
Es kostete Marwin Hitz sichtlich Mühe, wieder aufzustehen. Lieber wäre er im Boden versunken oder sonst irgendwie vom Ort des Geschehens verschwunden. Der stramme Schuss von Jonathan Schmid knallte neben ihm an den Pfosten, dann prallte der Ball an die Hand des BVB-Torhüters und von dort ins Netz (52.). Treffer für den SC Freiburg. Ein klarer Torwartfehler, der dem zuletzt guten Hitz da unterlaufen war. Das Schlimme daran: Es war binnen drei Minuten bereits das zweite Weitschuss-Gegentor, zuvor hatte Woo-Yeong Jeong die Passivität von Emre Can und Thomas Delaney ausgenutzt. Auch diesen Abschluss aus 20 Metern hätte Hitz – mit einem Zwischenschritt auf der Linie – an einem guten Tag parieren können (49.).
Der BVB spielt wie eine Mannschaft, die sich selbst nicht traut
Doch einen guten Tag erwischte kein Dortmunder. Der Doppelschlag des SC Freiburg kurz nach Wiederanpfiff hatte sich zwar nicht angekündigt, aber auch die Gäste legten einen schwachen ersten Durchgang hin. Der dampfende Kaffeebecher in seinen Händen dürfte Bundestrainer Joachim Löw auf der Tribüne des Freiburger Schwarzwald-Stadions mehr erwärmt haben als diese Bundesliga-Partie. 45 Minuten lang gab es aus BVB-Perspektive ein Fahren auf Sicht in der grauen Nebelsuppe – trotz einer Aufstellung mit fünf Offensivspielern und der nominell womöglich stärksten ersten Elf dieser Spielzeit. Es fehlte Tempo in den Aktionen, es fehlte an Sicherheit in den Ballpassagen, es fehlte auch der Mut für Überraschendes. Zusammengefasst: Borussia Dortmund spielte wie eine Mannschaft, die sich selbst nicht traut.

Für Kreativität und Potenzial im Spiel nach vorne hatte Trainer Edin Terzic gesorgt. Hinter Sturmspitze Erling Haaland sollte eine Vierer-Reihe mit Giovanni Reyna, Marco Reus, Julian Brandt und Jadon Sancho für Wirbel sorgen. Gegen den Ball formierte sich der BVB im 4-4-2. In ungewohnter Rolle fand sich Emre Can wieder, den Trainer Edin Terzic als rechten Verteidiger in der Viererkette aufbot. Can hatte diese Aufgabe auch bei früheren Arbeitgebern schon übernommen, die Verletzung von Thomas Meunier (Knieprobleme) und die physischen Nachteile von Mateu Morey führten mit zu dieser Entscheidung.
Begeisterung und Leidenschaft sucht man im BVB-Spiel vergeblich
Einem Torerfolg nahe fühlen durften sich die Borussen vor der Pause nur zweimal. Can, nicht angegriffen, knallte den Ball mit links aus rund 20 Metern an den Querbalken (5.). „Wenn wir mal das Glück auf unserer Seite haben, können wir auch so ein Spiel gewinnen“, meinte Can nach bitteren 90 Minuten. Nach einem der wenigen Konter, die der BVB auch mit Zug und Tempo zu Ende spielte, schnappte Freiburgs Torhüter Florian Müller den Schuss von Erling Haaland noch knapp vor der Linie ab (13.). Darüber hinaus kennzeichnete eine leichte Scheinüberlegenheit die umständlichen Bemühungen des BVB. Einige Ballverluste und Ungenauigkeiten erst im Vorwärtsgang, dann auch unter dem Eindruck des Freiburger Pressings in der hintersten Reihe sorgten für eine unruhige, taktisch verklemmte Begegnung. Emotionen, Begeisterung, Leidenschaft suchte man im Dortmunder Spiel vergeblich.

Die beiden Gegentreffer zu Beginn der zweiten Hälfte schockten die Borussen bis ins Mark. Mit drei Wechseln und somit frischen Kräften für die verzweifelten Offensivbemühungen – für Reus, Reyna und Delaney kamen Moukoko, Dahoud und Reinier – wollte Terzic ein Signal setzen. Es war dann aussagekräftig genug, dass der 16-jährige Moukoko, der erst noch mit einem Pfostenschuss scheiterte (63.), mit dem Anschlusstreffer zum 1:2 Borussia Dortmunds Hoffnungen kurzzeitig wiederbelebte (76.).
BVB muss mehr denn je um die Champions-League-Quali bangen
Es folgte eine Schlussphase mit mehr Verzweiflungsaktionen als durchdachter Attacke, mehrfach standen sich die Schwarzgelben dabei selbst im Weg wie bei der finalen Chance von Moukoko (90.). Dann war das Fiasko in Freiburg amtlich.
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Durch die Ergebnisse der Konkurrenz mit den Siegen von Leverkusen und Wolfsburg muss der BVB mehr denn je um die Qualifikation für die Champions League bangen. Auch unter Neu-Trainer Edin Terzic findet die Mannschaft nicht zurück in die Erfolgsspur. In den acht Spielen seitdem fuhren die Borussen nur magere 13 Zähler ein. Zu wenig für die eigenen Ambitionen.