In einem Forum macht sich ein Gast Luft und behauptet, dass Servicekräfte ihre Trinkgelder nicht behalten dürfen. Gezielt spricht er von der Cafe Kette Extrablatt. Welches er explizit meint, steht nicht im Kommentar.
Die Redaktion fragte in Lüner Gastronomiebetrieben nach wie die Trinkgeldverteilung ist und wie viel Kellnerinnen und Kellner von Gästen an Anerkennung bekommen.
Chefs sacken Trinkgeld ein
Die Gewerkschaft-Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) warnt Gastronomen im Kreis Unna vor Trinkgeld-Tricksereien. Zwar sollen Beschäftigte selbst entscheiden dürfen, was mit Trinkgeldern geschieht, aber oft gehe ein Teil der 5390 Beschäftigten im Gastgewerbe im Kreis Unna, leer aus.
„Gerade in kleinen Betrieben kommt es immer wieder vor, dass der Chef die Trinkgeld-Kasse selbst verwaltet oder einen Teil vom sogenannten Tip sogar vom Personal zurückfordert“, berichtet Manfred Sträter, Geschäftsführer der NGG Dortmund. Betroffene, deren Chefs das Trinkgeld einstecken oder für zerbrochene Gläser den gut gemeinten Obulus einbehalten, die können sich an die Gewerkschaft wenden.
Wie viel Trinkgeld angemessen ist, müsse jeder Gast selbst entscheiden und hänge vom Zufriedenheitsfaktor ab. „Wer mit der Küche und dem Service zufrieden ist, darf sich mit einem Trinkgeld gerne bedanken. Mit zehn Prozent macht man nichts falsch“, so Sträter.
Meistens weniger als zehn Prozent
Marvin Mundt ist seit sechs Monaten Kellner im Extrablatt in Lünen. Ihm wurde zu Anfang mitgeteilt, dass er im Schnitt mit zehn Prozent Trinkgeld rechnen könne. Doch er sagt dazu: „Wenn man das bekommt, ist das schon echt gut, denn eigentlich bekommt man weniger.“ Er schätzt, dass sein Trinkgeld im Schnitt zwischen fünf und zehn Prozent liegt.
Es komme immer darauf an, wie hoch die Rechnung sei: „Wenn jemand nur sechs Euro bezahlen muss und er rundet auf sieben Euro auf, dann sind es natürlich auch mehr als zehn Prozent Trinkgeld.“
Schichtleiter Arnold Kapturski sagt, dass viel mehr als zehn Prozent selten gegeben wird. Beim Extrablatt in Lünen kommen alle Trinkgelder in einen Topf und auch Küchen -und Thekenpersonal bekommen davon etwas ab.
Fünf Prozent sind normal
In der Eisdiele Casa del Gelato in Lünen gibt es meistens nur fünf Prozent Trinkgeld. „Fünf Prozent ist normal, wenn die Bedienung sehr sympathisch ist, gibt es schon mal mehr“, sagt Diego Sandrini (25). Der 25-Jährige ist stellvertrender Chef der Gelateria und vertritt seinen Onkel und Inhaber Alexander Barzan. Auch in der Eisdiele auf der Lange Straße wird alles an Trinkgeld gerecht aufgeteilt. „Alles, was eingenommen wrid, bleibt bis abends in den Portemonnaies. Gegen 22 Uhr mache ich dann die Kasse und der Rest wird dann zwischen Service und Küchenpersonal aufgeteilt“, so Sandrini.
Mit Glück wird aufgerundet
Ähnlich sieht es bei Heimatgeschmack by Stolzenhoff aus. Serviceleiter Onofrio Dalessandro (44) arbeitet seit 28 Jahren in der Gastronomie und kennt die Szene: „Es gibt hier Gäste, die runden auf glatte Beträge, aber das sind im Tagesgeschäft nicht viele.“ Wenn jemand 7,25 Euro für sein Mittagessen plus eine Cola zahle, dann komme er auf 9,75 Euro. Mit Glück würde auf zehn Euro aufgerundet. Im á la Carte Geschäft sehe es etwas anders aus. Da gebe es auch mal drei bis fünf Euro extra. Das Trinkgeld kommt im Serviceteam in einen Topf und wird vom Personal selbst verteilt.
Der zweimalige deutsche Meister im Service sagt aber auch: „Viele Gäste, die zum Mittagsstisch kommen, haben eine kleine Rente und gesundheitliche Probleme, sodass sie sich das Essen manchmal schon nicht leisten können.“
Laura Schulz-Gahmen, aus Werne, ist Volontärin bei Lensing Media. Vor ihrem Volontariat hat sie in Soest Agrarwirtschaft studiert, sich aber aufgrund ihrer Freude am Schreiben für eine Laufbahn im Journalismus entschieden. Ihr Lieblingsthema ist und bleibt natürlich: Landwirtschaft.