Im Lockdown entdecken viele Ahnenforscher das Stadtarchiv
Gerade erst hat die neue Stadtarchivarin Sarah Schrader eine Anfrage aus den Niederlanden bekommen. Eine Familie suchte Spuren ihres Urgroßvaters. Mit solchen Dingen befasst sich Schrader, die zu Jahresbeginn die Nachfolge des langjährigen Stadtarchivars Martin Litzinger angetreten hat, häufiger. Das Archiv im Rathaus ist das offizielle Gedächtnis der Stadt. Aber es steht auch allen Bürgern und historisch Interessierten offen.
Wobei das mit dem „offen stehen“ in der Pandemie so eine Sache ist. In normalen Zeiten empfängt Schrader Besucher im Stadtarchiv – nach Voranmeldung, versteht sich. Wegen Corona ist das derzeit in den engen Räumen nicht möglich. Aber die Archivarin nimmt Anfragen entgegen: Per Mail, Telefon und auch per Brief. Die kommen zum Teil von Institutionen wie dem Landschaftsverband Westfalen-Lippe. Dessen Historiker arbeiten gerade an einem Projekt zum Thema Kriegsgefangene, berichtet Schrader. Und natürlich hat sie auch das Bergkamener Stadtmuseum, das ihr Ehemann Mark leitet, bei der Ausstellung zum 75. Jahrestages des Grubenunglücks auf Grimberg 3/4 unterstützt.
Bei Ahnenforschung helfen Geburts- und Todesurkunden
Aber im Moment melden sich auch häufig private Ahnenforscher. Schrader nimmt an, dass das mit dem Lockdown zusammenhängt. Die Leute haben viel Zeit, um sich mit ihren Vorfahren zu beschäftigen. Wenn die in Bergkamen gelebt haben, ist das Stadtarchiv eine gute Anlaufstelle. Hier befinden sich die sogenannten Personenstandsregister aus Bergkamen und seinen Vorgängergemeinden. Sie gehen zurück bis zum Ende des 19. Jahrhunderts. Und wenn man eine Geburts- oder eine Todesurkunde hat, ist das schon einmal ein wichtiger Ansatzpunkt.
Manchmal muss Schrader die Suchenden aber auch an andere Archive verweisen. „Dokumente aus Rünthe, die aus der Zeit von vor 1912 stammen, liegen beispielsweise in Hamm“, sagt sie.
Aber oft kann sie den Ahnenforschern auch weiterhelfen. Vor allem, wenn die etwas genauere Angaben haben. „Ein Geburtsdatum ist schon hilfreich“, sagt Schrader. Aber selbst, wenn die Anfragenden nur einen Namen kennen, macht sich Schrader auf die Suche. Solche Recherchen gehören zum spannenden Teil des Berufs der Archivarin.
Schicksale in den beiden Weltkriege
Viele Menschen interessieren sich für das Schicksal ihrer Vorfahren im Ersten oder Zweiten Weltkrieg. Oft wissen sie nur, dass die Soldaten irgendwann vermisst wurden. In einem konkreten Fall konnte Schrader jetzt helfen. Anhand einer Sterbeurkunde fand sie heraus, an welchem Ort ein Bergkamener im Zweiten Weltkrieg gefallen ist. Für die Familie ist das eine sehr wichtige Information.
Von Haus aus ist Schrader allerdings eher in der Antike als in der Neuzeit beheimatet. Sie hat in Bonn Archäologie, Alte Geschichte und Ägyptologie studiert. Danach arbeitete sie unter anderem im Stadtarchiv Duisburg.
Nach Bergkamen kam sie zum ersten Mal 2015, als sie im Stadtmuseum die Sonderausstellung „Von Asciburgium bis Oberaden. Leben in den Römischen Lagern“ mitgestaltete.
Nun also ist sie für das historische Gedächtnis der Stadt zuständig. Inzwischen hat sie sich im Archiv eingearbeitet, auch wenn sie noch längst nicht alle Archivalien kennt: „Dafür ist der Bestand zu umfangreich.“ Aber dem einen oder anderen Ahnenforscher hat sie schon weitergeholfen. Auch denen aus dem Nachbarland „Da bin ich fündig geworden: Der Urgroßvater ist von Bergkamen in die Niederlande ausgewandert.“