
Asma Boufeljat kann es immer noch nicht ganz fassen, was sie kürzlich erlebt hat. Als Immobilienmaklerin wurde die 27-Jährige bereits mit einigen Herausforderungen konfrontiert. Doch dass ihr Handy zu explodieren drohte und sie schon nach einem Tag eine Anzeige auf Immobilienscout offline setzen musste, das gehörte bislang nicht zum Tagesgeschäft ihres Unternehmens „Immobilienliebe“ mit Sitz in Dortmund-Kirchlinde.
Genau das ist aber passiert, nachdem Asma Boufeljat ein Reihenendhaus im Dortmunder Süden – Baujahr 1998, Wohnfläche 143 Quadratmeter, Grundstück 230 Quadratmeter – auf der bekannten Immobilien-Plattform für 370.500 Euro zum Kauf angeboten hatte. Innerhalb von 24 Stunden erreichten sie 64 Bewerbungen meist junger Familien, ihr Telefon stand nicht mehr still.
Reihenendhaus in Persebeck
Das ist aber nicht das einzige Überraschungsmoment in dieser Immobiliengeschichte. Die junge und sehr erfolgreiche Immobilienmaklerin ging zudem noch ein finanzielles Risiko ein, um am Ende für den Verkäufer einen besseren Preis zu erzielen.
Das Objekt der Begierde steht in Dortmund-Persebeck. Asma Boufeljat weiß: Häuser bis 400.000 Euro im guten Zustand sind Immobilien, die gerade bei Familien mit Kindern im Kita- und Grundschulalter beliebt und begehrt sind. „400.000 Euro ist für viele noch gerade finanzierbar, also ihre persönliche Grenze. Unter der Voraussetzung, dass sie nicht mehr viel in das Haus investieren müssen.“

Dennoch: Mit einer derartigen Bewerbungsflut für das Objekt in Persebeck habe sie nicht gerechnet. „Viele schreiben lange Bewerbungen, stellen sich und ihre Familie ausführlich vor. Und schreiben, was sie beruflich machen.“ Für sie absolut verständlich und nachvollziehbar: „Denn der Kauf eines Eigenheims ist etwas sehr Emotionales.“ Anders als etwa der Erwerb von Kapitalanlagen wie Mehrfamilienhäusern. „Da steht die Rendite im Fokus und fertig.“
Wie geht eine Immobilienmaklerin nun mit derart vielen Bewerbungen um? Wer wird zur Besichtigung eingeladen, wer nicht? Und die spannendste Frage: Wer bekommt am Ende den Zuschlag?
Waffeln für Kaufinteressenten
„Eingeladen werden ausschließlich Bewerberinnen und Bewerber, die eine Finanzierungsbestätigung vorlegen können. Damit vermeiden wir auch einen Besuchertourismus“, so Asma Boufeljat. In diesem Fall habe man schließlich 20 Familien einen Besichtigungstermin anbieten können. „Wir haben sie im 20-Minuten-Takt über den Tag verteilt durchs Haus geführt.“
Weil Familien erfahrungsgemäß oftmals ihre Kinder mitbringen, habe sie zusammen mit ihrer Cousine für alle frisch gebackene Waffeln angeboten. „Die Kinder waren beschäftigt, die Eltern konnten in Ruhe schauen“, erklärt die Immobilienmaklerin. Weiterer Nebeneffekt: Der Waffelduft habe direkt für eine Wohlfühl-Atmosphäre gesorgt.

Die verführerischen Gerüche allein seien es aber nicht gewesen, die es heimelig und gemütlich gemacht hätten, verrät Asma Boufeljat. Weil die Immobilie leer stand, habe sie die Wohnräume für die Besichtigung professionell einrichten und dekorieren lassen. Durch sogenanntes Home Staging wurde jedes einzelne Zimmer optimal in Szene gesetzt. Eine befreundete Künstlerin aus Bochum habe ihr zudem einige ihrer Bilder leihweise zur Verfügung gestellt. „Damit haben wir unter anderem eine Satan-Malerei auf der Wand verdeckt.“
Asma Boufeljat erklärt eine weitere Intention des Home Stagings: „Vielen Interessierten fehlt oftmals die Vorstellungskraft, wenn sie ein leeres Haus besichtigen. Möblierte Räume sind für sie eine große Hilfe.“ Aber nicht nur das: Die junge Immobilienmaklerin ist sich sicher, dass durch Home Staging höhere Preise erzielt werden können. Weil der Verkäufer in Persebeck von dieser Maßnahme aber nicht wirklich überzeugt war, habe sie sich an den Kosten dafür beteiligt. „Ich habe die Hälfte, also 2500 Euro übernommen.“ Zudem habe sie einen Fotografen beauftragt und bezahlt, sodass schon die digitale Anzeige mit entsprechenden Fotos versehen werden konnte. „Das waren noch einmal 500 Euro.“
Familien geben Kaufangebot ab
Wie ging es nach der Besichtigung weiter? „Alle, die das Haus kaufen wollten, haben ein schriftliches Kaufangebot mit dem Finanzierungsplan ihrer Bank abgegeben“, so Asma Boufeljat. Den Zuschlag erhalten habe – wen wundert es – der Kaufinteressent mit dem höchsten Gebot. Für das Reihenhaus in Dortmund-Persebeck lag es bei 390.500 Euro, also 20.000 Euro über dem Ursprungs-Preis. Asma Boufeljats Risikobereitschaft hat sich also gelohnt, und natürlich sei auch ihr Auftraggeber glücklich gewesen.

Drei Familien sind damit leer ausgegangen. „Mit jeder einzelnen leide ich mit“, sagt Asma Boufeljat. Generell bei jedem Immobilienverkauf habe sie großes Mitgefühl für alle, die den Zuschlag nicht bekommen. Deshalb lege sie auch größten Wert darauf, jeden einzelnen persönlich am Telefon darüber zu informieren – und auch ein wenig zu trösten. „Mittlerweile habe ich 300 registrierte Familien, die alle dringend ein Haus in Dortmund suchen.“

Einsame Senioren
Diese Zahlen zeigten anschaulich, dass gerade für junge Familien mit Kindern Wohnraum in Dortmund fehle. „Umgekehrt gibt es einsame Senioren, die in viel zu großen Häusern leben, das aber eigentlich nicht wollen.“ Sie seien oftmals einfach nicht in der Lage, eine seniorengerechte Wohnung für sich zu finden. „Das ist meist der Fall, wenn die Senioren keine Angehörigen haben oder die Kinder in anderen Städten leben und sich aus der Ferne nicht kümmern können.“
Deshalb biete sie eine solche Dienstleistung kostenlos an, so Asma Boufeljat: „Ich suche eine passende und unbedingt schöne Wohnung für die Hauseigentümer, und erst dann kümmern wir uns um den Verkauf ihrer Immobilie. Nur diese Reihenfolge macht Sinn und sorgt nicht für unnötigen Stress.“


Hinweis der Redaktion: Dieser Artikel erschien ursprünglich am 23. November 2024.