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/ dokumentenarchiv/ Dokument/MMV18-457.pdf. Die zu überarbeitende Förderrichtlinie des Landes ist unter dem Datum 3. Mai 2022 im Ministerialblatt Nummer 21, herausgegeben am 11. Mai 2022, veröffentlicht worden.
Das NRW-Kommunalministerium spricht auf Anfrage insofern von einem „Zukunftsvertrag für das Land Nordrhein-Westfalen“. Allerdings ist die Abschaffung der Anliegerbeiträge und der Ersatz der ausbleibenden Einnahmen für die Kommunen durch das Land noch nicht in Gesetzesform gegossen worden.
Grundlage ist bislang lediglich eine ministerielle Richtlinie. Der Sprecher des Ministeriums formuliert es so: „Mit der von der Landesregierung aufgesetzten 100-Prozent Förderung sind und bleiben die Straßenausbaubeiträge für Beitragspflichtige faktisch abgeschafft.“
Bilddaten nicht ausreichend
In Fröndenberg, so Müller und Stein, habe die Lokalpolitik das geforderte Konzept in den Haushaltsberatungen für 2023 beschlossen und 50.000 Euro dafür freigemacht. Derzeit sei die Stadt in Gesprächen mit dem Regionalverband Ruhrgebiet und dem Kreis Unna „hinsichtlich einer gemeinsamen kreisweiten Befahrung der Straßen“.
Den Kommunen würden über diese gemeinsame Befahrung Bilddaten zur Verfügung gestellt. Die Daten könnten von den Kommunen zu eigenen Zwecken weiterverwendet werden.
„Die Datenqualität bietet die Möglichkeit, den Straßenbestand optisch zu bewerten, wird allerdings nicht die Qualitätstiefe aufweisen, um darauf aufbauend eine umfassende Erfassung des Straßenzustands zu ermöglichen“, räumt die Verwaltung ein. Aus diesem Grund werde auch über Alternativen nachgedacht.