Der Streit um Dortmunds Lichter-Weihnachtsmärkte Vorwürfe von Betrug, Einschüchterung und Kungelei

Großes Zelt 2023 beim Weihnachtsmarkt im Fredenbaumpark von Dortmund.
Beim Lichterweihnachtsmarkt wird der Fredenbaumpark in Dortmund war es bis 2023 atmosphärisch. Der Winter Lights Markt wollte in seine Fußstapfen treten – doch wurden die Pläne gekippt. © Oliver Schaper
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Als im Sommer 2024 klar wurde, dass es den gut besuchten Phantastischen Lichterweihnachtsmarkt (PLWM) in diesem Jahr nicht geben wird, machte sich erste Enttäuschung breit. Doch war schnell Abhilfe geschaffen: Winter Lights soll der neue Markt im Fredenbaumpark heißen. Ändern sollte sich nur der Name, alles sonst sollte unverändert bleiben.

Gisbert Hiller (ganz rechts) war schon immer ein eher extrovertierter Mensch. Hier hat er 2019 für das Tierheim auf dem Weihnachtsmarkt Spenden gesammelt. Er ist der Erfinder vom Phantastischen Lichterweihnachtsmarkt (PLWM) und vom Mittelalterlich Phantasie Spectaculum (MPS).
Gisbert Hiller (ganz rechts) war schon immer ein eher extrovertierter Mensch. Hier hat er 2019 für das Tierheim auf dem Weihnachtsmarkt Spenden gesammelt. Er ist der Erfinder vom Phantastischen Lichterweihnachtsmarkt (PLWM) und vom Mittelalterlich Phantasie Spectaculum (MPS).© Stephan Schuetze

Inzwischen weiß man aber, dass es ganz anders kam. Einen Lichterweihnachtsmarkt gibt es nun gar nicht mehr. Winter Lights musste erst umziehen in den Revierpark Wischlingen und dann wurde der Weihnachtsmarkt komplett abgesagt. Im Fredenbaum gibt es zumindest eine Ersatzveranstaltung mit dem „Lichterhaus Fredenbaum“. Der dürfte aber kleiner werden, als Besucher des PLWM es gewohnt sind.

Die Gründe dafür, dass alle paar Wochen Pläne umgestoßen wurden, konnten Interessierte teils auf Facebook lesen. Denn die Veranstalter hinter dem PLWM haben sich ordentlich gestritten. Es wurden öffentlich durch den PLWM-Gründer Betrugsvorwürfe laut, die später wieder gelöscht wurden. Und erst kürzlichen sprachen die Angegriffenen der Winter Lights in einer Pressemitteilung von Einschüchterungen. Prompt folgte die nächste Reaktion in den sozialen Medien. Doch was genau ist eigentlich passiert?

Streit bei den PLWM-Veranstaltern

Die ganze Geschichte begann, als sich zwei Geschäftsführer der sogenannten Lichterloh GmbH absetzten und die WL GmbH gründeten – Michael Hilgers und Dirk Verseck. Die Lichterloh war der Veranstalterin des PLWM 2022 und 2023. In dieser Zeit war der Erfinder des PLWM, Gisbert Hiller, nicht mehr vorn dabei, hat das PLWM jedoch fleißig unterstützt.

Winter-Lights-Geschäftsführer Michael Hilgers bei der Vorstellung des Festivals im Revierpark Wischlingen am 15. Oktober.
Winter-Lights-Geschäftsführer Michael Hilgers bei der Vorstellung des Festivals im Revierpark Wischlingen am 15. Oktober.© Martin Bytomski

Mit der WL GmbH – kurz für Winter Lights – organisierten die zwei genannten der insgesamt drei Lichterloh-Geschäftsführer Mitte des Jahres 2024 kurzerhand das Winter Lights im Fredenbaum als Ersatzevent – Firmengründung war im Februar 2024. Wie uns Gisbert Hiller im persönlichen Gespräch Ende September sagte, habe es schon weit vor deren GmbH-Gründung mit eben jenen beiden Männern Probleme gegeben. Zu sehr hätten sich die Visionen der einzelnen Veranstalter unterschieden.

Von Hiller folgte schnell lautstarke Kritik auf Facebook, auf der Seite des Mittelalterlich Phantasie Spectaculum (MPS) und auf der zugehörigen Website. „Stümperhaft“, „unsinnig“, „unfähig“ sind Worte, die er den Winter-Lichts-Verantwortlichen an den Kopf geworfen hat. Teils wurde die Wortwahl auch rabiater. Von der Gegenseite kam zu der Zeit öffentlich nichts – auch im Hintergrund wurden laut Informationen von Gisbert Hiller einige geplante Partner der Winter Lights nicht über den Stand der Planungen informiert.

Wenig Kommunikation seitens WL

Auch mögliche Besucherinnen und Besucher hörten derweil wenig. Vergleichsweise still begann der Ticketverkauf für viele Konzerte von in der Szene bekannten Bands. Unter anderem wurde auf dem Metalfestival in Wacken für die Konzerte im Dortmunder Fredenbaumpark geworben. Zum Mittelaltermarkt war ein „gigantisches Lichtspektakel“ und mehr angekündigt. Es wurde zumindest suggeriert, man könne dasselbe erwarten wie schon 2023.

Dass das alles so nicht stimmen könne, postete Anfang Herbst wieder Gisbert Hiller und schürte Zweifel an der Veranstaltung. Er selbst wisse, dass all die großen Töne gelogen seien, behauptete er damals. Denn ihm sei klar, niemand der Standbesitzer wolle mit dem Winter Lights zusammenarbeiten. Er warf den Veranstaltern öffentlich vor, dass sie nur das Geld der Ticketvorverkäufe kassieren würden. Außerdem, so schrieb er, glaube er, dass der Markt nicht im Fredenbaum stattfinden könne.

Und nur Tage nach dieser Behauptung bewahrheitete sie sich. Die Stadt Dortmund verkündete, man habe sich nicht mit „einer Dritten Partei“ einigen können. Der Winter Lights Markt zieht in den Revierpark Wischlingen. Mehr Infos sollten Mitte Oktober folgen. Prompt meldete sich besagte dritte Partei bei dieser Redaktion: Marvin Ebi vom Gasthaus Schmiedingslust.

Woran die Fredenbaum-Pläne scheiterten

Marvin Ebi äußerte direkt den nächsten Vorwurf. Diesmal gegenüber den Winter-Lights-Veranstaltern und der Stadt. „Die Stadt spielt nicht mit offenen Karten“, sagte er. Ebi ist Inhaber der Gastronomierechte im Fredenbaum und wegen dieser Rechte mit der Stadt in einem Rechtsstreit. Eine Einigung mit den WL-Leuten habe es gar nicht geben können, behauptet er, da diese nie auf sein Angebot reagiert hätten.

Schmiedingslust im Fredenbaum-Park.
Die Schmiedlingslust liegt mitten im Fredenbaum-Park.© Oliver Volmerich

Mit diesen Vorwürfen konfrontiert versicherte die Stadt Dortmund wiederum, dass diese haltlos seien. Der Rechtsstreit habe nichts damit zu tun, dass sie nun den Revierpark Wischlingen als Ersatzstandort gesichert hätten. Nach den gescheiterten Verhandlungen seien Hilgers und Co. auf die Stadt zugekommen, und die habe dann ihren Job gemacht.

Die Verantwortlichen von Winter Lights wiederum veröffentlichten ebenfalls ein Statement zu diesen Vorwürfen. Sie hätten das Angebot ausgeschlagen, „da er [Anmerkung der Redaktion: mutmaßlich Marvin Ebi] seine finanziellen Forderungen im Vergleich zum Vorjahr um mehr als das 20-fache erhöht hat“.

Doch es blieb Skepsis aufgrund der sehr spontan und vor allem schnell durchgezogenen Genehmigungsverfahren. Beweise dafür, dass etwas nicht mit rechten Dingen zugegangen ist, gab es von Seiten der Kritiker nie. Als Michael Hilgers und Parkleiter Jens Röhmer vom Revierpark dann das Winter-Lights-Programm Mitte Oktober endlich vorstellten, schien alles perfekt. Die Pläne versprachen einen riesigen Markt mit vielen Attraktionen.

Absage des Winter-Lights-Weihnachtsmarktes

Um für eine Win-win-Situation zu sorgen, verkündeten daraufhin Marvin Ebi und Gisbert Hiller, dass sie einen Mittelaltermarkt im Fredenbaumpark planen: Das Lichterhaus. Der Markt soll kleiner werden, dafür aber besinnlicher und vor allem kostenlos.

Und doch war das nicht das Ende der Geschichte. Michael Hilgers, der sich auf einer Pressekonferenz noch nicht zu den Vorwürfen seiner Kritiker äußern wollte, da er sich „nicht auf das Niveau herablassen“ wollte, schlug mit seinem Team Anfang November zurück.

In einer Pressemitteilung verkündete das Presseteam von Winter Lights das Aus für den Weihnachtsmarkt im Revierpark Wischlingen. Lediglich die Konzerte würden stattfinden. Neu war auch der scharfe Ton der Mitteilung: „Sicherlich ist einer der Hauptgründe, dass sich viele Händler aufgrund von Einschüchterungen anderer ‚Veranstalter‘ nicht in der Lage sehen, trotz jahrelanger Präsenz in Dortmund sich uns anzuschließen.“

Gefundenes Fressen für Gisbert Hiller, der auf den bekannten Kanälen prompt mit Spott und Schadenfreude reagierte. Weitere Reaktionen potenzieller Besucherinnen und Besucher fallen ganz unterschiedlich aus. Von Trauer darüber, dass nun der ersehnte große Lichterweihnachtsmarkt ausfällt, bis zu jenen, die sich in ihrer Skepsis bestätigt fühlen, ist alles dabei.

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